Fantastische Wirklichkeiten

Jörg Weigand (Hrsg.)

Mit „Fantastische Wirklichkeiten- die Bilderwelten des Rainer Schorm“ präsentiert der Verlag p.machinery wahrscheinlich sein am meisten ambitionierte Projekt. Bücher basierend auf Bildern einzelner Künstler oder Fotographien im Rahmen der Haller Edition in besonderen Formaten hat es schon mehrere Veröffentlichungen gegeben.   Auch die Formate waren herausfordernd wie ungewöhnlich.

Die von Jörg Weigand zusammengestellte, eingeleitete und mit einem langen Interview abgeschlossene Anthologie von Kurzgeschichten zu zwei Themen Science Fiction und Fantastik umfasst mehr als fünfundzwanzig Geschichten, aber gefühlt hunderte von Bildern aus Rainer Schorms umfangreichen Werk. Durch die Gliederung in zwei große, aber nicht ausschließliche Themenbereiche wird der umfangreiche Bildband deutlich geordneter. Neben dem großzügigen Format hat Michael Haitel auch den Bildern auf den einzelnen Seiten ihren Raum gelassen. Die Geschichten sind von Arbeiten Rainer Schorms inspiriert, welche sie frei wählen konnten.  Neben den entsprechend zur Story abgedruckten Zeichnungen finden sich zwischen den Texten noch weitere Graphiken.

Der Künstler selbst rundet die Anthologie mit einer eigenen Geschichte ab. Bekannter ist Rainer Schorm ja als Exposeautor von Perry Rhodan Neo. Zusammen mit Rüdiger Schäfer, welcher die Eingangsgeschichte geschrieben hat. Vielleicht deswegen sind neben bekannten Namen der Science Fiction wie Jörg Weigand, Monika Niehaus, Werner Zillig oder als Altfan Jürgen vom Scheidt einige Perry Rhodan Autoren wie der Chefredakteur Klaus N. Frick, Lucy Guth und der Perry Rhodan Gastautor/ Science Fiction und Krimiautor Gisbert Haefs.  

Jörg Weigand stellt gleich zu Beginn deutlich heraus, das Rainer Schorm seiner visuellen Phantasie auch mittels des Computers und der entsprechenden Graphikprogramme die Sporen gibt, aber trotzdem über eine entsprechende künstlerische Grundausbildung verfügt. Das ermöglicht ihm, die wissenschaftliche Realität mit der Phantasie zu verbinden. Insbesondere seine Weltraumbilder bevölkert von exotischen Raumschiffen und erleuchtet von kosmischen Phänomen sind eine Augenweide, denen die Geschichten inhaltlich nicht immer das Wasser reichen können.   

Es empfiehlt sich, das Interview/ Gespräch zwischen Rainer schorm und Jörg Weigand am Ende des Buches am Anfang zu lesen. Der Künstler bezeichnet sich selbst als Gebrauchsgraphiker und dieser Weg über den erlernten Beruf eröffnet es ihm vielleicht besser als dem klassischen Künstler, Bilder zu erschaffen, die phantastisch und pragmatisch realistisch zugleich sind. Rainer Schorms Weg über die Neuauflafe von Ren Dhark oder die Heftromanserie STAR GATE wird kurz skizziert, dann seine Liebe zur phantastischen Literatur, aber auch der graphischen Kunst. Jörg Weigand und Rainer Schorm gehen noch auf zwei besondere Titelbilder ein. Das Gespräch gibt einen guten Einblick nicht nur in die Technik, sondern auch auf die Perspektive, welche Rainer Schorm in seinen schwarzweißen, aber auch farbigen Zeichnungen wie Bildern wählte. Und daraus sind ja die hier gesammelten Geschichten entstanden. 

Im Bereich Science Fiction finden sich insgesamt dreizehn Geschichten und Miniaturen von elf Autoren. Monika Niehaus und Jörg Weigand sind jeweils zweimal vertreten, wobei eine ihrer jeweiligen Geschichten in etablierten Universen (Donnas Kaschemme und Meister Li) spielen. 

