Das Haus Zamis 40- Eiland der Toten

Uwe Voehl, Susanne Wilhelm, Christian Schwarz

Das Doppelabenteuer „Eiland der Toten“ beendet auf eine rückblickend erstaunlich einfache Art und Weise Cocos Abhängigkeit von Asmodis. Das zusammenhängende Element der beiden Abenteuer „Eiland der Toten“ von Susanne Wilhelm und „Schwarze Hochzeit“ von Christian Schwarz ist die Idee der Dämonenpest, eine Variation der bekannten die Menschen dahin raffenden Seuche.

In „Eiland der Toten“ wird Coco Zamis mit ihrer Schwester Lydia auf eine geheimnisvolle, abgeschiedene Insel vor der Küste Frankreich geschickt. Die Insel steht zum Verkauf und Asmodis interessiert sich für sie. Zusammen mit einer Handvoll exzentrischer und anscheinend reicher Männer inklusiv Frauen oder Freundinnen setzen Coco und Lydia über. Während sich Lydia relativ schnell mit einigen willigen Männern zu amüsieren sucht, spürt Coco die morbide nihilistische Atmosphäre der Insel. Als relativ schnell durch Selbstmorde und lebendige Tote die Gruppe dezimiert wird, ahnt sie, das Asmodis Absichten deutlich tiefer gehen. Auf der Parallelhandlung erfährt der Leser von Doktor Grieshabers Experimente, ein Mittel gegen die Pest zu finden. Dabei weißt ihm ein geheimnisvoller Besucher immer obskurere Wege, um die Pest zu heilen. Grieshaber experimentiert mit Menschen, während er gleichzeitig seine pädophilen Neigungen auslebt. Am Ende greift er sogar in den Bereich der Mystik zurück. Dazwischen tummelt sich noch ein Geistermädchen, das insbesondere Coco eine Reihe von Ratschlägen gibt. Auch wenn der Plot der „zehn Negerlein“ Strategie von Agatha Christie folgt, hat Susanne Wilhelm eine Reihe von interessanten, teilweise brutalen Ablenkungen eingebaut. Nicht alles wirkt konsequent entwickelt und die Idee, das Grieshabers sexuelle Neigungen im Grunde auf die Opfer überspringen, die selbst sadistisch/ brutal andere Menschen quälen, wirkt eher mechanisch entwickelt. Hinzu kommen die Demonstranten zu Beginn des Buches, die nach einer missglückten Besetzung der Insel lange Zeit förmlich aus der Handlung verschwinden. Die Doppelebene erlaubt auf der einen Seite ein wichtiges Plotelement an die Gegenwart heranzuführen, verschleppt auf der anderen Seite leider auch das Tempo dieser geradlinigen, stimmungsvollen, aber nicht immer in sich originellen Geschichte.

Im Gegensatz zum hektischen und wenig befriedigenden Ende von „Schwarze Hochzeit“ überschlagen sich auch bei „Eiland der Toten“ die Ereignisse und Susanne Wilhelm überrascht in doppelter Hinsicht mit einem Paukenschlag. Asmodis ist brüskiert worden und gleichzeitig frustriert. Diese Wut will er natürlich an den Zamis auslassen und zwingt Coco entweder vordergründig oder nachhaltig – dieser Punkt wird erstaunlich ambivalent von beiden Autoren behandelt – eine schwarze Hochzeit mit ihm einzugehen. Als Belohnung soll sie ihr ungeborenes Kind wieder erhalten. Cocos Einwilligung wirkt angesichts des Preises zu bereitwillig und zu schnell. Auf der anderen Seite macht die Grundidee auch wenig Sinn, da die Zamis Coco angesichts des Preises durchaus vorläufig in Form einer Hochzeit und nicht einer Hinrichtung opfern könnten. Das ist im Verlaufe der Serie schon öfter geschehen. Zumindest schlägt Susanne Wilhelm den Bogen zum wenig stringenten, eher von Stimmungen dominierten zweiten Teil dieses Doppelbandes.

Aldamar Zamis trifft Rom auf eine faszinierende Frau, nachdem er an einem dämonischen Bal teilgenommen ist. Sie erregt ihn und er will sie unbedingt haben, während sie sich ziert und beginnt, mit ihm Spielchen zu treiben. Christian Schwarz entwickelt vor dem stimmungsvollen Hintergrund des dekadenten Roms ein Spiel aus Lust und Leid, das in mehrfacher Hinsicht einen beeindruckenden Höhepunkt hat. Allerdings nimm es auch rückblickend und nicht unbedingt während der Lektüre sehr viel Raum ein, der dem Autoren nicht zum ersten Mal bei den „Das Haus Zamis“ Romanen fehlt. Mit einer sorgfältigeren Planung hätte „Schwarze Hochzeit“ angesichts des Potentials noch einen Hauch besser werden können. Susanne Wilhelms Teil endet auch relativ abrupt, aber sie beendet nur einen Handlungsabschnitt, während Christian Schwarz im Grunde die ganze Serie um Cocos Knechtschaft und die Entführung ihres ungeborenen Babys abschließen soll und muss. 

