Das Haus Zamis 65- Guardian

Logan Dee & Michael Marcus Thurner

Logan Dee und der momentan auf seinem Motorrad durch die Welt tourende Michael M. Thurner setzen die Ereignisse um den vollzogenen Untergang der Zamis in diesem Doppelband fort. 

Vielleicht wurde deswegen der Plot in Michael M. Thurners Teilroman aus dem kompakten Serienkosmos herausgelöst. Es ist weder ein klassischer Füllstoff noch eine Art Lückenfüller. Nicht umsonst bezieht sich der Gesamttitel des Buches auch eher auf Thurners Hälfte. Die grundlegende Geschichte eines Engels, der auf die Erde kommen und unter den nicht nur  sterblichen Menschen, sondern als Ergänzung den Dämonen wandeln möchte, ist nicht unbedingt neu. Schon Wim Wenders hat ihr in “Der Himmel über Berlin” einen entsprechenden Kontext gegeben. Aber Thurner ergänzt seine Geschichte um eine Reihe von historisch verbürgten Persönlichkeiten und integriert sie in ein geschichtlich für den Leser jederzeit nachvollziehbares Umfeld. Damit wird aus einem bekannten Sujet nicht unbedingt sofort ein Meisterwerk, aber Thurners Geschichte ist auch eher als eine Art Sprungbrett  für die nächsten Doppelromane anzusehen. 

Der Leser wird sich unwillkürlich die Frage  stellen, ob der Engel schließlich die Rettung der Zamis Handlungsebene sein wird. Zu Thurners besonderen Fähigkeiten als Schriftsteller gehört weniger eine stringente Handlung in seinen Einzelromanen, sondern vor allem die Entwicklung exotischer Hintergründe, meistens aus menschlicher Perspektive betrachtet. In diesem Roman dreht der Autor die Prämissen einfach um. Ein fremdes, aber nicht unfassbare fremdes Wesen betrachtet die Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen. Diese klischeeartige Ausgangsbasis könnte schnell in den Bereich des Kitsches abdriften, aber da Michael M. Thurner es vor allem hinsichtlich der Hintergründe bei Andeutungen belässt, bleibt noch viel Potential übrig. 

So beginnt der Handlungsbogen schon im 16. Jahrhundert mit den historischen verbürgten Persönlichkeiten John Dee, der Hofastronom Großbritanniens, welcher als Mathematiker und Philosoph die Schöpfung auf eher mathematische als göttliche Wurzeln stellte. John Dee wurde aber auch der Hexerei angeklagt, konnte sich durch Selbstverteidigung allerdings vor dem Scheiterhaufen retten. Mit einer Vielzahl von verschiedenen Veröffentlichungen zu unterschiedlichen naturwissenschaftlichen, aber auch religiösen Themen  erlangte er über den Adelsstand hinaus in Großbritannien Bekanntheit.   

Edward Kelley diente John Dee als Medium. Seine Vergangenheit ist illustrer. Er galt als Abenteurer und Hochstapler, allerdings wurde ihm auch nicht die Ohren abgeschnitten, wie einige Legenden behaupteten. Zu Beginn seiner Suche nach dem übernatürlichen Wesen in Form des Schöfpungsengels Anael ist  faszinierend und detailliert.   

In den letzten “Das Haus Zamis” Romanen hat sich Michael M. Thurner vor allem als morbider Chronist der Stadt Wien und seiner Einwohner erwiesen. In diesem Teilroman zeigt er literarisch eine andere Seite und kann deutlich mehr überzeugen als Lgan Dee, dessen Teil ja in den Serienkosmos intensiver eingebunden worden ist. 

Logan Dee konzentriert sich weiterhin auf Coco, welche ja unter der geistigen Beeinflussung von Monsignore Tatkammer die Wiener Villa ihrer Familie inklusiv der meisten, aber nicht aller Verwandten angezündet hat. 

Georg und ihre Halbschwester Juna versuchen sich in einer Art Zuflucht zu verschanzen. Riesige Dämonen verfolgen sie und drohen sie zu vernichten. Coco Zamis dagegen scheitert immer wieder an den ominösen Aufgaben, welche ihr das Hohe Gremium stellt. Am Ende ist sie sogar “gestorben”, wobei das innerhalb der Serie ein relativer Begriff ist. Sie landet auf dem Dämonenfriedhof. Auch der Begriff des Friedhofs als Ruhestätte der Toten und manchmal auch Untoten ist natürlich ein relativer Begriff. 

Am Ende seines Abschnitts führt Logan Dee mit Coco Zamis und Georg/ Juna die letzten verbliebenen Zamis zumindest an einem Ort zusammen. Unauffälliger als Michael M. Thurner baut der Exposeautor weiter an dem Fundament einer hoffentlich neuen Basis für die Serie. Wie mehrmals erwähnt wäre es fatal, die “verstorbenen” Zamis egal in welcher Form zurückzubringen. Damit wäre die Idee des Sterbens abschließend unterminiert. Zu oft haben die Autoren in den bisherigen immerhin fünfundsechzig Bänden auf dieses Klischees zurückgegriffen. 

Während Michael M. Thurner die Basis seiner Geschichte in historische Tatsache bettet, ist es schwer, über Logan Dees Handlungsarm ein Urteil zu bilden. Beide Teilabschnitte zeichnen sich eher durch Details als eine temporeiche Handlung aus. Michael M. Thurner hat dabei den Vorteil, den historischen Hintergrund besser extrapolieren zu können, während bei Logan Dee der Verdacht sich aufdrängt, als wenn der Autor das Tempo absichtlich ein wenig verschleppt, damit sein literarischer Partner das eigene Terrain ausführlicher vorbereiten kann. 

“Guardian” ist ein solider Beitrag zur umfangreichen “Das Haus Zamis” Serie. Er liest sich kurzweilig, aber nicht so flott. Um den Gruselfaktor zu erhöhen, baut Logan Dee am Ende seines Handlungsabschnitts noch einige Schocksequenzen ein, die in dieser Form nicht unbedingt sein müssen. Sie lassen sich gut lesen, aber wirken auch aufgesetzt. 

Für ein abschließendes Urteil ist es zu früh, aber das Fundament wird ausgesprochen ambitioniert ausgegossen. Es bleibt zu hoffen, dass auch ein schaurig schönes Gebäude von den Autoren drauf gesetzt wird.     




Das Haus Zamis 65 - Guardian

Zaubermond Verlag

202 Seiten

www.zaubermonde.de

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