Rüdiger Schäfer macht den Auftakt mit “Sonnenkuss”.  Es ist die erste von mehreren Geschichten, in denen nicht nur der exotische Reiz des Weltraums da daußen mit seinen Gefahren und Schätzen, sondern auch der erste Kontakt mit dem Fremden eine Rolle spielen.  Rüdiger Schäfer präsentiert allerdings eher eine Art Stillleben, der letzte finale Moment. Zwei Frauen sind in Todesgefahr wie in der Liebe füreinander vereint. Ihr Explorer Raumschiff kann dem Sog der Sonne nach menschlichem Ermessen nicht mehr entkommen. In den wenigen Absätzen charakterisiert der Autor nicht nur überzeugend die beiden Frauen, sondern erschafft eine sehr persönliche Interpretation des entsprechenden Bilds. 

Thomas Le Blancs “Der Irrtum” ist eine der klassischen First Contact Geschichten, allerdings mit einigen überraschenden Wendungen. Die Menschen sind mit ihrem Raumschiff auf einem im Grunde überlebensfähigen Planeten notgelandet. Sie werden immer wieder mit einem elektrischen Phänomen konfrontiert, dessen Prämisse der Titel vielleicht ein wenig zu unnötig vorwegnimmt. Sachlich geschrieben mit guten Beschreibungen, ausschließlich aus der Perspektive der Menschen. 

“Poseidons Träume” von Hans Jürgen Kugler ist eine der Miniaturen, die in erster Linie auf Stimmungen basieren. Es sind die Gedanken/ Wünsche eines Gottes während seines persönlichen Schöpfungsprozesses. Sprachlich exzessiv, inhaltlich ein wenig improvisiert.  Jörg Weigand präsentiert in “Angekommen” eine Hommage an John W. Campbells “Der unglaubliche Planet” bzw. mehr an dessen übermenschlichen Charakter Munro. Dieser kehrt nach einem nur den Lesern erzählten “Erlebnis” zur Erde zurück. Das Ende widerspricht eigentlich eher der überheroisierten Zeichnung, die Campbell in den beiden Romanen minutiös wie dem Zeitgeist des Golden Age entsprechend entwickelt hat.   

Auch Monika Niehaus wird in ihrem zweiten Beitrag zu dieser Anthologie “Innenansichten” ein bekanntes Experiment aus einer anderen Perspektive beschreiben, an deren Ende zumindest ein Name beim Leser hängen bleibt. 

Monika Niehaus zweiter Beitrag ist eine der bekannten Annekdoten aus Donnas Kaschemme. “Hunter´s Planet” ist eines dieser bei reichlich Alkohol der Menge erzählten Abenteuer, das mit dem Rücktransport der Tochter eines bekannten Gangsters beginnt und am Ende eines klassichen Bluffs benötigt, damit die auf dem Jagdplaneten eines anderen Mafiosi gestrandeten “Helden” eine Überlebenschance haben und vor allem relativ kostengünstig an die notwendigen Ersatzteile kommen. Wie viele Geschichten aus Donnas Kaschemme kurzweilig, überdreht und die K´Zin Kriegerin einnert an Larry Niven langlaufende, im Ringwelt Universum spielende Serie. Vielleicht ein Zufall, vielleicht eine weitere Hommage? 

Eine der wenigen Geschichten ohne klassische Science Fiction Themen ist Jörg Weigands neue Meister Li Story “Die andere Welt”. Ein Schüler bittet den Meister, zu den in einem der Lehrbücher beschriebenen anderen Orten wandern zu dürfen, um die dort präsentierten Erkenntnisse quasi aus erster Hand erleben zu können. Das Erlebnis ist für ihn emotional verstörend, Jörg Weigand greift mit Freude nicht nur auf die entsprechenden Bilder, sondern auch die kaiserliche Farblehre zurück. In diesen fast Miniaturen entsprechenden Arbeiten verbindet der Autor Wissens- oder besser Erfahrenswertes mit seinen immer wieder liebenswert detailliert aber auch exzentrisch wirkenden Figuren. 

“Erster Kontakt” aus der Feder Jürgen vom Scheidt ist tatsächlich eine First Contact Geschichte mit mehr als einer originellen Ausgangsprämisse. Außerirdische haben in Fachmagazinen Anzeigen aufgegeben. Neben der Möglichkeit, Außerirdische kennenzulernen, bitte sie um ein kleines Gastgeschenk. Eine Hürde, an welcher die meisten Bewerber schon scheitern. Neben der ausführlichen Beschreibung der einzelnen Prüfungen fließen irgendwann die Erinnerungen und Erwartungen des Protagonisten zusammen. Im gleichen Tempo, wie sich der Konfekt Kasten leert. Jürgen vom Scheidt greift hier auf seine beruflichen Erfahrungen zurück und kann quasi aus dem Nähkästchen mit einer etwas anderen Vorgabe plaudern. Mit der abschließenden Pointe versucht der Autor einen Paukenschlag zu setzen, verfehlt aber auch hinsichtlich des guten Geschmacks das Ziel überdeutlich. Irgendwann sind manche Sachen nicht mehr lustig. Zumal sie komplett unnötig ist. 

