Das Haus Zamis 44 "Mit schwarzen Schwingen des Todes"

Das Haus Zamis 44, Cover
Uwe Voehl, Rüdiger Silber, Susanne Wilhelm

Mit schwarzen Schwingen kommt der Tod“ ist der Abschlussband der überwiegend im Dakota Haus in New York spielenden Serie. Im Vergleich zu den teilweise nicht immer aus sich heraus originellen Vorgängen der Serie ist man sich nicht nur seiner Vorbilder bewusst, sondern kokettiert mit ihnen. Wo sonst wird als Hommage an „Rosemarys Baby“ extra von der im Haus lebenden Dämonin und Antagonisten Coco Zamis ein entsprechendes Streifen mit der richtigen Musik gedreht, um die Ereignisse der ersten Zeugung des Dämonenkindes noch einmal vor den Augen der angewiderten Hexe ablaufen zu lassen? Ansonsten greifen aber die drei Autoren – Uwe Voehl verantwortlich für das Expose, Susanne Wilhelm und Rüdiger Silver – teilweise sehr weit in die leider manchmal zum Klischee gewordene Trickkiste, um die Handlung zu füllen. Der Doppelband wirkt deutlich gestreckt. Da wäre die Nebenhandlung mit der jungen erfolgreichen Familie, die ins Dakota Haus zieht. Der Junge sieht als einziger die Zwillinge, die ihn nach und nach zum Bösen verführen. Diese Art der Erscheinungen und die entsprechenden Folgen inklusiv des Lockens der Eltern in den Keller erscheinen wie eine Mischung aus „Shining“ und unzähligen Horrorstoffen. Schade ist, dass die Autoren in diesem Fall den folgerichtigen Mut nicht haben, die Erwartungshaltung der Leser umzukehren und diese Verführung vielleicht einmal als eine falsche Spur darzustellen.
Deutlich origineller ist dagegen die Haupthandlung. Coco Zamis wollte ja eigentlich nur ihre Freundin die Vampirin Rebecca besuchen, die ein Dämonenkind geboren hat. Ziel dieser Kindsgeburt ist es gewesen, vom Dakota Gebäude aus die Kontrolle über ganz New York zu übernehmen. In diesem Band will Coco Zamis wieder in das Gebäude einbrechen, aus dem sie mit höchster Mühe gerade entkommen ist. Das Böse muss noch ausgeschaltet werden. Auch hier endet der Handlungsbogen leider mit einer Art Wiederholung. Ein Dämonenkind vor allem in der Tentakelform mit anscheinend unterdrückten Gefühlen hätte ausgereicht. Aber die Vanderbuilt Sippe möchte gern an einem Hexen Sabbat ein weiteres Dämonenkind zeugen und Coco Zamis soll die Mutter sein. Insbesondere Rüdiger Silver scheint mit diesem Aspekt ein wenig überfordert zu sein. Bedenkt der Leser, dass Coco Zamis ja schon ein Kind durch Asmodi hat, das er ihr vor der Geburt schon nahm, dann wirkt diese Wiederholung nicht unbedingt originell. Insbesondere bei Bekanntwerden des Plans müsste Coco Zamis viel erschreckter und schockierter reagieren. Das ist leider nicht der Fall. Stattdessen entkommt sie der Falle mit einigen markigen Sprüchen hinsichtlich der potentiellen Schwanzgröße des Dämonensohnes, der an sich nicht erschreckend oder gar bedrohlich erscheint, sondern wie eine Karikatur wirkt. Das Finale Furioso ist schnell vorbei. Die abschließende Auseinandersetzung wirkt zu wenig nachhaltig vorbereitet und einige Szenen erscheinen stark konstruiert. Der Leser muss sich immer vor Augen halten, dass Uwe Voehl diese finale Auseinandersetzung über mehrere Bände teilweise sehr gut vorbereitet hat. Aber auch die letzten Minizyklen litten unter dem zu hektischen Ende im finalen Band.
Auf der anderen Seite verfügt die Serie über einige starke Frauencharaktere, während Männer im Grunde bis auf den willigen Sohn keine echte Rolle spielen. Coco Zamis ist schon angesprochen worden. Sie wirkt als Figur insbesondere in der zweiten Hälfte des Buches zu eindimensional, zu emotional distanziert entwickelt. Es ist, als agiere diese Miniserie in einer Art Vakuum. Auf der anderen Seite ist sie sich der Komik ihrer Situation – erst Ausbruch, dann auf dem gleichen Weg ein Einbruch in das gleiche Gebäude – durchaus bewusst, auch wenn die Autoren zu wenig daraus machen. Ihr zur Seite und in diesem Band deutlich aktiver ist die Vampirin Rebecca. Obwohl