Zentauren 1: Zentaurenblut

Zentauren, Zentaurenblut, Thomas Harbach, Rezension
Uwe Post

Der erste Auftakt einer Fantasy- Serie aus der Feder des Satirikers vom Dienst Uwe Post weckt natürlich in vielen Lesern Erwartungen. Hinzu kommt, das der Klappentext mit den immer „heißen“ Zentauren und ihrer Unfähigkeit, sich selbst zu befriedigen oder hinsichtlich ihrer „Nacktheit im Vergleich zu Menschen Hinweisen“ Erwartungen weckt, die der Text bislang nicht befriedigen kann. Spätestens nach der Hälfte des ersten Bandes muss sich der Leser mit zwei Tatsachen abfinden. Es ist keine Satire oder gar Parodie auf die unzähligen Fantasy Epen, die Uwe Post verfasst hat. Und zweitens entwickelt sich die Handlung auf mehreren nach und nach zusammenfließenden Spannungsbögen solide, aber immer leicht am Klischee entlang in einem eher anfänglich nur zufrieden stellenden Tempo, bevor mit Ende des ersten Abschnitts zumindest die einzelnen Lager etabliert und die zukünftigen Antagonisten positioniert worden sind. Das könnte vor allem in Anhängern von Uwe Post überdrehten Geschichten ein deutliches Gefühl der Leere hinterlassen, denn bis auf einige angesprochene Dialoge handelt es sich fast um eine Ansammlung von bekannten Versatzstücken. Das wäre der Adlige, der sich auch mit Hilfe von ambivalenter Magie bemüht, die alten Einflüsse wieder herzustellen und damit sein jetzt unbedeutendes Haus wieder an die Spitze zu rücken. Ihm gegenüber steht sein Schwager, der mittels einer perfekten Hochzeit seiner Schwester Elsbeth das andere Reich durch die Hintertür einverleiben möchte. Während Elsbeth Bruder seine Arroganz hinter Dominanz zu verstecken sucht, hält Elsbeth ihren von Magie besessenen Gatten an der langen Leine und versucht ihm einzureden, irgendwann für seine körperlichen Begehren so weit zu sein. Auch wenn der Autor ein wenig Stimmung erzeugt, ist es verwunderlich, wie oft ein so erfahrener Autor auf „Deus Ex Machina“ Lösungen zurückgreifen muss, um diesen Handlungsbogen voranzutreiben. Dabei hätten die zwischenmenschlichen Beziehungen in der vorliegenden beschriebenen Form ohne Probleme das Format für eine Soap Opera Post´scher Dimensionen, in denen der sprachlich so talentierte und vor allem wandelbare Autor eben die Klischees des Genres auf die Spitze getrieben und seine nicht selten eindimensional charakterisierten und affektiert handelnden Personen bloß gestellt hätte. Wenn Uwe Post wirklich an einer Satire interessiert gewesen wäre, der Weg von „Fifty Shades of Grey“ endet im Keller in banalen Dialogen und nicht einer explodierenden Szene. Spätestens von der menschlichen Seite aus betrachtet funktioniert „Zentaurenblut“ solide als reine Fantasy mit deutlichen mittelalterlichen Bezügen und einigen Hinweisen auf magische Momente, die wahrscheinlich in den folgenden Romanen weiter extrapoliert werden.

Während die menschliche Ebene – Elsbeth trifft später den Zentaur Staubmähne, welcher die erste Hälfte des Romans zusammen mit dem anfänglichen Zentaurensklaven 14323 alias Federbart dominiert – wie schon angedeutet solide, aber auch für einen Autoren wie Uwe Post ausbaufähig ist, zeichnet er ein ambivalentes, aber nicht abschließend hintergründig entwickeltes Bild der Zentaurenzivilisation als Mischung aus wilden Pferden mit menschlichen Oberkörpern, aber auch einem Volk, das gegen die Logik ihrer Unbeholfenheit – kräftige Beine, zu kurze Arme – sich eine Kultur inklusiv Kneipen, Turnieren und Hierarchien aufgebaut hat.  Da wirken die Zentauren schon deutlich menschlicher, auch wenn Uwe Post sie in einer Art mittelalterlichen Duell um eine Stute einführt.   Staubmähne ist dabei der Schreiber, der alle Ereignisse in seinen Chroniken für die Nachwelt sklavisch festhalten soll. Es ist der unscheinbare Protagonist, der durch Ereignisse, die er selbst nicht kontrollieren kann, mehr und mehr in die unfreiwillige Heldenrolle rutscht. Interessant und natürlich auch passend ist, dass Staubmähne kein typischer Held ist, sondern ein Halbblut, das die anderen Zentauren verächtlich eher als Muli titulieren. Eine weitere wichtige Rolle spielt der Sklave 14323 alias Federbart. Uwe Post unterscheidet im Grunde zwischen zwei Sklavengesellschaften. Da wären zum einen die klassischen zwischenmenschlichen Strukturen und die Besitzstandsgesellschaft der Menschen, die Zentauren für sich arbeiten lassen, sie nicht bezahlen, aber zumindest gut behandeln. Gleichzeitig kann der Autor die teilweise von Scheuklappen und Naivität geprägte Kultur der Zentauren beschreiben. Diesen Arbeitstieren mit einem gewissen inneren Stolz stehen aber auch die heißblütigen, aufmüpfigen, aggressiven und immer erregten Zentauren einer Oberschicht gegenüber, die nicht selten gegen die Logik agieren und sich im Grunde selbst schaden. Diese Ignoranz der Umgebung, dieses dickköpfige Durchsetzungsvermögen setzt auch in Person Suabmähnes einen weiteren wichtigen Handlungsteil in Gang und führt weitere Protagonisten  zusammen. Neben einigen Nebenfiguren aus der Zentaurenrasse ist es noch Rauhuf, der vom dreizehn Tage später spielenden Prolog an eine Art einsamen Kampf gegen die den Zentauren eine Falle stellenden Menschen kämpft. Mit diesem Vorgriff auf den Handlungsverlauf erzeugt Uwe Post ein wenig Spannung und wirft einige Fragen auf. Alleine allerdings bis der Handlungsbogen dieses Vorgriff einholt, dauert es.

