Die Scareman Saga "Fabrik der Zahlen"

Dirk van den Boom

Sylke Brandt verfasst den vierten Band der „Scareman“ Saga „Fabrik der Zahlen“. Auch wenn das Szenario an einem anderen Ort und zu einer etwas anderen Zeit einsetzt, führt sie einen wichtigen Handlungsfaden aus dem dritten, bislang besten Roman der Serie sehr konsequent fort. Im Gegensatz zu Dirk van den Booms sehr viel direkter erzählten Beiträgen setzt die Autorin teilweise auf die Berichtsform durch eine junge gegen Ende des Buches auch relevante Zeugin und versucht so, einige Aspekte aus einer anderen Perspektive zu präsentieren.

Die „Fabrik der Zahlen“ ist eine Schule, in welcher die Grundlagen der Mathematik gelehrt werden. Die Basis für jeglichen Fortschritt. Für Savcovic ein weiterer Dorn im Auge. Während der Scareman aber im dritten Band noch Skrupel hatte, weniger das Wissen zu vernichten und damit den Fortschritt einzugrenzen, sondern fremde intelligente Wesen für ihre Anschauung, für ihre Glauben zu töten,  geht er im vorliegenden Roman deutlich skrupelloser vor. Es ist für einige Leser ohne Frage schockierend, das sich aufgrund des eher obskuren wie bislang nur fragmentarisch nachzuvollziehenden Auftrags der „Held“ als „Killer“, als meistens in entscheidenden Szenen blindes Instrument des Gehorsams entpuppt, während die Echsenartigen Ek-Ek nicht zuletzt aufgrund ihres Überlebenswillens und der Hoffnung, irgendwann diese Welt wieder verlassen zu können, als gegenteilige zumindest zeitweise positive Krat entpuppen, die ihr Wissen nicht unbedingt teilen, es aber zumindest aussäen, so dass diese Welt sich selbst entwickeln kann. Das Thema wird immer wieder angesprochen und teilweise extrapoliert, wobei im vorliegenden Roman der große Konflikt fehlt.

Andere Aspekte spricht die Autorin an. Savcovic muss erkennen, dass seine Androidenkörper keine perfekte Tarnung bieten und in einer bizarren Szene drohen sogar seine Geheimnisse aufzufliegen, weil ein Mädchen Pukka in kurzzeitig „durchschaut“ hat. Es handelt sich um die Schlüsselszene des Romans, wobei die „Deux Ex Machina“ Rettung nicht in einer klischeehaften Abfolge von vorhersehbaren Ereignissen gipfelt, sondern das angedeutete tragische „Ende“ nimmt, in dem Ray Bradburys „Fahrenheit 451“ folgend Wissen nicht unterdrückt oder vernichtet, sondern nur deren Verbreitung gehemmt werden kann.

Sylke Brandts Roman nimmt erst relativ spät Tempo auf. Bis dahin versucht sie vor allem die bislang ein wenig stiefmütterlich behandelte fremde Kultur weiter zu entwickeln und vor allem auch durch die angesprochene Berichtsform einen anderen Schwerpunkt zu legen. Zwar finden auch die Zwiegespräche zwischen der künstlichen Intelligenz und ihrem willigen Diener Savcovic statt, aber wie in den ersten „Scareman“ Bänden hat der Leser das unbestimmte Gefühl, als wollten die Autoren diesen Aspekt mit der künstlichen Intelligenz im Grunde als letzten Entscheider und dem menschlichen Helfer trotz aller Befehle als Unsicherheitsfaktor eher ambivalent statt effektiv nutzen.

Die Ek-Ek sind zwar allgegenwärtig, spielen aber im Vergleich zum folgenden Roman keine Schlüsselrolle. Ihre Idee der Evolution folgt eher den vertrauten Mustern, wobei inzwischen beide Seiten – die Ek-Ek und der Scareman- nicht nur voneinander wissen, sondern mit der Bergung der Drohne der ersten Schritt auf eine Konfrontation getan worden ist. Erstaunlich erscheint bislang, dass angesichts des waffentechnischen Potentials der im Orbit befindlichen Station Savcovic sich diesem Problem noch nicht richtig gewidmet hat, es anscheinend noch nicht einmal seinen Vorgesetzten mitteilte.

Während der dritte Band der Serie vor allem ein eher reinrassiges Abenteuer gewesen ist, bemüht sich Sylke Brandt über weite Strecken überzeugend wie nachvollziehbar, durch die interessant gestaltete Schule die andere Seite deutlicher zu zeichnen und ein mehr ambitioniertes Bild dieser Welt zu zeichnen, die Savcovic wie eine Art Racheengel jederzeit zerstören könnte. Nicht negativ gemeint liegt der Schwerpunkt mehr auf der Charakterisierung von interessanten neuen Figuren und rundet das bisher manchmal sehr rudimentäre Bild dieses Planeten zufrieden stellend ab.

Stilistisch passt sie sich nahtlos in die Serie ein und zusammenfassend extrapoliert „Fabrik der Zahlen“das bislang entwickelte Szenario sehr konsequent und für die Menschen im Allgemeinen sowie deren Handlanger Savcovic im Besonderen unangenehm bis zynisch.       

Atlantis Verlag

  • Taschenbuch: 100 Seiten
  • Verlag: Atlantis Verlag (10. Oktober 2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3864024331
  • ISBN-13: 978-3864024337