Perry Rhodan Neo 103- "Der Oxydkrieg"

Perry Rhodan Neo 103, Rüdiger Schäfer, Der Oxydkrieg, Rezension
Rüdiger Schäfer

Es sind eher die im Hintergrund ablaufenden Informationsstränge, welche den inzwischen dritten Band dieser zehnteiligen Miniserie interessant machen. Im Gegensatz zu Scheer und der Erstauflage, der sich erstens deutlich mehr Zeit zwischen den Zyklen genommen hat und zweitens von einem Fachkräftemangel nicht geschrieben hat, versuchen Rüdiger Schaefer und Michael H. Buchholz diese Entwicklung zu relativieren und den Traum vom Sternenflug realistischer darzustellen. Neben der harten Ausbildung für die Sternenflotte – obwohl das eher konstruiert erscheint, denn auch Bodentruppen sollten in einer Vielzahl aufgrund der inzwischen politisch nicht mehr so kriegstreibenden irdischen Nationen vorhanden sein – hat sich bislang keine bislang keine echte private Raumflotte entwickelt. Auch die Ausbildung von entsprechenden Fachkräften kann ja durch die Nachfrage gesteuert werden. Bedenkt man, in welch kurzer Zeit immerhin TERRANIA angefangen worden ist, bemühen sich die neuen Exposeautoren um ein futuristisch realistisches Tempo und versuchen nicht wie Frank Borsch, zu lässig mit dem Zeitstrang umzugehen.

Der Fokus des Romans liegt aber weiterhin auf Perry Rhodan. Die Maahks Gruppe lädt Perry Rhodan zusammen mit der CREST zu einem weiterführenden Gespräch ein. Obwohl sie eine Landeerlaubnis geben, wird das Raumschiff von einem leichten Schirmfeld mit sehr ungewöhnlichen Werten umgeben. Perry Rhodan soll nur mit fünf Begleitern – sie werden als Oxyds bezeichnet – das Raumschiff verlassen. Leider  kann Rüdiger Schäfer in einem Punkt seine Popcornkino Mentalität nicht ablegen. Die CREST verfügt über ausreichend Beiboote. Das Perry Rhodan dieses einzigartige Raumschiff derartig in Gefahr bringt, erscheint unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass plötzlich Crest die arkonidische Halbraumtheorie und damit verbunden auch die entsprechende Technik kennt. Anstatt auf Informationen der ehemaligen arkonidischen Besatzer zurückzugreifen, wird in einem eher unwahrscheinlichen Schwenk Crest wieder mit einem passenden Halbwissen – wenn es die Handlung nötig hat, kann sich der alte Arkonide erinnern, wenn es der Plot nicht braucht, wird er auch nicht befragt oder liefert keine hilfreichen Infoirmationen – eingeführt. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die Arkoniden auf der einen Seite jedem Wissenschaftler dieses Wissen funktionell zur Verfügung stellen und das ausgerechnet jemand an Bord der CREST ist, der auch noch in Anlehnung an Arno Kalup aus der Erstauflage bei einem der bislang eher ambivalent erwähnten Geheimprojekte mitgearbeitet hat. Zumal die Arkoniden in der Vergangenheit nicht viel mit diesem Wissen angeblich anfangen konnten. Dabei ist das für die Kriegsführung entscheidend, denn ohne sich wirklich viel Gedanken zu machen, soll dieser Schirm mit großer Feuerkrafft überwunden werden können. Diese Überlastung inklusiv der Ableitungsfunktion in den Halbraum ist zwar ebenfalls aus der Erstauflage bekannt, aber es enttäuscht, dass Rüdiger Schäfer sich in diesen wichtigen Passagen derartig an die Schwächen der Erstauflage hält anstatt eigene Wege zu gehen und vor allem auch eigene Ideen zu entwickeln. Viel schlimmer ist, dass die vorhandene Technik angeblich das Niveau der örtlichen Maahks übersteigen sollte. Erstens sind fast zehn tausend Jahre vergangen, seitdem diese Informationen aus den Methankriegen vorgelegen haben und die Maahks hätten diese Waffe weiterentwickeln können, zumal in der Gegenwartsebene ja keine echte Begegnung mit den angeblich wieder Krieg führenden Methanatmern im langen Epetrans Zyklus stattgefunden hat und zweitens wirkt der Hinweis auf eine Beteiligung der Allianz hinsichtlich eines Waffentransfer wie schon in den letzten beiden Taschenheften ermüdend. Es ist schade, dass wie schon mehrfach angesprochen Rüdiger Schäfer diese Zöpfe nicht über Bord geworfen hat.  Auch die Idee, dass die Maahk Geschichte mittels einer Art Multimedia Show direkt ins Hirn der Besucher übertragen wird, erscheint eher konstruiert und dient dazu, den obligatorischen langen Rückblick zu verkürzen. Rüdiger Schäfer bemüht sich, aus der Perspektive eines einfachen Maahk Soldaten – Sophest – diese Historie weniger martialisch oder kitschig, aber zumindest informativ zusammenzufassen. Viele Informationen werden vor allem Leser der alten Erstauflage interessieren, da sie neben den Konverterkanonen – immerhin eine Waffe, die den Schutzschirm anscheinend mühelos schon vor zehntausend Jahren durchdringen konnte – auch den Sonnentransmitter enthalten. In der Erstauflage eine mächtige Erfindung der „Meister der Insel“ nutzten dieses Mal die Arkoniden diese  Idee, um den Nachschub an die Front zu bringen. Anschließend sind die anscheinend wie die Konverterkanone vergessen worden. Oder hat sich die Front verlagert? Bei den Hinweisen auf den erneuten Maahks Angriff im Epetrans Zyklus war nichts von diesen mächtigen Erfindungen zu lesen, welche vor allem die Logistik der Flotte vereinfacht hätten.  Auch der Parmozorn als Mittel zum Zweck – die Maahks werden dadurch von einem nicht mehr zu bändigenden Hass gegen die Arkoniden angetrieben -  wirkt eher bemüht. Natürlich steckt wieder die Allianz dahinter, die aber realistisch gesprochen sich eher bemüht, aber erfolglos mit leider naiv handelnden Goldenen präsentiert hat. Im Gegensatz zu dem wirklich interessanten Auftaktroman verschenkt Rüdiger Schäfer unglaublich viel Potential, in dem er die Maahks zwar wie in der Erstauflage zu einer Rasse von gesteuerten Kriegssklaven macht, aber ihnen gleichzeitig die exotische Eigenständigkeit nimmt, so dass am Ende vor allem wie ein fauler Kompromiss erscheint, dass die Maahks auf der einen Seite erkannt haben, dass die Menschen keine Arkoniden sind, auf der anderen Seite sich plötzlich gegen die Terraner eine Art Permazorn bildet. Rüdiger Schäfer argumentiert hier ausgesprochen unsicher. Mit der „Bestie“ an Bord der Allianzfestung TASCHVAAHL – die ringförmige Raumstation  in diesem Sonnensystem – verfügt eine zweite außerirdische Rasse dieses Mal nicht über den Permazorn, sondern den Furrorschub, wobei die Ergebnisse die gleichen sind. Natürlich fällt es Rüdiger Schäfer leichter, diese beiden gewalttätigen Eruptionen auf die genetischen Manipulationen der Allianz zu schieben. Es gibt ausreichend Hinweise auf die Herkunft der Bestie und damit einhergehend auch der Haluter, da Fancan Teik hier als Stichwortgeber fungiert. Am Ende des Plots präsentiert Rüdiger Schäfer eine „Deus Ex Machina“ Rettung der CREST, die gleichzeitig auf dem Traktorstrahl der Festung „entlassen“ wird und sich dann vor den zahllosen Angriffen der Maahk Raumschiffe retten kann. Hier wirkt der Versuch, wirklich Spannung zu erzeugen, nur bemüht.  Am Ende geht es durch den Bündler. Schon mit diesem dritten Roman der neuen Miniserie verliert Rüdiger Schäfer deutlich an Frische und kann bis auf die verschiedenen, unglaubwürdig präsentierten Informationen, keine echte Spannung aufbauen. Zu sehr greift er handlungstechnisch in die Klischeekiste.