Klaus N. Fricks “Kalte Flammen in Rot” beschreibt wie Rüdiger Schäfers Geschichte die Faszination der Schatzsuche im All mit allen Herausforderungen wie auch Gefahren. Botschaften an Bord von ins All geschossenen Raketen - der erste Hinweis auf das Ziel?- leiten die beiden Protagonisten - sie die intellektuelle Konstrukteurin an Bord des Raumschiffs zurückgeblieben; er der klassische Abenteurer - zu einem Planeten, dessen rote Flammen eine klassische Urkundung verhindern. Neben einigen exotisch beschriebenen Herausforderungen begegnen sie auch Menschen, die sich gegen den am Himmel fliegenden Eindringling zu wehren suchen. Die Pointe beinhaltet mannigfaltige Interpretationsmöglichkeiten, wobei die anfänglichen Visionen nicht ganz der für die beiden Explorer überraschenden Begegnung mit Leben auf dieser angeblich toten Welt entsprechen. Die von Klaus N. Frick angestrebte  überraschende Pointe lässt sich in mehrfache Richtungen interpretieren, wirkt aber angesichts des bis dato Abenteuer orientierten Textes auch ein wenig konstruiert. 

Auch Gisbert Haefs “Spielzeug” leidet unter dem ein wenig pragmatischen Ende. In dem flapsigen Stil einer Suffgeschichte (es gibt anscheinend  mehr Orte wie Donnas Kaschemme in dem weiten Universum)  weniger niedergeschrieben als klassisch über die Theke erzählt werden durch die beiden Bierkumpel Absurditäten hin und her geworfen. Vor allem die verschiedenen Hinweise auf das menschliche Fehlverhalten hinsichtlich von Begriffen oder Verhaltensklauseln reizt schon zum Schmunzeln. Die Idee einer Welt, wo Spielzeuge produziert werden, zieht sich wie ein roter Faden bis zur Pointe durch die Geschichte. Rückblickend könnte der Leser die Intention des Autoren erahnen, inhaltlich kommt sie allerdings eher aus dem Nichts heraus. 

Werner Zilligs “Die Marsfrau” nutzt ebenfalls eine bekannte Idee - die Besiedelung des Mars - und beschreibt sie aus einer anderen Perspektive. Natürlich müssen sich die Kandidaten hinsichtlich einer Besiedelung des Mars auch Text in sexueller Hinsicht unterwerfen. Zillig baut auf dem Weg dahin eine kleine Hommage an Bradburys “Mars Chroniken” ein. Natürlich ist die Realität ein wenig anders, aber nicht immer muss die fiktive Perfektion der überzeugenden Realität im Weg stehen. Manchmal regen Phantasien auch an, den Alltag besser zu überstehen. Gute Dialoge, interessante Beschreibungen und eine optimistische Auflösung des Plots machen “Die Marsfrau” zu einer sehr vergnüglichen Lektüre. 

“Im Blick von Jupiter” aus der Feder Alexander Roeders wird durch den Titel schon perfekt zusammengefasst. Stilistisch exzentrisch beschreibt der Autor eine Expedition von Taikonauten, die mit ihrer künstlichen Intelligenz an Bord des Raumschiffs vor schwierigen Entscheidungen bzgl. eines der Monde des Jupiters stehen. Am Ende bleibt es bei Möglichkeiten und vordergründig vergebenen Chancen, die nicht wieder kommen. Die Offenheit, als Stimmungsbild getarnt, macht das Ende noch frustrierender. 

