Heliosphere 29 "Project NORTHSTAR"

Project Northstar, Heliosphere 2265, Band 29, Rezension, Thomas Harbach
Andreas Suchanek

Mit “Projekt NORTHSTAR” wird der Mittelabschnitt der inzwischen dritten „Heliosphere 2265“ Miniserie eingeleitet. Die Grundkonstellationen sind teilweise dem Leser aus den ersten zwölf Heften vertraut. Neben der allgegenwärtigen Paranoia der Plan hinter dem Plan hinter dem Plan. Was in den ersten Heften faszinierend verstörend und immer wieder überraschend erschienen ist, lässt unabhängig von der inneren Spannung die Originalität dieser Auftaktphase vermissen. Natürlich ist es interessant zu verfolgen, wie das vermeintliche Opfer Alexis Cross jetzt zum großen Schlag ausholt und die Machenschaften ihrer Vorgänger wie Sjöberg zu Übertrumpfen sucht. Dieses hohe, über mehrere Ebene funktionierende Tempo trägt immer die Gefahr der Abnutzung in sich und vielleicht wäre es sinnvoller, einmal den Fuß vom Gas zu nehmen und sich um einige Seitenkonstellationen zu kümmern, die nicht weniger wichtig, aber auf der emotionalen Ebene relevanter sind. Ein Aspekt ist das Vermischen der alten Hyperion Crew mit den Kollegen aus der Zukunftswelt. Auch wenn dem Leser alle Protagonisten vertraut sind, könnten die zwischenmenschlichen Spannungen inklusiv der natürlich sehr unterschiedlichen Erfahrungen, von den grundlegenden Plänen und Ideen abgesehen, weiter extrapoliert werden und eine noch besser in sich geschlossene zweite Handlungsebene aufgebaut werden. Die Ansätze sind vorhanden, müssen aber ausgebaut werden. Mit dem sich benachteiligt fühlenden Captain Ortega und seiner bislang eher verbal geäußerten Unzufriedenheit verfügt die Serie über einen in dieser Hinsicht idealen Charakter, der ein wenig mehr Raum auf der Bühne benötigt.

 Wie das geht zeigt Alpha 365. Über weite Strecken der ersten beiden Miniserien eine eher funktionelle Figur, die neben einigen Aktionen in erster Linie als lebendiger und beweglicher Datenträger funktionierte, geht Andreas Suchanek in „Project NORTHSTAR“ nicht nur auf den Hintergrund und die Herkunft dieses genetisch gezüchteten Sicherheitschef ein, sondern relativiert die Position der Alphas innerhalb der ganzen Flotte. Wie es sich für die anderen führende Besatzungsmitglieder der „Hyperion“ gehört, ist Alpha 365 nicht zufällig an der leitenden Position, die er zu Beginn der Romane innehat. Und wie es sich für die anderen Figuren gehört, durchkreuzt auch er mit seinem unorthodoxen und selbstständigen Handeln die Pläne seines Schöpfers. Mit dem Brückenschlag zu den Assassines im Allgemeinen und einem Einzelnen im Besonderen wird dieser Handlungsbogen über das pragmatische, eine interessante Nebenfigur vollkommen aus dem Nichts kommend dem Plot entreißendem Ende   hinausgeführt. Andreas Suchanek macht damit weiterhin deutlich, dass Figuren sterben können. Hoffentlich bleibt er sich dieses Mal seiner Linie treu und lässt die Protagonisten auch endgültig sterben, während er insbesondere in der zweiten Ministaffel zu viele Figuren in zu kritische und im Grunde auswegslose Situationen gebracht hat, um sie dann im Anschluss wieder zu retten.

Inhaltlich durch die verschiedenen Handlungsebenen und vor allem dank der vielen Hintergrundinformationen liest sich der vorliegende Roman relativ flott, auch wenn der ambitionierte Überbau nicht mehr die Originalität in sich trägt wie es am Anfang der Serie der all gewesen ist. Zu viel ist gefallen, zu viel ist zerstört und umgebaut werden. Andreas Suchanek muss seinen Lesern auch die Möglichkeit geben, positiv sich mit den vielen Facetten seines Universums etwas länger auseinanderzusetzen. Auf der anderen Seite gerät durch die verschiedenen Verschwörungen das treibende Elemente durch die eher klischeehafte Bedrohung der Lovecraft Epigonen in den Hintergrund. Mit der Raumschlacht gegen Ende des Romans, dem ungeklärten Schicksal der „Sjöbergs Untergang“ sowie dem bevorstehenden nächsten Schlag von Alexis Cross sind aber ausreichend offene Enden gesät worden, um das Interesse der Leser weiterhin aufrecht zu erhalten.

Bedenkt der Leser, wie stark Andreas Suchanek diesen Punkt betont hat, scheint er diese nicht gänzlich überzeugende Idee absichtlich zu relativieren, um sich auf die Stärken der ersten „Heliosphere 2265“ Bände zu konzentrieren und in dieser Hinsicht einen weiteren, soliden Beitrag zu präsentieren.   

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 3976 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 128 Seiten
  • Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (17. Juni 2015)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00ZU2Y1JY