Cotton Reloaded 11- Tod auf Bestellung

Alexander Lohmann

Alexander Lohmanns neuer „Cotton Reloaded“ Roman  „Tod auf Bestellung“ variiert ein aktuelles, aber mehrfach verwandtes Thema.  Ein grausamer Mörder führt anscheinend an wahllos ausgesuchten Opfern eine Art Lobotomie durch. Die Opfer liegen noch mehrere Tage im Koma, bevor die Maschinen abgestellt werden. Zusammenhänge innerhalb dieser schon mehrere Jahre andauernden Mordserie gibt es nicht. Nur die Organspenderausweise verbinden die Menschen. Hier ansetzend kommt insbesondere Jeremiah Cotton dem einzigen in Frage kommenden Täter – hier wird Bezug genommen auf dessen Spitznamen und einen Auftragsmord mit einem noch im Gefängnis sitzenden Täter – auf die Spur.

 

Der Titel ist nicht ganz richtig, da die Opfer nicht bestellt werden. Der Plan der Gruppe ist sehr viel perfider und von der Planung her fast perfekt gewesen. Der Fehler liegt darin, auf Datenbanken zurückzugreifen, deren Informationen entweder nicht hundertprozentig aktuell sind – ein Mann hat sich austragen lassen – oder so modern, dass ihnen nicht auffällt, das ein Name dazu geschmuggelt worden ist. Erst wenn das Gleichgewicht aus unwilligen Spendern und den entsprechenden Plätzen auf der Warteliste hergestellt ist, erfolgt die aktive Vorbereitung auf die Organentnahme. Vor diesem Hintergrund passt Alexander Lohmanns Roman deutlich besser zum Profil der Spezialabteilung, als die ständigen Auseinandersetzungen mit konservativ patriotischen amerikanischen Radikalen oder wie im letzten Band ausländischen Kräften, die an Geheiminformationen mittels eines komplizierten Plans herankommen wollen.

Weiterhin verzichtet Alexander Lohmann auf eine zweite, in die laufende Handlung einfließende Handlungsebene. Die Perspektive wechselt insbesondere zu Beginn zwischen dem methodisch vorgehenden Täter und den sehr geradlinig ermittelnden Beamten, wobei Cottons Ausflug, um einen potentiellen Zeugen ohne die Genehmigung seiner Vorgesetzten zu befragen, eher aufgesetzt erscheint. Mr. High traut man kein Wochenende zu, was angesichts der brisanten Fälle auch unwahrscheinlich erscheint. Warum Cotton seiner in diesem Fall berechtigen Spur nicht offiziell nachkommt, ist eine der offenen Fragen. Hinzu kommt, dass die Spezialgruppe anscheinend nur aus Cotton und Decker besteht, die alternierend in Lebensgefahr gebracht und in letzter Sekunde gerettet werden müssen. Nachdem Decker im letzten Band ein Ganzkörpertatoo angedroht worden ist, versucht der professionelle Killer auch Cotton trotz seiner Erkenntnis, den falschen Mann in Gewahrsam genommen zu haben, zu lobotomieren. So spannend die einzelnen Szenen auch geschrieben worden sind, niemand glaubt wirklich, das den beiden Hauptdarsteller ein so grausames Schicksal droht, so dass der Spannungsaufbau kontinuierlich negiert wird.  

Die Konzentration auf die beiden Hauptfiguren ist auch angesichts der solide gezeichneten fortlaufenden Kollegen unnötig. Insbesondere der zu perfekte Computerfreak könnte stärker in Gefahr gebracht werden. Im Laufe der natürlich erfolgeichen Ermittlungen hat Alexander Lohmann allerdings eine Reihe von unterhaltsamen Szenen wie die Demonstration der Tierschützer integriert.

Mit Mercury verfügt der Roman allerdings über einen zu ambivalenten Antagonisten. Er ist offensichtlich ein professioneller Auftragskiller, der sich ein lukratives Geschäftsfeld erschlossen hat. Eiskalt, berechnend und vorsichtig geht er vor. Die erste Begegnung zwischen Cotton und Mercury basiert auf dem Faktor Zufall. Cotton kommt nur einen Moment zu spät, als Mercury ein weiteres potentielles Opfer mit einem perfiden Trick in seine Gewalt bringt. Danach entwickelt sich eine Art Privatduell, wobei Alexander Lohmann implizieren muss, das sich Mercury – ein gängiges Plotelement insbesondere in zahllosen amerikanischen Filmen – in seiner Ehre gekränkt fühlt und die Sache ohne Auftraggeber persönlich nimmt. Angesichts der Tatsache, das der Auftragskiller in letzter Sekunde entkommen ist und sich anscheinend vorher schon in verschiedenen anderen lukrativen Bereichen – Morde für den Mob - getummelt sowie seine plötzlich unzuverlässig gewordenen Komplizen dieser Operation ohne mit dem Wimper zu zucken umgebracht hat, erscheint dies Verschieben auf die persönliche Ebene eher aufgesetzt. Effektiver wäre es gewesen, Cottons abschließende Falle ins Leere laufen zu lassen. Mercury begeht unter Druck zu viele Fehler, während den FBI Ermittlern öfter der Zufall in die Karten spielt.

Mercurys Vorgehensweise wird detailliert, ein unangenehmes Gefühl im Leser hinterlassend beschrieben. Die Hilflosigkeit der Opfer geht unter die Haut. Ideen, die Rainer Erler unter anderem in „Fleisch“ formuliert hat, werden perfide in die technischen Möglichkeiten der Gegenwart übertragen. Hinzu kommt die Besonderheit, dass Organspender in den USA über den Führerschein registriert werden können, was das Auffinden und Platzieren von in Frage kommenden Spendern noch erleichtert.  

 

Unabhängig von den angesprochenen Schwächen ist „Tod auf Bestellung“ ein unterhaltsamer „Cotton Reloaded“ Roman, der einen außerordentlichen, allerdings positiv nicht die Sicherheit der USA bedrohenden Fall präsentiert. Hinzu kommt, dass Cotton sein Privatleben relativiert und Decker/ Cotton wieder sich als Team mit fest umrissenen Aufgaben präsentieren. Auch wenn der impulsive Agent sowohl mit seiner Extratour als auch den gut geschriebenen beiden Verfolgungsjagden wieder die Lorbeeren für sich einzuheimsen sucht. 

 

 

E- Book

Bastei Verlag, 100 Seiten

Erschienen August 2013

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