 

Ellen Norton greift in “Xinthan” auf ein altes Thema zurück: die moralische Zerrissenheit von Wissenschaftlern im Angesicht der zutreffenden Entscheidungen. Eine Expedition besucht einen an Rohstoffen reichen Planeten, dessen Bevölkerung vor einigen Jahren durch eine unerklärliche Seuche dahingerafft worden sind. Die Toten sind begraben, der Planet wurde desinfiziert. Jetzt soll er für eine neue Besiedelung bzw. Ausbeutung freigegeben werden. Die Prämisse wird interessanter, als die Forscher tatsächlich auf eine spezielle Art von Leben stoßen, welche auf der Erde auch bekannt ist. Diese Ausgangsbasis läßt sich biologisch vielschichtig erklären und interpretieren, aber sowohl die Autorin als auch die Protagonistin weichen hinsichtlich des zu offenen Endes einer Entscheidung aus und lassen die Leser im übertragenen Sinne im Regen stehen. 

Der Bereich “Fantastik” besteht aus elf Geschichten von  elf verschiedenen Autoren. Das Spektrum ist breit und streift auch die Science Fiction. Rainer Schorms Graphiken sind experimenteller, Mischung aus Fotomontage und stimmungsvollen Zeichnungen/ Einblendungen. Hier geht aber auch ein kleiner Teil des Reizes verloren, denn die phantastischen Elemente stehen den atmosphärisch stimmungsvollen realistischen Hintergründen nicht immer harmonisch gegenüber. Manchmal scheint der Gebrauchsgraphiker auch die alte Methode “und bist Du nicht willig, so brauche ich künstlerische Gewalt” angewandt zu haben. 

Karl Ulrich Burgdorf eröffnet die zweite Sektion des Buches mit seiner Geschichte “Die Kirche des schwarzen Abts”. Die Story spielt in einer fernen Zukunft, in welche zwar cineastische geflügelte Worte noch bekannt sind, der Zusammenhang zur Basis fehlt allerdings. Die Göttin meldet sich, um aus dem Kloster neues frisches Fleisch zu beziehen, das sie für den Fortpflanzungsprozess benötigen. Der alte Abt war auch einmal eine Art Samenspender und hat sich dabei unsterblich verliebt. Der Hintergrund ist gut entwickelt, auch wenn Karl Ulrich Burgdorf einzelne Facetten der Phantasie seiner Leser überlässt. Irgendwie kommen einzelne Ideen der  Leser vertraut vor, aber durch den religiösen Panzer vielleicht auch der Dickköpfigkeit seines Protagonisten liest sich die Geschichte ausgesprochen kurzweilig und stellt einen der besseren Texte in diesem Segment dar. 

“Cathredal Club” aus der Feder Hans-Dieter Furrers ist eine Art konstruiertes Triptychon mit zwei sehr bekannten Teilen. Eine Teufelserscheinung sorgt für die Einmauerung des Teufels in der Kirche, siebenhundert Jahre später wird ein Nachtclub eröffnet und weckt den Teufel und sein Gefolge. Am Ende begegnet anscheinend eine der Besucherinnen der Eröffnungsnacht in einer späteren Zeit im nach dem Brand umgebauten Gebäude anscheinend wieder dem “eingeglasten” Teufel. Die Geschichte bietet wenig neue Ideen, das Ende ist pragmatisch und die drei Handlungsbögen harmonieren eher der Konstruktion geschuldet miteinander.  

Karla Weigands “Spuk auf dem Münsterplatz” nutzt zwar auch die entsprechenden Versatzstücke des Genres beginnend mit Teufelserscheinungen und endend mit dem schlechten Gewissen, das den Gläubigen der Gemeinde nicht nur aus Eigennutz vom örtlichen Pfarrer förmlich zu Gunsten der Kirchenkasse eingerieben werden. Der Leser kann sich die einzelnen Elemente im Kopf selbst zusammenbauen und wie bei einigen anderen Storys dieses Abschnitts für sich entscheiden, ob es “real” ist oder nur eingebildet. 

Udo Weinbörners “Totholz” eröffnet einen Reigen von kürzeren Texten, in den die Klischees des Genres benutzt werden, um zwar vor einem stimmungsvollen Hintergrund wenig wirklich Neues zu erzählen. Es ist eine klassische Gruselgeschichte um ein Pärchen, das eine Autopanne auf einem einsam gelegenen Weg im Schwarzwald hat. Sie finden durch Zufall eine Art Schlosshotel, übernachten dort und haben am nächsten Morgen ein schreckliches Erlebnis. Dietmar Kueglers “Rastplatz” verbindet die Ängste einer jungen Frau in einem Toilettenhäuschen mit realen Erlebnissen, die sie zu diesem Zeitpunkt aber nicht wissen konnte. Der “Fremdkörper” in Sabine  Frambachs Geschichte kann real sein oder eingebildet. Die Frau hat die Vorstellung, das ihr Mann durch ein Maschinenwesen ersetzt worden ist. Alleine erkennbar an einer Art Mal an der Stirn. Im Rahmen des Gruselgeschichtensubgenres muss die Protagonisten auf ihre Art Recht und Unrecht zugleich haben. 

