Cotton Reloaded 23- "Die Unsterblichen"

Peter Mennigen

Peter Mennigens Romane gehören leider zu den schwächsten Beiträgen zum Remake der „Jerry Cotton“ Serie. Und „Die Unsterblichen“ beweist nachdrücklich, warum das der Fall ist. Einen inneren, überzeugenden Spannungsaufbau gibt es nicht. Nach dem zum Hauptfall gehörenden Prolog schafft es Cotton zum wiederholten Mal, durch seine Impulsivität und Unvorsichtigkeit eine lange andauernde Ermittlungen brachial zu beenden. Dabei wird er verwundet und lernt eine Krankenschwester kennen, die ihn später zu Gunsten des Hollywood Ruhmes verlassen wird. Während das Eine leider den üblichen Klischees entspricht, erscheint bei Cottons Vorgehensweise im Grunde Mr. Highs Geduld gesprengt zu werden. Alleine dessen Reise nach Washington scheint Cotton zu retten. Da diese „Unzuverlässigkeit“ sich durch die Serie zieht, erscheint es trotz oder vielleicht auch wegen der unorthodoxen Erfolge unwahrscheinlich, dass man Cotton nicht in eine Agentenbesserungsanstalt schickt.

Der zu untersuchende Fall handelt wieder von einem Massenmörder, der auf bestialische Art und Weise ältere, aber noch attraktive Frauen umbringt. Schnell findet der Computerfreak heraus, dass alle Frauen in B- bzw. C- Filmen des „Hellfire“ Studios mit gespielt haben und das der psychopathische Mörder diese Szenen nachstellt. Das FBI beschließt, die Frauen aus Kalifornien nach New York zu bringen und den Täter aus seinem bekannten Territorium zu entfernen, um ihm so eine Falle zu stellen. Peter Mennigen spult den Fall relativ mechanisch ab. Da die „Cotton Reloaded“ Romane bislang immer auf das Prinzip eines Täters aus der Mitte der handelnden Personen zurückgegriffen haben und eine Frau nicht in Frage kommt, ist der Täterkreis sehr stark eingeschränkt und ein Durchbrechen der Muster direkt unter Cottons Augen führt zu einem relativ im Vergleich zum Romanumfang langen Showdown, in dem Mennigen im Kern auch keine echte Spannung aufbauen kann. Natürlich sind die Mordszenen unangenehmen detailliert beschrieben und versuchen einige Perversionen des Slashergenres nachzuahmen, aber spätestens seit den „Dr. Phibes“ Streifen, „Theater des Grauens“ oder „Sieben“ fällt es schwer, dieser Idee neue Impulse zu geben.  Und das ist eine der größten Schwächen des vorliegenden Heftes. Peter Mennigen hat kein Gefühl für das Subgenre. Anstatt diese Idee zumindest im Umfeld der B- Filme aufzubauen, begnügt er sich mit einem Hinweis auf die perverse Neugierde des unwissenden Publikums, das in Massen in eine der wenigen Kinoaufführungen strömt, in dem eines der Opfer auf die gleiche Art fiktiv wie in der bitteren Realität umgebracht wird. Vielleicht hätte sich der Autor ein wenig mehr in die B- Filmszene einarbeiten sollen, Absurditäten vorstellen und daraus für seine Handlung Spannung zu beziehen. So bleibt im Grunde alles oberflächlich.

Ein weiteres, auch für Peter Mennigen nicht untypisches Problem, ist die Charakterisierung und Führung der Personen. Die letzten „Cotton Reloaded“ Romane haben das auch teilweise in den Bereich des Flirts gehende Zusammenspiel zwischen Decker und Cotton betont und insbesondere die Figur der Decker deutlich über die Klischees der vermögenden Karrierefrau hinaus ausgearbeitet. „Die Unsterblichen“ stellt ein Rückfall dar, da Decker bis auf den letzten Akt während des finalen Showdowns nicht eingreift. Dadurch entsteht ein Vakuum, das selbst das Aufwachen mit einer attraktiven, nackten Frau im Bett nach Schmerzmitteln und Alkohol nicht füllen kann. Anstatt sich den Opfern ein wenig mehr zu widmen und diese Frauen im Vorwege oder die Überlebenden während der bizarr erscheinenden Widerbegegnungsfeier individuell zu beschreiben, bleibt bis zum Täter alles oberflächlich. Wenn dieser natürlich während der finalen Tat seine Motive zu erläutern sucht, verbindet sich das Klischee mit der Langeweile. Warum hat der Mann so lange gewartet ? Stünde wenigstens ein Filmdeal im Raum, dann könnte man es noch verstehen, aber derartig isoliert macht die Sache keinen Sinn. Unabhängig von der Tatsache, dass anscheinend alle Frauen aus der Betäubung erwachend sich nicht erinnern an einen ihrer früher wichtigsten Kollegen können. Natürlich sind die Situationen drastisch, aber derartige Erinnerungslücken könnten nur subjektiv auf der Suche nach einem Romanhöhepunkt ignoriert werden.

Der Titel soll den Mythos des Zelluloidlebens betonen, wirkt aber konträr zu der simplen und wenig unterhaltsamen Handlung in einem der leider schwächsten, wieder aus Peter Mennigens Feder stammenden „Cotton Reloaded“ Romane seit Monaten.          

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 2149 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 101 Seiten
  • Verlag: Bastei Entertainment (14. August 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
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