In der Gegenwart versuchen die Zamis Cocos Fötus aus der Hand Asmodis zu befreien. Dazu müssen sie einem Geist ein entsprechendes Opfer darreichen, damit sie den Aufenthaltsort des ungeborenen Kindes in New York erfahren.

Während die Bedeutung der Vergangenheitshandlung nur dem aufmerksamen Leser sich gleich entschließt, sie aber während der finalen Auseinandersetzung eine wichtige, aber leider nicht so gewichtige Rolle spielt, beginnt die Gegenwartshandlung dunkel und brutal, endet aber in einer Art „Mission Impossible“ für Dämonen zu einfach. Bedenkt man, welchen Wert dieser Fötus für Asmodis und seinen Einfluss direkt auf Coco und zumindest indirekt auf die Zamis hat, erscheint es unwahrscheinlich, dass er das Kind zwar schützen, so viele Flanken aber offen lässt. Eine kontinuierliche Überwachung der Zamis hätte schon ausgereicht, um ihm zu signalisieren, dass diese dunkle Wiener Familie sich plötzlich auf den Ort zu bewegt, wo Cocos Kinds gefangen gehalten wird. Da hilft selbst die manipulierte Botschaft aus dem ersten Teil sehr wenig. Die eigentliche Aktion ist solide beschrieben, wirkt aber angesichts der Herausforderungen zu einfach und Christian Schwarz baut zu wenig Spannung in sich auf, um wirklich vor allem angesichts der langen Vorbereitung zu überzeugen.

Wenn anschließend sich die Zamis auf der im ersten Band beschriebenen Insel zur schwarzen Hochzeit von Coco Zamis und Asmodis treffen, ahnt der Leser schon, dass es sich um eine Falle handelt. Asmodis Forderungen sind konsequent, aber ausgerechnet in dieser Szene kommen so viele passende Augenblicke zusammen, das man nicht glauben mag, wie leicht dieser gordische Knoten mit den Mitteln des eifersüchtig machen und provozieren durchschlagen werden kann.

Für die Serie ist es ohne Frage gut, das die Idee von Cocos Diensten nicht weiter ausgebaut wird. Diese Element drohte sich mechanisch abzunutzen und das die Zamis nach ihren langen Defensivgefechten in die Offensive gehen. Selbst der anfänglich noch zu wenig nachhaltig entwickelte Adalmar wird zu einer interessanten Figur, die im Gegensatz zum arroganten Auftreten beim Putsch gegen Michael Zamis inzwischen nicht nur über entsprechende Fähigkeiten und ein gesteigertes Lustempfinden verfügt, sondern im Vergleich zu den anderen Familienmitgliedern sehr viel effektiver Schwachstellen im Auftreten des Gegners erkennen und vor allem ausnutzen kann. Die Reduktion des arroganten Asmodis in doppelter Hinsicht auf ein „menschlich“ emotionales Wrack inklusiv entsprechender spontaner Reaktionen ist gewöhnungsbedürftig und ob er sich tatsächlich so lange so effektiv von einer Frau hätte täuschen lassen, die der Katalysator aller Ereignisse in diesem Doppelband ist, sollte an andere Stelle hinterfragt werden. Notwendig erscheint diese Vorgehensweise nur, um die lang laufende Serie hinsichtlich einer finalen Konfrontation abzuschließen und die Türen mit dem nächsten Doppelband in Richtung Vergangenheit und Zukunft zugleich zu stellen.

Trotz des zu hektischen Abschluss ist „Eiland der Toten“ zusammengefasst angesichts der Mischung aus Sadismus und Lust inklusiv der atmosphärisch überzeugend beschriebenen Insel mit ihren Geheimnissen ein kurzweilig zu lesender Doppelband, in dem Coco anfänglich eher unter konstruierten Vorzeichen gebracht und vielleicht auch als Helferin missbraucht wird, während die Aktionen der Zamis im zweiten Teil des Doppelbandes sehr gut zeigen, über welches Potential die Familie verfügt, wenn sie sich erstens einig sind und zweitens sie zu sehr in die Enge getrieben werden. Ein zufrieden stellender, allerdings aufgrund  der unnötigen Hektik am Ende – der Leser mag kaum glauben, wie leicht schließlich der finale „Sieg“ errungen wird – auch zu abrupter beendeter Roman. Als Ganzes betrachtet ist Uwe Voehl ungeachtet der kleineren Schwächen am Ende dieser Miniserie wieder ein interessanter, sadistisch erotischer Zyklus gelungen, der viele lose Enden wieder zusammenführt und vor allem die Zamis mit dem Auftreten Adalmars um eine weitere, noch ohne Frage ausbaufähige Figur bereichert.              

Zaubermond Verlag,

Taschenbuch, 210 Seiten

Erschienen Dezember 2014

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