Das Haus Zamis 45 "Blackwater Bay"

Das Haus Zamis 45, Blackwater Bay, Titelbild, Rezension
Uwe Voehl, Rüdiger Silber, Logan Dee

Mit „Blackwater Bay“ verlassen Coco Zamis und Rebecca nach einer Reihe von fast tödlichen Gefahren New York. Sie wollen sich nicht nur die Schönheiten der USA anschauen. Viel mehr wird Rebecca von einer ihre Kräfte zerrenden Krankheit befallen. Der erste Weg führt die beiden Freundinnen nach New Orleans, wo sie von dämonischen Spezialisten beraten lassen. Für diesen ersten und besten Teil des Doppelbandes „Lady Mamba“ ist Rüdiger Silver alias Malte S. Sembten verantwortlich. Es handelt sich um eine seiner letzten Veröffentlichungen vor seinem viel zu frühen Tod. In dieser Hinsicht gehört ohne Frage des Respekt vor dem Tod, dass dieser Teilroman wohlwollender betrachtet werden müsste. Es ist aber nicht notwendig, denn dank des fiebrigen Hintergrundes New Orleans hat er einen Roman abgeliefert, der zu seinen besten Arbeiten in der Reihe „Das Haus Zamis“ gehört.

Die Grundidee mit dem „Fremdkörper“, der sich wie ein übernatürlicher Parasit in Rebecca eingenistet hat, ist vielleicht nicht sonderlich originell. Selbst die Idee, das Rebecca als potentielles Opfer im Konflikt zweier unterschiedlicher Interessengruppen  – die Nachfolger der Vodoo Königin Marie Laveau kämpfen gegen die allgegenwärtigen schwarzen Familien -   auserwählt worden ist, ist nicht neu. Zu oft ist vor allem Coco Zamis das Ziel der Begierde geworden. Aber Rüdiger Silver erschafft eine morbide Atmosphäre, er lässt die Stadt im wahrsten Sinne des Wortes leben. Der Autor spielt auch mit den Erwartungen der Leser. 90 Prozent alle Voodoo Zaubereien sind für die Touristen gemacht. Wichtige Antreiber sind im Hintergrund die wahren Voodoo Künstler, die sich diesen Gimmickmarkt mit erschlossen haben. Es ist eine touristische Reise durch diese Zeit. Es werden die bekannten und nach der Flut wieder belebten Orte beschrieben. Das Essen ist köstlich, auch wenn Coco Zamis rückblickend einige spöttische Bemerkungen von sich geben muss. Mit einer gelungenen Mischung aus Beschreibungen und Interpretation erscheint dieser Teilabschnitt ausgesprochen lebendig und morbide zugleich. Rebecca und Coco begegnen dabei einer Reihe von Nebenfiguren, die alle mit kleinen Macken doch irgendwie auch sympathisch und vor allem überzeugend beschrieben worden sind. Die finale Konfrontation findet dann atmosphärisch immer noch gut, aber weder an John Brunners noch George R.R. Martins Südstaatenromane heranreichend auf einem seit vielen Jahren an der Kaimauer liegenden Schaufelraddampfer statt, der an die lange vergangenen glorreichen Zeiten erinnert. Diese Auseinandersetzung ist brutal und verbittert, aber auch ein solider Abschluss eines Teilromans, der vor dem Hintergrund einer alten übernatürlichen Kultur ausgesprochen spannend beschrieben worden ist.

Im Titelteilband hat es Logan Dee natürlich schwerer. Die Prämisse ist bekannter. Die beiden Frauen reisen erst mittels Sportwagen später in einem Wohnmobil in Richtung Kalifornien, wo Tante Elvira nach der Aussprache einer ominösen Einladung mittels Kristallkugel anscheinend seit zwanzig Jahren verschwunden ist. Der Ort ist fast ausgestorben, die Häuser eher verfallen und der einzige informative Mensch möchte seine Umgebung eher fressen als die beiden attraktiven Frauen zu informieren. Relativ schnell wird klar, dass auf einer kleinen Insel vor der Küste ein Dämon residiert, der anscheinend in einem direkten Zusammenhang mit dem Verschwinden der Tante steht. Logan Dee gibt sich sehr viel Mühe, auch eine möglichst morbide Atmosphäre zu erschaffen und sie folgt den Wegweisern, die Serien wie „Haven“ mit verschiedenen übernatürlichen Phänomenen in isolierten kleinen Dörfern7 Siedlungen hinterlassen haben. Sie kann im Vergleich zum ersten Handlungsabschnitt aber weniger alleine dem Hintergrund vertrauen, sondern muss versuchen, eine originelle Handlung zu entwickeln. Auch wenn das Ende mit dem auf dem Bett festgebundenen Brüdern unter der „Kontrolle“ einer lebhafteren Rebecca schließlich zu einer kurzfristigen positiven Auflösung führt, wirkt das Geschehen deutlich schwerfälliger entwickelt und vor allem die Protagonisten bei weitem nicht so farbenfroh – ja, die Küste kann sich nicht mit New Orleans messen – und exzentrisch gezeichnet. Zu viele Ideen sind vor allem auch aus den bisher veröffentlichten Romanen bekannt, wobei die Motive wie Habgier oder Machtsucht inzwischen austauschbar erscheinen. Interessant, aber viel zu kurz kommt über beide Romane das Schicksal von Rebeccas „Schattenarmee“, die im ersten Teil in treuer Pflichterfüllung grausam stirbt und in der zweiten Romanhälfte im hinteren dunklen Teil des Wohnmobils wieder gezüchtet werden muss. Auf der anderen Seite gibt es auch wieder ein ominöses Tagebuch, in dem eine der Nebenfiguren vor einigen Jahrhunderten ihre Ängste und Gelüste niedergeschrieben hat. Dieses Mittel, den Hintergrund der Geschichte relativ schnell und kompakt zu entwickeln, ist nur effektiv, wenn es wirklich den Plot beschleunigt – siehe den langen Zyklus mit der Geschichte der Zamis -, während es hier einen zu langsamen Handlungsaufbau noch weiter verzögert.    

Die wechselnden Handlungsorte und die Fokussierung auf kleinere Abschnitte mit direkter greifbaren Konfrontationen im Vergleich zu den deutlich ambitionierten Geschichten aus New York geben der immer noch unterhaltsamen Serie „Das Haus Zamis“ neuen Schwung. Rebecca und Coco verstehen sich auch gut und diese Chemie erreicht den Leser auch. Es wird nicht mehr nur Sadismus um Sadismus willen eingesetzt, sondern die brutalen Szenen sind sehr viel besser in die laufende Handlung eingebaut.

Zaubermond Verlag, 220 Seiten

Taschenbuch

Kategorie: