I talked with a Zombie

Tom Weaver

Seit mehr als zwanzig bzw. seit dem Erstdruck dieses Buches dreißig Jahren interviewt Tom Weaver heute teilweise vergessene Stars des B- und C- Films. Fast alle Interviews – eines hat Preston Neal Jones mit dem Komponisten Hans J. Salter geführt – sind ebenso reichhaltig und interessant bebildert wie die vorliegende Paperbackausgabe sowohl in „Starlog“ als auch „Fangoria“ erschienen. Aufgrund der Fülle der Interviews über viele Jahre hat Tom Weaver selten Gelegenheit, diese Gespräche – und es sich offensichtlich Gespräche und keine per E- Mail geführten Frage/ Antwortspiele – chronologisch zu ordnen. In jedem dieser empfehlenswerten Sammelbände sind die Interviews sklavisch alphabetisch geführt, um Keinen zu bevorzugen. Daher muss angesichts übergreifender Themen wie „Time Tunnel“ oder die ersten noch live aufgeführten SF Fernsehserien der Leser ein wenig springen.  

 Wie unterschiedlich Karrieren in Hollywood ablaufen können, zeigen die ersten beiden Interviews mit Richard „The Sadist“ Alden und Eric „Colossus“ Braeden. Während Alden einige Entscheidungen im Verlauf seiner Karriere bedauert und der Low Budget Streifen „The Sadist“ aufgrund mangelnder Vertriebserfolge nicht zum Durchstarten seiner Karriere reichte, musste der im Fernsehen und im Theater unter anderem mit Curd Jürgens erfolgreiche Hans Gudegast zu seinem Erfolg gezwungen werden. Er änderte seinen Namen für „Colossus“ und begann dann einer erfolgreiche Karriere mit einer der „Planet der Affen“ Fortsetzungen und schließlich der Rolle des ehrenhaften Astros in „Titanic“. Alden beschreibt, wie er immer wieder Rollen gegen besser aussehende und schlechter agierende Konkurrenten verloren hat. Trotzdem hat er sich ein optimistisches Gemüt bewahrt, während Braeden zwar die Episode mit Curd Jürgens wiedergibt, in der er ihm mit seinem deutschen Namen ausschließlich Nazirollen prophezeite, aber nicht reflektiert, dass Jürgens zusammen mit  Hardy Krüger sich trotzdem in Hollywood unter deutschen Namen durchsetzte. In beiden Interviews geht Tom Weaver sehr ausführlich auf deren bekannteste Filme ein. Eric Braedens Interview fand einen ag nach der Jubiläumsaufführung des Films in einem gigantischen Kino statt, wobei der Eindruck des Films noch frisch ist und viele Episoden über die Dreharbeiten authentisch erscheinen. Richard Alden gibt einen markanten, signifikanten und teilweise auch bedenklichen Einblick in die Produktion eines Low Budget Streifens, in dem mit echten Kugeln geschossen werden musste, weil das Geld für Trickeffekte niemals ausgereicht hat. Auch wenn sich Alden auf einen Streifen „The Sadist“ konzentrieren muss, während Braeden auch auf die „Planet der Affen“ Mitarbeit eingeht, wirkt das erste Interview sympathischer, vielschichtiger und „realistischer“, weil es eine gänzlich andere Seite einer im Sande verlaufenen Minihollywoodkarriere ohne Mitleid, aber auch ohne Pathos beleuchtet. Ohne Frage hat Braeden mit seiner Rolle in der täglichen Soap „The Young and the Restless“ auch das ganz große monetäre Los gezogen. Mehr als fünfundzwanzig Jahre spielt er bei dieser Serie mit und versucht die anstrengende Arbeit einer täglich ausgestrahlten Fernsehserie in ein Verhältnis zu den aus seiner Sicht eher geruhsamen Kinofilmproduktionen zu bringen und sich dabei auch ein wenig zu rechtfertigen.  