einige Vampiraspekte nicht umschifft werden können, bemühen sich die Autoren, aus ihr eine interessante Persönlichkeit zu machen, die Coco Zamis auch in die nächste Miniserie begleiten wird. Sie saugt nicht das Blut ihrer Mitmenschen per se, sondern bemüht sich, nur Schurken zu erwischen. Diese Idee ist nicht unbedingt neu, aber mit ihrer Armee der Nacht – eine wirklich originelle Idee – stellt sie einen Machtfaktor dar, der sich im vorliegenden letzten Band unabhängig von Coco Zamis entwickeln kann. Diese Verschiebung der Verantwortung von der jungen Hexe weg auf mehrere Schultern tut nicht nur dem vorliegenden Roman gut, sondern wirkt für die ganze Serie glaubwürdiger. Auf der anderen Seite haben sie mit der Körpertauschenden Dämonin eine interessante Gegenspielerin, die wie eingangs erwähnt auch über einen entsprechenden dunklen Humor verfügt. Es ist nur schade, dass sie ihre Pläne erstens zu weit im Vorwege offenbaren muss und dadurch Gegenmaßnahmen provoziert und zweitens sie dieses Mal nicht zwei/ dritte Schritte vorweg ist. Dieses Überraschungsmoment auf der Antagonisten Seite fehlt leider diesem Band stark, so dass die einzelnen Szenen actiontechnisch gut abgeschlossen worden sind, aber auf der anderen Seite der ganze Roman nicht einheitlich oder stringent erscheint.
Dazwischen steht Mama Wedo, die in Rebeccas Körper ja Rache üben will. Sie ist eine ambivalente Persönlichkeit, von welcher sich der Leser mehr wünscht. Sie ist keine klassische Schurkin, sie hat eine Mission, die sie rücksichtslos umsetzt. Dabei wirkt sie besser/ guter als die anderen Dämonen. Diese Ambivalenz zeichnet sie eher als tragische Protagonisten aus, die ein gutes Gleichgewicht zu den ansonsten eher in ihrer Positionen fest gemauerten Figuren bildet.
Die willigen Opfer – im New York der Gegenwart glaubt man selbst in einem Haus mit einem derartig schlechten Ruf nicht an böse Geister – werden sehr unterschiedlich beschrieben, wobei der exzentrische Krimischriftsteller, der sich einen teuren Whiskey und eine Zigarette herausragt. Hier haben die Autoren eine im Grunde ausbaufähige Figur erschaffen, die leider den Unbilden der Handlung zu schnell geopfert wird. Die Familie mit dem kleinen Jungen wirkt im Gegenzug zu glatt, zu klischeehaft und vor allem langweilig, als dass der Leser wirklich Mitleid mit Ihnen haben kann.
Wie aber auch die Geschichte des Zamis wird der gegenwärtige Plot eng mit der Vergangenheit verknüpft. Immer wieder wird die Geschichte der Vanderbuilt Sippe angesprochen, die aus der alten Welt kommend sich das Dakota Gebäude als Symbol ausgesucht haben. Der Ausbau ihrer Macht ist immer wieder mit historischen Ereignissen in einen Zusammenhang gestellt worden, wobei die Gefangennahme in dem Gebäude ein interessanter Höhepunkt ist. Die Zeitreise beginnt in den zwanziger Jahren, während die Zamis vor allem sich mit den dunklen Schwingen des Dritten Reiches auseinandersetzen mussten. Die exotischen Schauplätze mit ihrer Mischung aus europäischer Geschichte – Moskau und Wien – sowie den typischen Urlaubsorten hat bisher in der Serie gut funktioniert und überzeugt auch im vorliegenden Roman.
Zusammengefasst stellt „Mit schwarzen Schwingen kommt der Tod“ – der Titel ist ein wenig missverständlich, denn während der Tod auf den schwarzen Schwingen kommt, bedeutet es für einige andere Menschen die Rettung – einen durch die Balance aus Hintergrundinformationen/ Geschichte sowie der leider ein wenig unterentwickelten Handlung einen zufriedenstellenden, aber nicht glänzenden Abschluss einer weiteren Miniserie da. Es ist schade, dass das ohne Frage vorhandene Potential leider nicht genutzt worden ist, so dass eine spürbare Enttäuschung vor allem in einer Stadt, in der man es laut Frank Sinatra schaffen muss, um es überall zu schaffen kann, zurück bleibt.

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Taschenbuch, 320 Seiten

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