Aus der Feder Hans Kneifels stammt mit „Die Prophezeitung von Sais“ der erste Roman der zweiten Atlan X Trilogie. Für die Exposes ist Marc A. Herren verantwortlich gewesen, der zusammen mit Dennis Mathiak den Abschlussband verfasst hat. Der mittlere Roman stammt aus der Feder Christian Montillons.
Die Geschichte spielt in den Jahren 540- 538 vor Christi. Zwischen dem chronologisch davor spielenden Atlan Zeitabenteuer „Im tödlichen Schatten( Perry Rhodan Planetenroman 229, Hans Kneifel) sind gute 430 Jahre vergangen. Zum nächsten klassischen Atlan Zeitabenteuer „Kampf der tausend Schiffe“ (Perry Rhodan Planetenroman 238) werden es nur gute fünfzig Jahre sein.
Ausgangspunkt der Geschichte ist eher ein Zufall. Der Hauptmann Ka-Nachtmin begleitet eine Karawane des Pharaos und wird überfallen. Der Überfall ist nur teilweise erfolgreich, aber der ehrgeizige Hauptmann schwört Rache und kehrt mit Truppen in Richtung Westen operierend zurück. Dabei erbeutet er ein Kleinkind mit heller Hautfarbe und hellen Haaren.
Das Kleinkind könnte Bestandteil einer Prophezeiung sein. Sie spricht von einem Hellen Volk, von einer Goldenen regiert und einem weißen Krieger angeführt sieben Königreiche beherrscht, in denen im übertragenen Sinne der Honig fließen werden.
Die Hinweise auf das helle Volk sind für Rico der Anlass, Atlan aus dem Tiefschlaf zu wecken. Auch wenn Atlan im Laufe des Buches von einer kleinen Schar verstreuter Arkoniden träumt, die er retten muss, ist er sich der Unwahrscheinlichkeit bewusst.
Rico impliziert, dass der weiße Krieger im Grunde nur Atlan sein kann, die Goldene Nitetis , die Tochter des Pharaos.
Zusammen mit einer besonderen Ausrüstung wie einem auffälligen Streitwagen, aber auch den Roboter Hunden Anub und Nubis macht sich Atlan auf den Weg.
Hans Kneifel kommt zu Gute, das er nicht alleiniger Autor dieser Miniserie ist. Im Gegensatz zu seinen deutlich gestrafften als Planetenromane veröffentlichten Atlan Zeitabenteuer verführte der flexible Inhalt der Fanpro Taschenbücher den inzwischen auch historische Romane schreibenden Hans Kneifel dazu, seine Detailverliebtheit zu Lasten des Plots auf die Spitze zu treiben. Ohne Frage ist es wichtig, die entsprechende Atmosphäre zu erschaffen, aber Hans Kneifel unterliegt der Versuchung zu sehr.
Im ersten Drittel des Buches wird die Ausgangsbasis etabliert. Es besteht im Gegensatz zu vielen anderen Zeitabenteuern, in denen Atlan positiv in die Menschheitsgeschichte eingegriffen und den menschlichen Fortschritt am Laufen gehalten hat, die Möglichkeit, das es sich um eine sich selbst erfüllende Prophezeiung handelt. Sollte Atlan wirklich der weiße Krieger aus der Legende sein, dann wird diese durch Ricos Eingreifen und Atlans Mission im Grunde erst erweckt. Es stellt sich dem Leser unwillkürlich die Frage, ob die Geschichte wirklich auch diesen subjektiven Weg gegangen wäre, hätte Rico Atlan eben nicht geweckt.
An mehr als einer Stelle des Buches kommt Atlan auch aus der Deckung. In seiner Rolle als reicher Händler muss er schnell und zielstrebig an die Stellen der Macht kommen, um nicht nur Hintergrundinformationen hinsichtlich der politisch religiösen Ränkespiele zu erhalten, sondern auch die Möglichkeit zu haben, nach dem Auffinden des Hellen Volks den Wahrheitsgehalt der Prophezeiung zu prüfen oder wie schon angedeutet sie Realität werden zu lassen.
Auf unterschiedliche Art und Weise geht Atlan dabei vor. Klassisch mit seinem Deflektorschild schleicht er sich in die Paläste und belauscht das Treiben. Mit dem vierundsiebzigjährigen Pharao Ah´mes immer mehr hinter sehr jungen Frau hinterher; seinem noch unerfahrenen, aber beeinflussbaren Sohn und schließlich Nitetis, das geraubte Kleinkind.
Aktiv zeigt sich der offensichtlich reiche Händler auch als ausgezeichneter General, in dem er gleich einen ausgezeichneten Plan im Kampf gegen die Phärser präsentiert.
Später erweckt er Neugierde, in dem er mittels seines Psychostrahlers einen Mord von vor fünfundzwanzig Jahren aufklärt. Abschließend reist eine Handvoll Getreuer mit einem Gleiter in Richtung Wüste, wo das helle Volk vermutet wird. Dazwischen präsentiert Atlan als Karten getarnte Luftnahmen unter anderem der riesigen Tempelanlage, in deren Beschreibung Hans Kneifel augenzwinkernd einen kleinen Hinweis auf die Götter aus dem All einbaut.
Parallel sucht Rico mittels seines robotisierten Horusfalken nach Spuren des hellen Volks.
