Zauberei in Tainnia

Zauberei in Tainnia, Hugh Walker, Rezension, Thomas Harbach
Hugh Walker

Es lohnt sich, die erste professionelle Veröffentlichung – der Erstabdruck erfolgte im heute noch sammelnswerten semiprofessionellen Magazin „Magira“ – den alternativen „Mythor“ Auftaktromans im Grunde von hinten mit den Anhängen beginnend zu betrachten. Da wäre zu erst der Beitrag von Horst Hermann von Allwörden, in dem zum einen kurz Hugh Walkers Status als Mentor der Fantasy in Deutschland vorstellt. Aus heutiger Sicht ist das Alleinstellungsmerkmal verschwunden, da Helmut W. Pesch – ebenfalls ein Mitglied der damaligen FOLLOWER Gruppe – inzwischen den Stab übernommen hat. Wie Lin Carter in den USA hat aber Hugh Walker als Autor und vor allem Herausgeber sich bemüht, im engen Korsett des Pabeol Verlags mit seinen anfänglich feststehenden Umfängen der Taschenbücher Fantasy zu etablieren. Interessanter wird es, wenn von Allwörden versucht, nach Fantasy im Heftromanformat zu suchen. Anfänglich in die nur auf den ersten Blick weite Welt schauend kehrt der Autor schließlich bis auf eine kleine eher mit dem Atlantis Mythos historische Serie zu den beiden lang laufenden Pabel- Serien zurück. Er stellt „Dragon“ wie auch „Mythor“ vor und versucht herauszuarbeiten, warum die Serien eben nicht die sehr langen Erfolge wie „Perry Rhodan“ und bedingt „Atlan“ bzw. heute „Maddrax“ gewesen sind. Natürlich finden sich in anderen Serien wie „Zamorra“ immer wieder phantastische Elemente, aber genauso könnte der Autor nach den Ursachen suchen, warum nur der Erbe des Universums mit einer immer älter werdenden Lesergeneration und als Gegenentwurf „Maddrax“ sich am Markt durchgesetzt haben. Echte Argumente werden nicht geliefert. Hugh Walker geht in zwei sich teilweise überschneidenden Interviews sowohl auf die Arbeit an der „Dragon“ Serie sowie „Mythor“ ein. Interessant ist die Kritik an den aus der „Perry Rhodan“ Schule stammenden Autoren, die detaillierte Exposes liebten und denen die Freiheiten, die Hugh Walker in seinen Vorgaben anstrebte, zuwider liefen. Alleine Ernst Vlcek hat bei „Mythor“ die Stärken Hugh Walkers effektiver genutzt. Die Idee, von freieren Expose ist eine Frage, die nicht selten heftig diskutiert wird. Können trotzdem alle roten Fäden stringent gehalten werden? Wo bricht wie bei vielen anderen Serien der Handlungsstrom aus und entwickelt ein Eigenleben? Da nur Hugh Walker die Fragen gestellt werden und alle anderen direkt oder indirekt betroffenen Autoren nicht mehr leben, bleiben diese Fakten im Raum stehen. Während „Dragon“ sich noch auf dem Gebiet der Science Fantasy mit einem starken Einfluss aus der Perry Rhodan Redaktion bewegte – was ist daran eigentlich grundsätzlich schlecht, muss der Leser Hermann von Allwörden nach seinen Anmerkungen fragen? – sollte „Mythor“ ein reinrassige Fantasy Serie sein. Drei Exposeentwürfe wurden angefordert, wobei Hugh Walkers Ideen eines eher ambivalenten Helden und einer mittelalterlichen Welt schließlich zu Gunsten der Ideen Willy Voltz verworfen worden sind. Dieser ursprüngliche „Mythor“ Band liegt jetzt vor.

Insbesondere der direkte Vergleich zum ersten „Mythor“ Roman lohnt sich. Hugh Walker versteckt seinen zukünftigen Helden über lange Strecken des Romans und kümmert sich um die Ausgestaltung dieser Welt. Klassisch ist die besondere Bedrohung von außen zu nennen, die eher Reaktionen als Aktionen von den Helden erfordert. Da auch Mythors ebenfalls nicht rein menschliche Schwester ihr Netz spinnt, wird der Plot sowohl auf der äußeren als auch der inneren Ebene vorangetrieben. Ohne in die Details zu gehen, kümmert sich Hugh Walker um den Hintergrund dieser Welt und fasst immer wieder nicht selten in Dialogen die Zusammenhänge für den Leser sehr gut zusammen. Die Handlung und vor allem die stimmige Atmosphäre entwickeln sich gleichzeitig, während keine über den Heftroman hinaus gehenden direkten Bedrohungen aufgebaut werden, sondern wie bei einem Hindernislauf kleinere oder größere magische Hürden überwunden werden müssen. Diese Vorgehensweise ermöglicht es Hugh Walker, ganz verschiedene Aspekte dieser Welt vorzustellen. Das reicht von klassischen Schwertkämpfen eben bis zu den magischen Erscheinungen auf See, die Fritz Leiber oder William Hogdson gerecht werden. Hugh Walker geht es darum, den Leser langsamer und weniger von der Action getrieben in die Handlung einzuführen, während der eigentliche „Mythor“ Roman nicht nur den Gesetzen der „Perry Rhodan“ Serie mit am Ende des ersten Hefts etablierten und zu lösenden Herausforderungen folgt, sondern teilweise auch an Paul Alfred Müllers „Sun Koh“ Serie erinnert. Ein jugendlicher Überheld – die Titelbilder der „Mythor“ Serie haben das überdeutlich unterstrichen – der alleine auf seine Kraft und seinen Intellekt angewiesen eine kleine Truppe von Freunden/ Helfern führen muss, um die in Auflösung befindliche Welt zu retten. Hier werden selbst für die Fantasy Ende der siebziger Jahre sehr viele Klischees in den Auftaktheftroman gepackt, die erst relativ spät in der „Mythor“ Serie mit Ernst Vlceks deutlich phantastischer und damit auch weiter gespannter Exposeredaktion aufgelöst werden konnten.