Alleine Katja Göddemeyer durchbricht mit “Auf tiefem Grund” durchbricht diesen kleinen Kreislauf aus vertrauten Texten und präsentiert Bekanntes (Verlust eines geliebten Menschen früh im eigenen Leben an das Meer; der letzten Wellenritt vor dem Aufkommen von “Jahrhundertwellen” und schließlich Wiedervereinigung/ Aufbruch ) durch einen stimmungsvollen Hintergrund, eine behutsame Zeichnung der Protagonisten und ein Ende, welches allen Tierliebhabern das Herz zerreißt. 

Lucy Guths “Stern und Eis” ist eine Endzeit Science Fiction Geschichte mit der untergegangenen Zivilisation; dem einsamen herum streifenden Sternensammler und seinen gezähmten Eisbären sowie die Mädchen, das er zu retten sucht. Stimmungsvoll mit einem prägnant gezeichneten Hintergrund, welcher den Lesern allerdings auch Interpretationsspielraum gibt und schließlich einem positiven, irgendwie optimistischen Ende rundet die Geschichte den Bereich der Fantastik zufriedenstellend ab, obwohl der Plot eher unter Science Fiction einzuordnen wäre. 

Neben den angesprochenen Geschichten finden sich mit Michael Paltrows “Finsternis, mein Dämon Finsternis” und Andreas Schäfers “Versöhnung” noch zwei klassische Miniaturen, wobei Paltrow das typische Gespräch zwischen zwei Menschen nach zeichnet, die sich getrennt haben. Eine Seite kann es nicht verstehen, die andere Seite ist ein Dämon. “Versöhnung” ist eher ein intellektuelles Wortspiel, eine stilistische Spielerei. 

Rainer Schorm ist mit dem Nachdruck “Thenards Blau” aus einer der ersten Miniaturen der “Phantastischen Bibliothek Wetzlar” vertreten. Die Herausforderung war, das der Satz “Ihr Haar zersprang wie blaues Glas” im Text eingebaut werden musste. Bei Rainer Schorm ist eine kurze, sehr intensive Art der Farblehre herausgekommen, aber keine in sich geschlossene Geschichte. 

Der zweite Abschnitt ist literarisch ein wenig schwächer. Die Autoren bemühen zu sehr die teilweise stereotypen Mechanismen dieses Subgenres, lassen sich zwar stimmungstechnisch von Rainer Schorms Bilder beeinflussen, aber experimentieren zu wenig. 

Mit knapp vierhundert Seiten und der angesprochenen Vielzahl von wirklich qualitativ hervorragend wiedergegebenen Bildern, im späteren Interview Abschnitt auch frühen schwarzweiß Zeichnungen ist “Fantastische Wirklichkeiten” alleine von seiner optischen Qualität nicht nur ein Meilenstein für den p.machinery Verlag, sondern gibt einen sehr guten Überblick über die graphische Seite Rainer Schorms. Die Kurzgeschichten sind stilistisch von überzeugender Qualität, im Science Fiction Bereich nutzen die Autoren klassische Themen effektiver, um in Kombination mit den graphischen Begleitern die Phantasie der Leser zu beflügeln. 

Aber selbst als klassisches Coffee Table Book macht der prächtige Bildband in dem ungewöhnlichen, aber handlichen Format sehr viel her. Man kann es immer wieder in die Hand nehmen, durchblättern und die Details auf den einzelnen Seiten in Ruhe betrachten.  

  

    

           

Jörg Weigand (Hrsg.)
FANTASTISCHE WIRKLICHKEITEN
Die Bilderwelten des Rainer Schorm
AndroSF 141
p.machinery, Winnert, September 2021, 376 Seiten, Hardcover
ISBN 978 3 95765 250 8 – EUR 37,90 (DE)
E-Book: ISBN 978 3 95765 847 0 – EUR 9,99 (DE)