Höhepunkt der Interviews ist allerdings das Gespräch mit dem Kinderstar der zweiten Garnitur Charles Herbert. Er trat unter anderem in „The Fly“ oder „13 Ghosts“, mit Doris Day oder Rock Hudson auf. Offen spricht er über die mangelnde schulische Ausbildung der Stars; den Druck, die Eltern ernähren zu müssen und die Leere, mit achtzehn Jahren nach fünfzehn Jahren im Geschäft plötzlich Schauspielerei lernen zu müssen. Ohne Geld, das die Eltern zum Leben verbraucht haben. Er plädiert für eine bessere Aufsicht der Kinder und spricht offen davon, nach fast vierzig Jahren endlich Drogen frei zu sein. Dabei fügt er gute Informationen zu den Filmen hinzu, bei denen er mit gewirkt hat. Tom Weaver führt Charles Herbert nicht nur eindrucksvoll, er überwindet die Mauer der Antipathie, wieder über die eigene Jugend sprechen zu müssen und gelangt am Ende des eindrucksvollen Gesprächs zu einer erdrückenden Schlusserkenntnis, dass Leinwandruhm am Vergänglichsten ist. Charles Herbert präsentiert sich vor allem als ein Mann, der nichts bedauert, auch wenn er weniger Fehler als seine Eltern gemacht hat. Das Gegenbeispiel könnte Betta St. John sein, die ebenfalls als Kinderstar allerdings dank ihrer Eltern mit sehr viel mehr schulischer Erziehung begonnen hat. Neben einigen britischen Horrorstreifen wie „Corridor of Blood“ ist sie in erster Linie heute durch das Mitwirken an manchem „Tarzan“ Film bekannt geworden. Sie spricht einen weiteren roten Faden an, der sich durch viele der Interviews zieht. Das aufkommende Fernsehen und das Ende der Vertragsschauspieler. Jener schweigenden Mehrheit, die es nicht zum Star geschafft hat und die lange Zeit wie Sklaven in den Filmproduktionen eingesetzt worden sind, welche die Studios in den ihnen lange Zeit angeschlossenen Kinos verwertete. Neben einigen detaillierten Informationen über ihre zahlreichen Filme gibt sie ein interessantes Bild einer ganzen Kasten von im übertragenen Sinne Schafe, die plötzlich mit dem ersten Ende des Kinobooms konfrontiert worden sind. Wer sich nicht im Notfall budgettechnisch nach unten anpasste oder zum Fernsehen wechselte, musste wie zum Beispiel der ebenfalls interviewte William Reynolds seinen Schauspielerberuf aufgeben und einen anderen Broterwerb suchen. Reynolds ist dabei stolz auf die beiden Berufe, die er über mehrere Jahrzehnte ausgeübt hat und sieht seine Schauspielerzeit auch als Gesellenzeit hinsichtlich seiner späteren Tätigkeiten.    

Aus den fünfziger Jahren des Monsterkino kommend stellen sich Maury Dexter und Pat Fiedler. Pat Fiedler als eine der wenigen Frauen, die Exploitationfilme wie „The Monster that challenged the World“ oder „Return of Dracula“ verfasst hat, spricht voller Bewunderung und Verwunderung über ihre Karriere, die als Sekretärin durch einen  Zufall begann. Es ist erstaunlich, wie viele Informationen Tom Weaver mit einer Mischung aus gut vorbereiteten Fragen und der Aufnahme roter Fäden aus der sympathischen, bescheidenen Pat Fiedler herausholt. Sie spricht mit Respekt über ihre Kollegen und vor allem über ihre Ideen, Frauencharaktere in ihren Drehbüchern dreidimensionaler und zugänglicher zu machen. Maury Dexters Karriere vom Produzenten der dritten Kraft Regal Films bei den B- Streifen nach Corman und AIP basiert ebenfalls auf einem Zufall, dass er der richtige Mann am richtigen Ort gewesen ist und sich anfänglich nicht zu schade war, auch Handlangerarbeiten zu übernehmen. Anschließend dominiert allerdings karrieretechnisch seine Persönlichkeit. Er stellt sich nicht selten unbewiesen in den Mittelpunkt und wirft Widersprüche zu anderen von Tom Weaver interviewten Kollegen auf, die der Fragesteller anschließend ignoriert. Diese Vorgehensweise ist auf der einen Seite ohne Frage pragmatisch – man verärgert den jeweiligen Gesprächspartner nicht -, aber auch symptomatisch, da konträre Aussagen im Raum stehen bleiben. Bei beiden Interviews erfährt der Leser aber sehr viel über heute eher unbekannte Filme wie „The Day Mars invaded Earth“. Es ist erstaunlich, mit welch primitiven Mitteln effektive Szenen gestaltet werden konnten und wie billig einige der Streifen entstanden sind. Unabhängig von ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten malen sowohl Maury Dexter als auch Pat Fiedler eine Ecke des phantastischen Exploitationsfilme in der Ebene unter Corman/ AIP aus, über die heute nur noch sehr wenig zu lesen oder gar zu hören ist.  

