Buch der Paradoxe

Louise Cooper

Der Apex Verlag legt Louise Coopers aus dem Jahr 1973 stammenden Debütroman „Buch der Paradoxe“ neu auf. Die erste Fassung erschien Anfang 1979 als 65. Band der „Terra Fantasy“ Reihe mit einem allerdings auch kaum zur Handlung passenden Titelbild. Die englische Originalausgabe zierte ein hervorragendes Cover von Frank Frazetta, das der Künstler mit „Paradox“ betitelte.

Louise Cooper war eine britische Fantasyschriftstellerin.  1952 in Barnet geboren begann sie schon in der Schule mit dem Erfinden von Geschichten. Mit Anfang zwanzig erschien ihr erster Roman „ The Book of Paradox“. Nach ihrem Umzug nach London begann sie 1977 ausschließlich vom Schreiben zu leben. In Ihrem relativ kurzen Leben – sie starb 2009 an einem Gehirntumor – veröffentlichte sie mehr als achtzig Fantasy und Gruselgeschichten sowohl für Jugendliche als auch Erwachsene. Auch einige "Doctor Who" Novellierungen stammen aus ihrer Feder.

Die meisten ihrer Bücher sind nicht nach Deutschland übersetzt worden. Ihre bekannteste Trilogie „Herren der Zeit“ veröffentlichte allerdings der Goldman Verlag, dazu erschienen einzelne Bücher bei DTV.

Der Terra Fantasy Roman wird von einem kurzen Vorwort eingeleitet, in dem auf die besondere Struktur des Buches hingewiesen wird. Im Grunde ist es der Joker aus den Tarot Karten, der auf eine besondere an „Orpheus in der Unterwelt“ erinnernde Reise geschickt wird. Die einzelnen Kapitel werden von den anderen Hauptkarten eingeleitet, einzelne Szenen wirken markanten Kartenmotiven nachempfunden, ohne dass dadurch der grundlegende Spannungsbogen unterminiert wird.    

Louise Coopers Roman ist ausgesprochen kompakt und vereinigt im Grunde die exzentrische Prosa Michael Moorcocks und seiner New Wave Fantasies mit semisurrealistischen Begegnungen, die den klassischen Märchen entsprungen sein könnten. Die Autorin rüttelt an den klassischen Erzählstrukturen und versucht auch Zeit/ Raum aufzulösen. Das gipfelt in einer Sequenz, in welcher anscheinend die Geister einer Familie ihrem Protagonisten weiter den Weg zum Limbo weisen.

Der grundlegend Plot lässt sich relativ schnell zusammenfassen. Varka und der Sohn eines mächtigen Prinzen buhlen um die Liebe von Aloethe. Während einer Auseinandersetzung schleudert der Prinzensohn die Varka mehr zugetane junge Frau in dessen gezogenes Schwert. Alle Indizien sprechen gegen ihn. Er soll im Tempel Darxes „geopfert“ und besser betraft werden. Allerdings hat der Herr der Unterwelt Mitleid mit dem jungen Varka.

Er teilt ihm mit, dass sich Aloethes Geist noch im Limbo, in der Zone zwischen Leben und endgültigem Sterben befindet. Er gibt ihm die Chance, zum Limbo aufzubrechen und seine Liebe zu retten. Ihn begleitet ein besonderes Buch. Das Buch der Paradoxe, dessen Seiten sich eben mit auf den ersten Blick paradox erscheinenden Hinweisen erst während der Reise füllen.

Der Auftakt ist vielversprechend. Vor allem Darxes erweist sich zu Beginn der Geschichte als ein interessanter Charakter, der gegen seinen Ruf als Herr der Unterwelt – eher symbolisch zu verstehen – ankämpft und Varka fair behandelt.

Auch die erste Begegnung mit einem Fischer gehört zu den besten Szenen des Buches. Varkas verliert sein Boot, das er gegen einen weiteren Weghinweis eintauschen sollte. Der Fischer ist verstockt. Varka rettet ihm das Leben, gemeinsam ziehen sie dessen Schatz aus dem Wasser. Höhepunkt dieser Sequenz ist das fatalistische Ende.