Wie schon erwähnt orientiert sich Hugh Walker nicht unbedingt verkehrt an den Fantasy Geschichten Fritz Leibers, der aber meistens in seinen Kurzgeschichten direkter zum Punkt gekommen ist. Im Rahmen der „Terra Fantasy“ Reihe hat Hugh Walker unter einem anderen Pseudonym einige Ideen des vorliegenden Romans in deutlich effektiverer und damit auch stringenter Form ebenfalls genutzt und in dem Taschenbuch eher den Erwartungen der „Sword& Sorcery“ Fans entsprochen. Für eine Heftromanserie ist sein Auftaktband ohne Frage gewagt und er versucht mit dieser idealen, aber nicht immer abschließend harmonierenden Mischung aus Atmosphäre und Plotentwicklung eine deutlich breitere und wahrscheinlich im Verlaufe der nächsten Hefte auch vielschichtiger ausgebaute Grundlage zu legen als es die eher spartanische, anfänglich auch ein wenig klischeehaft abgelegte publizierte „Mythor“ Serie präsentierte. Seine Figuren sind ambitionierter, ambivalenter und vor allem auch exotischer gezeichnet. Der Held betritt beiläufig die Bühne. Es wird nicht auf ihn zugesteuert. Gäbe es den Serientitel „Mythor“ nicht oder hätte Hugh Walker einen anderen Namen für seinen nicht ganz menschlichen, von seiner Vergangenheit noch nicht erdrückend gezeichneten Protagonisten gefunden, dann wäre es nicht weiter aufgefallen und hätte sich eher als führendes Mitglied einer Gruppe denn klassischer Held mit Weltretterverantwortungen etabliert.

Ingo Löchel geht in seinem Artikel „Mythor- Die 2. deutsche Fantasy Serie“ durchaus kritisch auf die wenigen Stärken – in dieser Hinsicht wundert es, dass immerhin fast zweihundert Hefte erschienen sind und Leser gefunden haben – und die aus seiner Sicht vielen Schwächen ein. Vielleicht ist der Artikel wie von Allwördens Anmerkungen zuwenig aus einem Zeitgeist heraus geschrieben- die Aufbruchswelle Ende der siebziger Jahre, die aus der Science Fiction kommend auch auf den Horror und vor allem die Fantasy herüber schwappte – worden, aber der Kontrast zwischen Hugh Walkers abgelehnten nicht veröffentlichten Auftaktroman und den späteren Mechanismen der „Mythor“ Serie lässt sich in der hier präsentierten Kombination aus Sekundärmaterial und der betroffenen Fiktion gut ablesen. Stilistisch folgt Hugh Walker den Mechanismen seiner „Magira“ Roman. Anscheinend sollten die Protagonisten teilweise wie in der echten „Mythor“ Serie und zu vielen High Fantasy Romanen unrealistisch gestelzt sprechen, was die effektive Wirkung einiger sehr schöner Szenen eher negativ unterminiert. Zusammengefasst ist „Zauberei in Tainnia“ aber ein lesenswerter alternative rund nicht einmal schlechter, sondern sehr gut unterhaltender Alternativentwurf. Vielleicht ist die Zeit inklusiv der Medien reif, um nicht nur diesen Auftaktband zu veröffentlichen, sondern als großes Manko dieses Sammelbandes mehr über den „Mythor“ zu erfahren, den Hugh Walker ursprünglich geplant hat. Der als Hardcover veröffentlichte ergänzende „Mythor“ Roman aus seiner Feder reicht hier nicht aus. In diesem Punkt bleibt die von sehr viel Sekundärmaterial – eine komplette Biographie ist als E- Book gut, als gekauftes Buch ein wenig Platz fressend – begleitende Sammlung leider unvollständig.     

  • Taschenbuch: 164 Seiten
  • Verlag: CreateSpace Independent Publishing Platform (21. Oktober 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 1517349141
  • ISBN-13: 978-1517349141
  • Verlag Emmerich books & more
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