Das Haus Zamis 66: Das Haus der schwarzen tränen

Logan Dee & Michael M. Thurner

Logan Dee und Michael M. Thurner präsentieren im 66. Band der Serie „Das Haus Zamis“ wieder zwei unterschiedliche Teilromane, die auf den ersten Blick handlungstechnisch noch nicht zusammengehören.

Michael M. Thurner ist dabei für die Chronologie zuständig. Über die Jahre hinweg haben die Autoren in dieser Hinsicht zweispurig gearbeitet. Zum Einen haben sie vor allem die Vorgeschichte der Zamis weit in die Vergangenheit aufgearbeitet. Dabei griffen sie auf direkte Erzählungen der noch lebenden Zamis, aber auch den Fund alter Dokumente oder separate Geschichten zurück. Nicht immer stand Coco Zamis dabei im Mittelpunkt oder auch nur am Rand der Zamischronik. Mit dieser Vorgehensweise haben sie ein komplexes Bild der mächtigsten schwarzen Familie in Wien gezeichnet, das Logan Dee mit Genuss in diesem Teilabschnitt zerstört hat.

  Zusätzlich haben die Autoren unter der Führung ihres Exposeautoren auch die Historien von verschiedenen Antagonisten in einzelnen Teilromanen entwickelt und erst am Ende einen Bezug zur laufenden Handlung hergestellt. Vor allem in den letzten Büchern hat das „Coco Zamis“ Team gerne diese Vorgehensweise genutzt, um die Bösen noch dunkler, brutaler und vor allem dreidimensionaler zu gestalten, ohne das Tempo der einzelnen Doppelbände zu verschleppen.  

Bei Michael M. Thurners Abschnitt ist der Zusammenhang mit der laufenden Handlung noch nicht klar. Seine Geschichte beginnt im 16. Jahrhundert der einer jungen Dämonin, welche ihr Vater in einer süditalienischen Menschenfamilie untergebracht hat. Der Autor lässt sich sehr viel zeit, den Hintergrund der Familie, aber auch das Leben in diesem Jahrhundert zu beschreiben. Natürlich gibt es einen Widerspruch zwischen den Erziehungsmethoden und den wachsenden dämonischen Kräften. Diese Idee ist nicht neu. Im Grunde  handelt es sich nicht nur um einen gerne verwendeten Plot, sondern eine Spiegelung der ersten Bände, in denen ja die junge Hexe von Dämonin erzogen, aber von deren Verhalten abgestoßen worden ist. Dabei hat auch die Odyssee zu diversen bizarr beschriebenen „Verwandten“ nicht wirklich geholfen.

Sie wird schließlich in die Hand eines die Kirchengesetze in seine Richtung interpretierenden Priester gegeben. Das Zölibat ist auch kein Thema, wobei er anscheinend nicht auf kleine Jungs steht. Auch mit der Hölle und dem Fegefeuer steht er nicht auf Kriegsfuß. Auch das ist weder außerhalb noch innerhalb der Serie eine neue Idee. Wie oft haben die Priester die Seiten gewechselt? Michael M. Thurner verweilt nicht lange bei diesem Handlungsabschnitt und startet nach der erziehungstechnischen Befreiung vom Joch des “Kirchendieners” eine wahre Europareise. Vor allem an den Fürstenhöfen findet die Dämonin reichlich schwache Seelen, an denen sie ihre Triebe ausleben kann.

Am Ende schwenkt der Plot schließlich in Richtung Serienkontinuität und ein bekannter Charakter wird auf sie aufmerksam. Es ist ja nicht das erste Mal, das jemand rekrutiert wird, um mit den Zamis abzurechnen.  Zu auffällig und passend ist das Verhalten der Dämonin gewesen.

Auf den knapp über einhundert Seiten packt Michael M. Thurner sehr viel Stoff in die Handlung. Dadurch ist das Tempo hoch und der Österreicher muss nicht bei einigen sadistischen Szenen verweilen, um Stimmung zu machen. Eine echte Spannung kommt allerdings auch nicht auf, da der Autor bekannte Serien- und Genremuster nicht verlässt und im Grunde zu wenig provoziert. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich der Handlungsstrang um die Dämonin entwickelt, auf einem potentiellen Konfrontationskurs mit den Zamis befindet sie sich indirekt auf jeden Fall am Ende des Teilromans.

Logan Dee nimmt den Handlungsfaden um Coco Zamis und das hohe Gremium. Der Hexe, angeblich Schuld am Tod ihrer eigenen Familie, werden verschiedene Aufgaben gestellt. Das Ziel ist endgültig eine Umerziehung im Sinne des hohen Gremiums, an dem bislang verschiedene Antagonisten bis hin zu Asmodis teilweise kläglich gescheitert sind. Asmodi soll eine weitere Chance erhalten. Natürlich wird ihm auch beim Scheitern mit entsprechenden Konsequenzen gedroht. 

 Das Szenario um die einzelnen Aufgaben wird jetzt durch eine Art Erziehungsheim erweitert- das Haus der schwarzen Tränen. Dort sollen die noch nicht ausreichend dämonisierten Mitglieder der jeweiligen schwarzen Familien auf Linie gebracht werden. Eine interessante Idee, wobei Logan Dee sich ein wenig den Vorwurf gefallen lassen muss, das Dämonenuniversum quasi improvisierend zu erweitern. In den über sechzig Abenteuern mit unzähligen Dämonen fast jeglicher Art wurde von diesen Erziehungsheimen bislang nichts berichtet. Aber Logan Dee will sich nicht nur auf dem metaphorischen Schlagstock und die entsprechende Gehirnwäsche verlassen. Coco Zamis trifft auch auf eine alte Freundin.

Logan Dee versucht nicht nur mit dem seine Insassen erniedrigenden Haus der schwarzen Tränen einen neuen Aspekt zu etablieren, gleichzeitig schaut er mit der Freundin weit in Coco Zamis Vergangenheit. In den ersten aus Nachrucken bestehenden Büchern dieser Serie haben die damaligen Autoren schon einzelne Facetten von Coco Zamis Jugend als eine gegen ihre Abstammung rebellierende junge Frau beschrieben. Logan Dee versucht diese Idee zu vertiefen. Allerdings wirken die Szenen mit der Freundin fast am Rande des Klischees von unbeschwertem Spiel (nicht doppeldeutig gemeint) erzählt und erscheinen in dem dunklen Szenario wie Fremdkörper.  Vor allem weil der Bogenschlag zur Gegenwart nicht wirklich gelingt.

Am Ende des Buches überschlagen sich die Ereignisse und Logan Dee findet wieder eine „Deus Ex Machina“ Lösung, welche die verbliebenen Familienmitglieder der Zamis ein wenig näher zusammenbringt.   

Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Handlung entwickelt. Aber mit dem hohen  Gremium und dem Guardian verfügt das „Coco Zamis“ Universum über zwei radikale Elemente, die für Belebung sorgen. Der Doppelband ist solide Unterhaltung, aber aufgrund der angesprochenen Schwächen und kleineren inhaltlichen Konstruktionen auch kein Meilenstein in diesem Unterzyklus.

DAS HAUS ZAMIS Buch 66: „Das Haus der schwarzen Tränen“

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