Während seiner weiteren Reise trifft Varka auf Geister, auf Vampirfrauen und schließlich sogar auf ein junges Mädchen, das sich in ihn verliebt. Es ist der tragische Höhepunkt der Geschichte. Louise Cooper geht in dieser Sequenz auch für einen phantastischen Text sehr weit, denn die Tötung von ungeborenen Leben und die Reaktion der Umwelt darauf erscheint zu oberflächlich.

Auch wenn Varka nach seiner einzig wahren Liebe sucht, lebt er nicht keusch. Das erste Mal unterwirft er sich den fast bizarr wirkenden Regeln der Gastfreundschaft und deren fatalen Folgen bei Nichtbeachtung. Das zweite Mal scheint er aber selbst Gefühle für eine Frau zu entwickeln und den Fokus seiner Suche zu verlieren. Von dieser Sequenz erholt sich der Roman auch nicht mehr richtig.

Das Ende ist ohne Frage ambitioniert. Louise Cooper will sich gegen die Regeln des Genres zur Wehr setzen und versucht aus der „Orpheus“ Geschichte mehr zu machen. Das Schließen eines inhaltlichen Kreises kommt für den Leser dann aber auch überraschend, zumal sich Varka während der Suche von einem attraktiven Jüngling zu einem Mann und dann zu einem eher unsympathischen,  höflich gesprochen auch betriebsblinden Wanderer durch verlorene Welten entwickelt.

Wie ambitioniert Louise Cooper den Text angegangen ist, zeigen die Doppelungen.  Wie erwähnt wird jedes Kapitel bis zum obligatorischen Narren von einer Tarotkarte eingeleitet. Die Bedeutung der Karte wird kurz angerissen. Aber viel interessanter ist die implizierte Botschaft, welche Symbole sich hinter den Karten verbergen, wenn sie „umgekehrt“ werden. Dazu kommt das noch zu schreibende Buch der Paradoxe. Keine Botschaft ist simpel. Selbst der letzte Rat „Folge der Sonne“  kann in mehrfacher Hinsicht interpretiert werden. Dadurch rückt die Reise mehr und mehr in den Hintergrund und durch die Nutzung von fast zu vielen Karten im Verhältnis zur Buchlänge wirkt der Plot teilweise zu abrupt, zu hektisch von einer Szene zur Nächsten springend, um das Spiel zu befriedigen, aber nicht unbedingt die Geschichte zu Ende zu erzählen.

Diese Hektik wirkt sich auch auf die einzelnen Sequenzen aus, die nicht alle so surrealistisch oder exotisch sind wie es sich die Autorin bei der Konzeption der Story vorgestellt hat. Im letzten Drittel zeigen sich in dieser Hinsicht leichte Ermüdungserscheinungen.   

Über den Tellerrand geschaut hat der Leser aber auch an einigen Stellen den Eindruck, als erzähle Louise Cooper eher eine Art Rollenspiel. Viele der Gegenstände sind erstaunlich simpel fast funktional gekennzeichnet.  Dazu konzentriert sie sich auf die einzelnen Abschnitte der Reise und entwickelt ihre Welt über Varkas sehr begrenzten Horizont hinaus sehr einfach.

Trotz der Schwächen ist „Buch der Paradoxe“  ein noch heute lesenswerter, in mehrfacher Hinsicht auch interessanter Roman, der ambitioniert eine nicht einfache, aber emotional auch nachvollziehbare Reise des sprichwörtlichen Narren zu seiner Geliebten in vor allem zu Beginn eindrucksvolle Bilder fasst.   

 

DAS BUCH DER PARADOXE

  • Taschenbuch : 240 Seiten
  • ISBN-10 : 3746762707
  • ISBN-13 : 978-3746762708
  • Herausgeber : Apex Verlag (17. September 2018)
  • Sprache: : Deutsch
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