In diese Kategorie muss auch das ausführliche Interview mit Tandra „Mesa of lost Women“ Quinn gepackt werden. Erst in den letzten Jahren ist dieses C- Picture zu seinem Kultstatus gekommen und in einem sehr offenherzigen Interview gibt Tandra Quinn nicht nur einen Überblick über den Originaldreh, während sie zu den Nachbearbeitungen ein Jahr später wenig sagen kann. Ihr Verhältnis zum Regisseur, der mit einer fiktiven Geschichte aus Deutschland kommend Eindruck machen wollte und schließlich ihre Karriere vor und mit zwei weiteren B- Filmen nach „Mesa of lost Women“. Da über diesen Streifen so gut wie nichts bekannt ist, schließen die persönlich gefärbten Anmerkungen eine wichtige filmhistorisch vielleicht nicht unbedingt relevante Lücke.

Einer der Schwerpunkte dieser Ausgabe ist Fernsehen. Dabei wäre es sinnvoller gewesen, die streng alphabetische Sortierung der Interviews zu durchbrechen. So finden sich Gespräche mit drei der wichtigsten Hauptdarsteller von „Time Tunnel“ in dieser Sammlung. Neben Robert Colbert spricht Weaver mit James Darren und Lee Merriweather. Ihre Erinnerungen an diese Irwin Allan Produktion stimmen nicht gänzlich überein und teilweise verweist Weaver in seinen Fußnoten auf diese Diskrepanzen. Trotzdem ergeben die drei sehr ausführlichen Gespräche ein vielschichtiges Bild hinsichtlich der aufwendigen Produktion und der damaligen Bedeutung der Serie, die im Sendeplatz gegenüber „Man from U.N.C.L.E.“ und „ The Wild Wild West“ sowie „Tarzan“ in den Vorvideorecorderzeiten wenig Chancen auf ein Überleben gehabt hat. Robert Colbert macht den Auftakt und berichtet von seinen bescheidenen Anfängen; seiner Pleite mit einem Restaurant und schließlich dem Jahr des Ruhms, in dem „Time Tunnel“ anlief. Mit seiner Karriere im Großen und Ganzen zufrieden präsentiert sich Colbert allerdings auch als Mann, der vielleicht noch einmal den Kick des Fernsehens oder des Kinos braucht.  Auch Lee Merriweather geht auf ihre ganze Karriere ein, wobei sich die sympathische Frau nicht nur als „Batman“ Fan seit vielen Jahrzehnten entpuppt, sondern ausführlicher über ihre Rolle als „Cat Woman“ im populären Kinofilm „Batman hält die Welt in Atem“ spricht. Sie geht auf viele Details insbesondere bei Low Budget Produktionen wie „The 4D Man“ ein, während „Time Tunnel“ nur oberflächlich abgehandelt wird. Der Dritte im Zeitreisebunde ist James Darren, der ausschließlich anlässlich der Veröffentlichung der zweiten Halbstaffel von „Time Tunnel“ nur über die Serie fast referiert und die meisten Details liefert, die stellenweise im Widerspruch zu Robert Colberts Antworten stehen. Es ist schade, dass Weaver für die Buchveröffentlichung diese drei Interviews nicht aktualisiert und ein wenig aufeinander abgestimmt hat, damit ein dreidimensionalerer Eindruck dieser Irwin Allen Produktion entsteht.    

Über künstlerisch gescheiterte Projekte wie die kurzlebige „Planet of the Apes“ Reihe spricht Ron Harper. Neben zahlreichen Hintergrundinformationen versetzt er die Leser wirklich in die Zeit zurück, in welcher die zugrunde liegenden Kinofilme Kassenknüller gewesen sind und die Dank der Wiederbelebung der Serie wieder vor der Tür stehen. 