Auch der zweite, eher unbedeutend unheilschwangere Handlungsbogen mit Leyden auf dem Mars schleppt sich dahin. In der Grabkammer angekommen inklusiv Tastatur und Altar  schafft es Leyden relativ schnell und unorthodox, wichtige Verbindungen zur tiefsten Vergangenheit herzustellen. Die Audiobotschaft ist natürlich entsprechend kryptisch und dient dazu, in den nächsten Taschenheften eine Alternative zu der Maahk Handlung in der Westentasche zu haben. Ohne Katze wirkt Leyden eher arrogant und zu besserwisserisch, so dass dieser „Die Götter aus dem All“ Versuch insbesondere mit einer zweiten indirekten Reise in die tiefste Vergangenheit seinen Effekt verfehlt und noch weniger Spannung aufgebaut werden kann als im Hauptteil der Handlung. Allerhöchstens ordentlich geschrieben hat der Leser das unbestimmte Gefühl, als brechen die in Neo 101 teilweise mühevoll gestopften Logiklöcher wieder auf. Natürlich kann Rüdiger Schäfer argumentieren, dass es ihm vor allem um Unterhaltung geht und dass er unabhängig von den logischen Schwächen niemals alle Leser intellektuell befriedigen kann. Wenn er „Neo“ auf dem Niveau des amerikanischen Popcornkinos sieht, dann hat er seinen Zweck ohne Frage erfüllt. Aber dazu muss er nicht das große, nicht unbedingt perfekte, aber deutlich besser geplante Erbe der alten Serie plündern, sondern eher eigene Weg mit einer erkennbaren  Verbindung – sei es Personen oder Handlungsschauplätze – entwickeln und nicht wie im vorliegenden Band zu viel zu opportunistisch konstruiert anzubieten. „Der Oxydkrieg“ ist selbst für Fastfood zu leicht.       

 

Pabel Verlag, Taschenheft

160 Seiten

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