
Der dritte Roman der „Scareman-Saga“ aus der Feder Dirk van den Booms ist bislang der beste Beitrag zu dieser Serie. Dabei spielt weniger die See eine Rolle, sondern die Tatsache, dass der Scareman zum ersten Mal im Grunde aktiv wie direkt die Entwicklung der Welt durch die Ermordung einer wichtigen Persönlichkeit unterbinden muss und zweitens seine Kontrahenten beginnen, nicht nur dem Scareman zuzusetzen, sondern dessen grundlegende Mission zu unterminieren. Auch der Hintergrund dieses Dramas ist solide und überzeugend gezeichnet worden.
Die Meere auf Akkar stellen eine Herausforderung dar. Die Motive sind irdischer Natur. Die Ausdehnung des Handelsraums steht dabei im Vergleich zur klassischen Entdeckungsreise im Vordergrund. Im Gleichschritt entwickelt sich auch die Piraterie, wobei Dirk van den Boom zwischen den ehrlichen Piraten – solide Behandlung der Sklaven, Beförderung der Rudersklaven nach einiger Zeit zu Kriegern und schließlich Auflösung des zwangsweisen Kontraktes nach fünf Jahren – und den auch aus unzähligen Piratenfilmen bekannten Schurken unterscheidet. Zu Beginn des Romans nimmt sich der Autor vielleicht sogar zu viel Raum, um das Szenario zu entwickeln. Der Titel „Herr der Meere, Herr des Blutes“ bezieht sich auf den Piraten Gjolar. Er ist aber wie erwähnt nicht nur ein einigermaßen fairer Pirat und sehr tüchtiger Geschäftsmann, vor allem ist er ein weitblickender Schiffskonstrukteur und Schiffsbauer, dessen Ideen die Seefahrt auf dieser Welt revolutionieren könnten. Der Scareman Savkovic muss eingreifen, um diese Entwicklung zu hemmen. Im Verlaufe des Romans lernt der Leser nicht nur diesen Gjolar und seine Ideen kennen, während der direkten Konfrontation muss sich Savkovic die Frage gefallen lassen, mit welchem Recht die Erde überhaupt die Entwicklung dieser Welt hemmen darf. Natürlich ist die Alternative die schon im ersten Band vorgestellte Novabombe als Endlösung, aber die moralischen Komponenten beginnt Dirk van den Boom durch seine berufliche Vorbildung gut gerüstet aus der Gegenwart der Erde in die ferne Zukunft zu extrapolieren. Interessant ist zusätzlich, dass ausgerechnet die Ek Ek als anfängliche Antagonisten diese Punkte mehrfach und nachdrücklich ansprechen. Unabhängig vom Geschlechterproblem der Kommandanten wirken sie in diesem Roman deutlich dreidimensionaler und „menschlicher“ als der vor allem in diesem Roman gewissenslos agierende Savkovic. Dirk van den Booms Stärke ist, dass er die Manipulation und Ausschaltung von „gefährlichen“ Persönlichkeiten vielleicht ein wenig auf Umwegen auch durchsetzt. Dabei geht es den irdischen Machthabern ja nicht nur um die Ausschaltung von Ideen, sondern die totale Negierung von gefährlichen Entwicklungen. Ein einfacher Mord reicht dabei nicht aus.
Geschickt führt der Autor die verschiedenen Handlungsebenen aufeinander zu. Der Scareman ist nicht der Einzige, der auf Gjolar aufmerksam geworden ist. Als „faulen“ Kompromiss könnte der Leser noch akzeptieren, dass Savkovic zwar als Antiheld, aber wichtige Identifikationsfigur des Lesers keinen pazifistischen Wissenschaftler umbringt. Diese Idee wird im ersten Roman zumindest angerissen, aber hier findet Savkovic mit der Verbannung in ein abgeschiedenes Kloster eine zufriedenstellende Kompromisslösung, sondern es sich um einen Piraten handelt, der rücksichtslos auch Akkarer umbringt. Dirk van den Boom diskutiert nicht, ob ein so genialer Geist alleine aufgrund seiner Leistungen am Leben bleiben sollte oder ab Taten gute Ideen nicht überdecken. Es ist nur halb schockierend, dass Savkovic mit dessen Ermordung eine wichtige Entwicklung auf dieser Welt zum vorläufigen Stillstand bringt. Das feurige Finale ist sehr gut beschrieben.
Im dritten Roman der „Scareman“ Saga entwickelt Dirk van den Boom auch die Persönlichkeit des „Scareman“s in unterschiedliche Richtungen weiter. Dem Leser wird die vergangene Zeit noch bewusster, wenn davon geschrieben wird, dass das Ek Ek Raumschiff vor immerhin zweihundert Jahren abgestürzt ist. Auch wenn vor allem Entwicklungen innerhalb der Kulturen Akkar die außerirdischen „Feinde“ dieser Welt aufeinander prallen lassen, bemüht sich Dirk van den Boom, keine Plattitüden zu präsentieren, sondern auf natürlich unterhaltungstechnische Art und Weise aktuelle politische Themen vielleicht dramaturgisch zu stark extrapoliert in seinem kurzweilig zu lesenden, von einem hohen Tempo und einer sehr guten Abfolge stark beschriebener Szenen geprägten Roman anzusprechen.
Atlantis Verlag