 Es ist eine mittelalterliche Welt mit entsprechenden Ständen, welche der Autor nicht unbedingt ausführlich, aber zumindest pragmatisch entwirft. Auch wenn der Werbetext diese angeblich komischen Elemente .- keine Masturbation, keine Kleider – betont, bleiben im Leser zahlreiche Fragen offen. Die Zentaurenkultur wirkt teilweise zu menschlich mit ihren Kneipen und Siedlungen. Vor allem erscheint fragwürdig, wie die Zentauren diese Häuser mit ihren kleinen Händen, aber kräftigen Beinen erbaut haben. Das die menschliche Expansionspolitik diese Ureinwohner zu vertreiben oder zu versklaven sucht, ist ein klassisches Plotelement, das wahrscheinlich in den nächsten Teilen noch ausgebaut wird. Auf der anderen Seite hat der Autor eine gewisse Zivilisationsstufe für seine Zentauren entwickelt und es gibt tatsächlich eine Art Interaktion auf Augenhöhe, wobei die Menschen eine arrogante Dominanz vorspielen. Vielleicht hätte es diesem ersten Roman gut getan, noch weitere in die Hintergründe dieser Welt einzudringen als sich auf die bislang ein wenig enttäuschende und vor allem zu schematische Entwicklung des Plots zu konzentrieren. Dem Roman fehlt ein echter Katalysator, ein Ereignis, über das die Protagonisten stellvertretend für den Leser auch reden können. Alleine das Machtgehabe zweier Adliger in Kombination mit einer perfiden Falle für die Zentauren reicht nicht aus, um mit den Ideenfeuerwerken seiner Science Fiction Romane mitzuhalten. Obwohl deutlich kürzer als „Schrottt“ leidet auch „Zentaurenblut“ für einen Uwe Post Roman erstaunlich unter zu wenigen kleinen Ideen. Immer wieder springt dem Autoren der Schalk in den Nacken und einige Dialoge sind erfrischend frech bis doppeldeutig. Auch die Hinweise auf zu wenige Stuten, die fehlenden Möglichkeiten der Masturbation sowie die Unfähigkeit, mit den kleinen Händen auch entsprechende Kleider zu schneidern – dafür hätte man ja Menschen engagieren können, was in den Zeiten des Tauschhandels zumindest keine Unmöglichkeit gewesen ist – werden angerissen, aber nicht entsprechend extrapoliert. Dagegen wirken die Versuch ihres Mannes, Elsbeth mit magischen Utensilien zum Beischlaf und damit auch zur Zeugung eines Erbens zu bringen, wie eine Art Running Gag, der aber nicht ausreichend extrapoliert ist. Vor allem erfährt der Leser zu wenig über ihren absonderlichen Ehemann als dass die gegenseitige Antipathie einen wichtigen Teil der Handlung darstellt.

Positiv ist, dass Uwe Post mit den Zentauren eine mystische Rasse in den Mittelpunkt seiner Fantasy Serie gestellt hat und diese Figuren auch menschlich – vielleicht zu menschlich und zu wenig wie „Pferde“ – charakterisiert hat. Der Leser kann sich vor allem mit Staubmähne als ein Mannpferd außerhalb seines Elements im jetzt alltäglichen Überlebenskampf identifizieren. Der Spannungsbogen zieht nach der ersten sehr ausführlichen, aber nicht wirklich packenden Hälfte nicht nur tempotechnisch an. Sobald sich der Betrachter damit abgefunden hat, eher eine typische Fantasy mit latent untypischen Helden zu goutieren statt einem klassischen Post zu folgen, wirkt „Zentaurenblut“ deutlich ansprechender und das nur bedingt abgeschlossene Ende verspricht viel Potential für die Fortsetzung. Hoffentlich mit ein wenig mehr Post´schem Humor, der sein bisheriges Werk so einzigartig im Bereich der Science Fiction gemacht hat.   

Verlag: Amrûn Verlag

Genre: Fantasy

Sprache: German

Umfang: 120 Seiten

Größe: 665,7 KB

ISBN: 9783958692435

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