Das Haus Zamis 64: Allem Anfang wohnt das Böse inne

Logan Dee & Michael Marcus Thurner

Über Jahre haben die Exposeautoren im Gegensatz zu Coco mit ihrer Familie ein eher ambivalentes Verhältnis gehabt. Immer wieder musste die junge Hexe der Familie zur Hilfe eilen. Es gab auch einige Handlungsbögen, in denen alleine Coco mit einigen Deals den arroganten Zamis den Wiener Hals gerettet hat. Coco Zamis war immer die Außenseiterin, die mit den sadistischen Grausamkeiten der eigenen Familie nicht viel anfangen konnte.

 Zu den besten Roman übergreifenden Passagen der ganzen Serie gehörten allerdings die Abschnitte, in denen die einzelnen Autoren von Logan Dee angeleitet die neuere Geschichte der Zamis vor dem Hintergrund historischer Ereignisse und teilweise auch bekannter Persönlichkeiten erzählt haben. In diesen Abschnitten verfestigten die Zamis nicht nur in Position in Wien, die Querverbindungen zwischen Naziterror und den sadistischen Dämonen wurden der historischen Greul gegenüber überzeugend entwickelt.

Mit dem 64. Abenteuer “Allem Anfang wohnt das Böse inne” verabschieden sich Logan Dee und Michael M. Thurner anscheinend für immer von den Zamis, in dem sie ihre Villa und die letzten Mitglieder der Familie fast standesgemäß Edgar Allan Poe folgend in Flammen aufgehen lassen. 

Coco Zamis hat das Anwesen selbst angezündet, auch wenn sie behauptet, unter der geistigen Beeinflussung von Monsignore Tatkammer gehandelt zu haben, der sich in den letzten Ausgaben zu einem echten charismatischen Feind entwickelt hat. Das Team geht diesen Punkt ein wenig ambivalent an. Tatkammers direkte Handlungen sind nicht zu verfolgen und Coco Zamis vielleicht nur Schutzbehauptungen bleiben im Raum steht. Hinsichtlich der Ausarbeitung der ganzen Sequenz bleiben im Handlungsverlauf wenig Zweifel übrig, das die Zamis Familie wirklich ums untote Leben gekommen sind. Eine Auferstehung sollte - wenn überhaupt nicht mittels Taschenspielertricks erfolgen. 

Logan Dee hat den ersten Teilroman verfasst, in welchem nicht nur wie mehrmals erwähnt die alten Zöpfe abgeschnitten, sondern die immer noch ein wenig unter den Ereignissen leidende Coco zumindest zu neuen Ufern, aber wenigstens außerhalb der Stadtgrenzen von Wien geschickt wird. 

Sein Handlungsfaden wirkt anfänglich allerdings ein wenig bizarr. Cocos Zug hält mitten auf der Strecke. Insgesamt sieben Reisende steigen aus, begeben sich in ein nahegelegenes altes Haus und geben sich als Mitglieder der Schwarzen Familie zu erkennen. Coco hätte das aber zumindest vorher spüren müssen. Bis auf einen Unbekannten und Coc sterben die Fremden einen grausamen Tod. Logan Dee nimmt sich Zeit, deren Schicksal ausführlich zu beschreiben. 

Zurück im Zug erfährt Coco, dass ihr ein Guardian drei Leben geschenkt hat. Diese drei Leben werden nicht nur von den Dämonen an Bord des Zugs bedroht, sondern auch auf dem Friedhof der Geister, wo man sehnsüchtig auf die Rückkehr der jungen Hexe wartet, um sie zu Tode zu foltern. 

Logan Dee übernimmt mit der ersten Hälfte eine schwere wie auch leichte Aufgabe. Auch wenn die Familie der Zamis angeblich endgültig ausgelöscht worden ist, bleiben der atmosphärisch dichte Hintergrund der Stadt Wien, die junge Hexe und vor allem die ganzen Querverbindungen, welche die Autoren inzwischen auch unabhängiger von der Dorian Hunter Serie über mehr als einhundertzwanzig Teilromane aufgebaut haben. Ein gänzlicher Neustart ist nicht notwendig. Daher wirkt Logan Dees Vorgehensweise ein wenig ambivalent. Dunkle brutale Szenen finden sich in den richtigen Abständen über seinen Teilroman verteilt, aber der Funke will nicht wirklich überspringen. Zu sehr sind die Ereignisse im vorangegangenen Roman präsent und zu wenig kann der Autor über diese emotionale Schwelle hinaus schreiten und Neuland betreten. 

Viel mehr sieht Logan Dee auch berechtigt seine Aufgabe darin, mit der ersten Hälfte den Weg zu ebnen. Dabei nutzt er eine Kombination aus Anspielungen, dunklen Prophezeiungen und Cocos im Grunde Selbsterkenntnisse. Wie bei manchen Teilromanen muss der Leser die weitere Entwicklung abwarten, bevor er sich ein Urteil bilden kann. 

Michael M. Thurner hat es wieder leichter. Wie schon bei seinen Wien Passagen kann er mit den Ereignissen im Zug auf einen klassischen, vielleicht manchmal auch klischeehaften Hintergrund zurückgreifen und diesen entsprechenden ausgestalten. Dank Cocos drei neuen Leben hat er auch die Möglichkeit, auf eine Rettung in letzter Sekunde zu verzichten. Der Tod ist momentan noch nicht endgültig, wobei das in dieser ganzen Serie niemals was heißen möchte. Allerdings überzeugt sein Buch auf der charakterlichen Ebene zu wenig. Coco nimmt das “Geschenk” der drei Leben relativ gelassen hin und akzeptiert die Fakten. In einer Welt, die aus dämonischen Lügen besteht, wäre nichts leichter, als der jungen Hexe zwei weitere Leben anzudichten, um sie in Sicherheit zu wiegen und leichter zu töten. Auf der anderen Seite wäre dann die Serie natürlich zu Ende, was sich weder Verlag noch Leser oder Autoren wünschen. Wahrscheinlich werden die Autoren in den nächsten Bänden sowohl auf den Guardian als auch das seltsame Gremium eingehen. Es bleibt abzuwarten, ob sie in dieser Hinsicht befriedigende Erklärungen finden. Mehrmals wirkte der Überbau innerhalb der Teilzyklen ambitionierter als die abschließenden Auflösungen. 

Michael M. Thurner kann das Tempo besser variieren, während Logan Dee in seiner Teilhälfte auf mehr als eine “Baustelle” Rücksicht nehmen muss. Daher wirkt sein Plot stringenter und kompakter, auch wenn Logan Dee hintergrundtechnisch sehr viel mehr Initiative zeigt und wie mehrfach angesprochen den Boden für den nächsten Spannungsbogen zumindest in Ansätzen anlegen will und muss. 

“Allem Anfang wohnt das Böse inne” ist nach den Paukenschlägen der letzten Bücher eine solide Fortführung mit einigen interessanten, bislang die Serienstruktur deutlich erweiterten Ansätzen, aber wie die drei Leben auch einigen spannungstechnischen Herausforderungen. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Handlung abschließend bewegt, aber bislang unterhält der 64. Roman mit den Abenteuern der jungen Hexe inklusiv der sadistischen Exkurse solide bis zufriedenstellend gut.  

   

  




Taschenbuch, 202 Seiten

Zaubermond Verlag

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