Ein wichtiger Aspekt der Interviewsammlung sind die ersten Space Opera Science Fiction Fernsehshows, die bis auf die eingeblendeten visuellen Effekte live über den Sender liefen. Frankie Thomas, Al Markin und Jan Merilin sprechen über die dreimal wöchentlich ausgestrahlte erste SF Serie „Tom Corbett, Space Cadett“ mit einem außerirdischen Venusianer an Bord, der als Vorbild für Mr. Spock gedient haben könnte. Jimmy Lydon spricht über die sich eher an ein jugendliches Publikum wendete „Rocky Jones, Space Ranger“ Abenteuer. Alle vier Interviewten geben einen ausgezeichneten Überblick über die Situation des damaligen Fernsehens immer noch als Stiefkind des Kinos; die rasante Geschwindigkeit, mit welcher die Serien heruntergedreht worden sind und die unglaubliche Popularität, die sie insbesondere bei jugendlichen Zuschauern erlangten. „Tom Corbett, Sapce Cadett“ wird einigen SF- Lesern durch die Verwendung eines Robert A. Heinlein Titels – das Thema wird auch angesprochen – bekannter sein, während „Rocky Jones, Space Ranger“ thematisch vielfältiger gewesen ist. Mit fast kindlicher Freude berichten alle Vier über eine anstrengende Zeit, die sie aber nicht missen möchten. Gleichzeitig schließen diese Gespräche ein weiteres Kapitel phantastischer Fernsehgeschichte mit Augenzeugeninformationen zufrieden stellend und vielschichtig ab.   

 Tom Weaver ist ein erfahrener Interviewer, der ungewöhnlich in einigen der hier versammelten Interviews seine Gesprächspartner politisch argumentieren lässt – Braeden geht auf die aus seiner Sicht zu toleranten Einwanderungsgesetze ein, die industriell gebilligt werden -, um sie vor dem Überschreiten von Grenzen wieder einzufangen oder auf geschickte Art und Weise wie beim als Erwachsener anfänglich gescheiterten Kinderstar Charles Herbert, der förmlich zum Erzählen seiner ersten Schauspielererfahrungen trotz anfänglicher Abneigung geschickt “gezwungen“ wird.  Zu den umfangreichsten und trotzdem vielschichtigsten Interviews gehört das Gespräch mit Ann Carter, das schon im „Video Watchdog“ abgedruckt worden ist. Mit einem Meisterwerk „Curse of the Cat People“ hat sie sich in die Herzen von Genrefans gespielt. Sie ist einer der Menschen, für den schließlich eine Lehrertätigkeit und damit das ruhigere familiäre Leben mehr bedeutet hat als die nicht selten vergebliche Suche nach Ruhm. Leider enttäuschen auch einige Interviews. Robert Conrad spricht in erster Linie über die Stunts bei „The Wild Wild West“ anlässlich der DVD Veröffentlichung und stellt sich zu sehr in den Vordergrund. Der Leser fragt sich, warum Fotos von Stuntmen veröffentlicht worden sind, wenn insbesondere Conrad angeblich alles selbst gemacht hat. Das ganze Interview wirkt unrund.  Auf der anderen Seite spricht Richard Gordon alleine aus Vermittlersicht über die schwierige Produktion des „Svengali“ Remakes mit Hildegard Neff – für deutsche Leser anfänglich befremdlich, da Hildegard Knef ihren Namen für einige amerikanische Produktionen änderte – und Robert Newton, der schließlich nach Alkoholexzessen die Produktionen verlassen musste. Obwohl es ein themenspezifisches Gespräch ist, das in erster Linie auch Leser interessiert, welche das „Svengali“ Remake gesehen haben, werden auf unterhaltsame Art und Weise eine Reihe von Hintergrundfakten präsentiert. 

Prestor Neal Jones Interviews mit Hans J. Salter stammt aus einer der frühsten „Cinefantastique“ Ausgaben. Im Nachgang erläutert Tom Weaver, dass zumindest die Wiederauflage von Salters erfolgreichsten Filmmusiken läuft. Thematisch mit einem Schwerpunkt auf einigen Horrorproduktionen allerdings der fünfziger und sechziger Jahre passt das Interview in diese Sammlung. Ausführlich und sehr beredt geht Salter auf diese Ära ein. Da die zugrundeliegende „Cinefantastique“ Ausgabe relativ selten geworden ist, rundet es diese auch mit seltenen Fotos überdurchschnittlich bebilderte und sehr empfehlenswerte Interviewausgabe auf einem hohen Niveau ab. 

Print ISBN: 978-0-7864-9571-9


164 photos, index
360pp. softcover (7 x 10) 2014

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