Diese Hinweise zeigen deutlich, dass Hans Kneifel nach der Etablierung des historischen Hintergrunds im ersten Buchdrittel das Tempo deutlich anzieht. Bei seiner Positionierung zeigt sich Atlan nicht nur als reicher Mann, sondern vor allem auch nicht als Kostverächter. Die Fanpro Taschenbücher zeigen deutlicher, woher Perry Rhodans ironischer Hinweis kommt, das Atlan in den Jahrtausenden sicherlich kein Kostverächter gewesen ist. Aber zumindest ist Atlan nicht immer der aktive Part, sondern Objekt der Begierde nicht nur einer Frau im vorliegenden Roman.
Am Ende bereitet Hans Kneifel geschickt den Boden für die folgenden Romane vor. Die einzelnen Hinweise beginnend mit der alten Schriftrolle, die Atlan natürlich im Gegensatz zum langjährigen Berater des Pharaos umgehend entziffern kann, ebnet quasi den Weg. Die einzelnen dort erwähnten Punkte müssen abgearbeitet werden.
Aber Marc A. Herren erweist sich als geschickter Exposeautor. Jeder dieser möglichen Hinweise öffnet einen neuen Köcher von Problemen. Nicht automatisch fügen sie sich zu dieser angesprochenen Prophezeiung zusammen. Viel mehr bedeuten sie für Atlan ein sehr aktives Eingreifen und die Möglichkeit, einer sich während der Reise/ Suche selbsterfüllenden Prophezeiung steht mehr denn je im Raum.
„Die Prohezeiung von Sais“ ist das vorletzte Atlan Zeitabenteuer, das Hans Kneifel verfasst hat. Es ist der letzte Roman, der zu seinen Lebzeiten erschienen ist. Alle Stärken und Schwächen sind vorhanden. Wer die Atlan Zeitabenteuer liebt, wird die bekannten Mechanismen verzeihen. Vieles, aber nicht alles beginnt mit Ricos eher vagen Hinweisen. Bei einigen Romanen der Reihe hat der Leser das unbestimmte Gefühl, als wenn in dem Roboter sich auch ein Sadist versteckt, der absichtlich Atlan viel zu früh auf einige Missionen schickt, anstatt den Hintergrund in Ruhe zu recherchieren. Denn eines haben Rico und Atlan allerdings aus unterschiedlichen Gründen: Zeit. Eines scheinen die beiden von Hans Kneifel über die Jahrzehnte immer detaillierter entwickelten Protagonisten weiterhin nicht zu haben: Geduld. Das Einschleichen in die Zentren der Macht oder zumindest die Nähe von historisch bekannten Persönlichkeiten erfolgt bis auf wenige Ausnahmen immer auf beeindruckender, aber künstlicher Augenhöhe. Die Aufmerksamkeit der Zielpersonen wird geweckt, sie müssen quasi den ersten Schritt machen, bevor Atlan die Kontrolle übernimmt. Dabei überschreitet Atlan wie mit dem Gleiterflug im vorliegenden Band auch die „Grenzen“ und greift aktiv über das eigentliche Ziel hinaus in die Menschheitsgeschichte ein. Vielleicht ist es die Erfahrung der alten Arkoniden, der weiß, das der Staub der Geschichte sein Eingreifen im Detail, aber nicht dessen Auswirkungen überdecken wird. Abschließend erreicht Atlan nicht selten auch basierend auf Zufälligkeiten sein Ziel. Von den Frauen – attraktiv, für die Zeit intelligent und sexuell aktiv – ganz zu schweigen.
Aber wie in den meisten von Hans Kneifels Zeitabenteuer im direkten Vergleich zu den jüngeren Autoren schwingt in seinen Büchern auch eine Lebenserfahrung mit. Weniger hinsichtlich belehrender Weisheiten, aber Hans Kneifel ist zu Lebzeiten ein Genießer gewesen und wenn Wein goutiert wird, dann ist es nicht nur einfach Wein. Wenn wie im vorliegenden Buch der imaginäre Kühlschrank in Atlans neuer Wohnung aufgefüllt werden muss, dann sind es teure Köstlichkeiten. Hans Kneifel findet wie angesprochen die richtige Balance zwischen von Marc A. Herren getriebenen Plot und dem atmosphärisch dichten Hintergrund. Vielleicht kann man in der Wüste nicht das imaginäre Gras riechen, zumal sich der Arkonide auch mit dem Schlammschippen vor der eigenen Haustür auseinandersetzen muss, aber mit vielen kleinen Anmerkungen, Beschreibungen, Exkursen und schließlich auch Atlans kurzen, prägnanten, aber erstaunlich zurückhaltend präsentierten verbalen Auseinandersetzungen mit seinem Extrasinn erfährt der Leser ein wahrscheinlich fiktives, aber gut recherchiertes Bild des alltäglichen gehobenen Lebens in diesen Epochen. Dabei ignoriert Hans Kneifel dunkle Themen wie erzwungene sexuelle Gefälligkeiten, Sklaverei und das brutale Leben/ Überleben in der Wüste nicht.
Stilistisch in Hans Kneifels so einzigartigen gekünstelten, aber auch für ihn so authentischen Stil geschrieben ist „Die Prophezeiung von Sais“ ein lesenswerter, bis an die Grenze der Geduld gedehnter, aber trotzdem kurzweiliger Roman und guter Auftakt der „Tamaran“ Trilogie.
- Herausgeber : Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH; 1. Edition (1. September 2010)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 300 Seiten
- ISBN-10 : 3890648207
- ISBN-13 : 978-3890648200