Eon - das letzte Zeitalter 3: Zeit- Gezeiten

Sascha Vennemann & Ansgar Back

In seinem Nachwort spricht Sascha Vennemann davon, dass der dritte Band der „Eon“ unter keinem einfachen Stern entstanden ist. Sein Vater ist im Dezember überraschend verstorben. Zusätzlich hat sich Sascha Vennemann mit Ansgar Back einen Co- Autoren an Bord geholt, um die zweite Handlungsebene des Romans um Var Nath und seine Suche nach Misas vor Jahrzehnten verschwundener Schwester zu beschreiben. Trotz oder vielleicht auch wegen der widrigen Umstände ist insbesondere auf Sascha Vennemanns Handlungsebene ein ausgesprochen kompakter wie exotischer Roman entstanden, der weniger der exotischen Hintergrund beleuchtet, sondern eine geradlinige Abenteuergeschichte erzählt.

Ansgar Back liefert bei seiner Handlungsebene eine solide Arbeit ab. Var Nath findet scheinbar die Schwester und wacht plötzlich in einem seltsamen Krankenhaus auf. Um ihn herum befindet sich eine kleine Gruppe von  besonderen Menschen, deren Stunde noch nicht gekommen zu sein scheint. Da dieser Spannungsbogen in erster Linie für die kommende Romane als Vorbereitung dient, kann der Autor aus der Prämisse relativ wenig machen. Var Nath ist eine bislang zu wenig definierte Figur mit Potential, das noch zu heben ist, als das er alleine eine Handlungsebene in der hier präsentierten, Action und ein wenig aus seiner Sicht orientierungslosen Position heraus tragen kann. Dabei wird auch sehr viel Potential verschenkt. Alleine das Auftreten der seltsam mysteriösen Männer im Hintergrund von Naths finaler Botschaft an Misa hätte sehr viel dramatischer und dramaturgisch ein wenig geschickter aufgebaut werden. Viel zu schnell werden zumindest anfängliche Antworten gegeben, die allerdings in den folgenden Romanen ohne Zweifel wieder Fragen aufwerden lassen. Der Stillstand dieser Handlungsebene wirkt vielleicht stärker nach, weil Sascha Vennemann in seinen Spannungsbogen sehr viel mehr Informationen packt als der kurzweilig zu lesende Roman vertragen kann.

 Das Besatzungsmitglied Cul Varian hat ja schon im zweiten Roman angekündigt, bei der EON zu kündigen und sich mit der Ausbeute der letzten Funde aus der „Aggregation“ selbstständig zu machen. Sascha Vennemann baut hier aber weder einen pathetischen Abschied in die Handlung ein noch lässt er Varian seine Pflichten vernachlässigen. Zumindest scheint in dieser Hinsicht das letzte Wort noch nicht gesprochen. Misa überlegt aufgrund Naths Botschaften ebenfalls die EON zu verlassen. Dieses vorläufige mögliche Auseinanderbrechen der Crew ist insoweit schade, als dass der Leser sie noch nicht als Schicksalsgemeinschaft kennen gelernt hat und die Handlung nicht auf zu verschiedene Ebenen aufgeteilt werden sollte.

 Plastisch fügt Sascha Vennemann seinem Universum ein „neues“ Phänomen hinzu. Bislang konnte die Digger durch die verschiedenen Dimensionstore auf andere Planeten wechseln und dort nach wertvollen Materialen und Schätzen suchen. Anscheinend gibt es auch Evolutionsverschiebungen, welche auf einem Planeten alle Gegenstände und damit auch die EON in eine prä-elektronische Vergangenheit/ Alternativwelt schleudern. Die Besatzung der EON gelingt es, ihr Schiff rein mechanisch – ein Faktor, den Sascha Vennemann fast zu wenig extrapoliert, da anscheinend im Schiff selbst dem Steampunk folgend Veränderungen stattgefunden haben – am Laufen zu halten. Es taucht auch eine Handvoll Piraten mit einem primitiven, gepanzerten Fahrzeug auf, die ihren Anteil an der Beute fordern.

 Die Konfrontation mit den Piraten ist spannend geschrieben worden. Der Autor gibt sich Mühe, die auf den ersten Blick ungleiche Begegnung – gigantische Förderplattform, kleines gepanzertes Fahrzeug – authentisch und überzeugend zu beschreiben. Wie sich die EON aus dieser schwierig bis unmöglichen Position befreit, ist überraschend vorbereitet und interessant dargeboten. Vor allem kann der Leser zum ersten Mal die Crew als echtes Team beobachten. Schade ist, dass diese Veränderungen in erster Linie funktional beschrieben werden und der Platz des Romans nicht ausreicht, intensiver und umfassender auf diese Phänomene einzugehen, die im Umkehrschluss im Grunde auf dieser Welt das Entstehen einer auf elektronischen Komponenten basierenden Zivilisation verhindert haben muss. Die Möglichkeit, eines variableren Formats hätte im vorliegenden dritten, bislang besten Roman der Reihe effektiver ausgenutzt werden können.

Sascha Vennemann entfernt sich in „Zeit- Gezeiten“ mehr und mehr von den anfänglich noch erkennbaren Vorbildern und versucht mittels neuer Ideen und einer intensiveren Auseinandersetzung insbesondere mit den EON Charakteren seiner Serie mehr Tiefe, mehr Originalität zu geben. Das gelingt trotz der irgendwie an eine Mischung aus „Mad Max“ und zahllosen Piratenfilmen erinnernden Konfrontation mit drei Erzschurken überraschend gut. Stilistisch solide geschrieben harmonieren Sascha Vennemann und Ansgar Back erstaunlich gut in dieser ersten von auch mit anderen Autoren zuschreibenden „Eon“ Koproduktionen 

  

 

 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 2884 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 94 Seiten
  • Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (2. April 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.