Perry Rhodan Neo 119 "Die Wut der Roboter"

Rainer Schorm

„Die Posbis“ Miniserie nähert sich mit “Die Wut der Robter“ ihrem Ende. Es ist der zweite Zehnteiler unter der Expose Regie Rüdiger Schäfers und Michael Buchholzs. Daher sind noch einige Ecken und Kanten zu verschmerzen, aber im vorliegenden Band reihen sich so viele schlechte Szenen aneinander, dass selbst Rainer Schorm mit dem Plot nicht mehr viel anfangen kann. Im Grunde imitieren alle drei an diesem Roman beteiligten Autoren einen verhängnisvollen Hang zum amerikanischen Action Film, in welchem mehr leider aus logischer Sicht viel weniger ist.

Die CREST I ist von den Posbis besetzt worden. Die Posbis wollen einen großen Teil des Schiffsinneren für das Plasma von Anich nutzen. Dabei wird auf die Deuterium- Treibstofftanks zurückgegriffen. Die Reichweite der CREST ist eingeschränkt. Die Stoffwechselprozesse des Plasmawesens in seiner ganzen Pracht überfordern die Lebenserhaltungssysteme, wobei sich hier die Frage stellt, warum die Deuterium Treibstofftanks überhaupt dort angeschlossen sind. Sie fallen für einen normalen Umluftzyklus grundsätzlich aus. Klar können sie beim „Betanken“ mit Sauerstoff in Berührung kommen, aber wie bei einem Auto ist es sinnfrei, diese Stellen des Schiffes an die Lebenserhaltungssysteme selbst passiv anzuschließen. Die Atmosphäre an Bord des Raumschiffes ist auch außerhalb der Tanks so schlecht, dass es die Menschen krank macht. Auch hier bewegen sich die Autoren auf einem sehr schmalen Grat. Entweder werden die Menschen als „wahres Leben“ anerkannt oder nicht. Wenn sie nicht anerkannt werden, macht es keinen Sinn, ihnen unter strenger Aufsicht der ungefähr einhundert Posbis die Kontrolle über das Schiff zu lassen, zumal es die Roboter deutlich schneller und effektiver ausführen können. Hinzu kommt, dass sie vorher allen Datenmühl aus den Schiffsystemen entfernt und nur wichtige Informationen aufgespielt haben.  Also sind die Menschen überflüssig.  Wenn sie dagegen wirklich eine Form des „wahren Lebens“ wären, dann gingen die Roboter vorsichtiger mit ihrer Gesundheit um.

Passend ist die Weltuntergangswaffe in einem der Laderäume platziert worden. Gucky befindet sich plötzlich ohne weitere Erklärungen ebenfalls an Bord der CREST 1.  Es wirft aber ein bezeichnendes Licht auf Perry Rhodan, dass er eine labile Mutantin ohne die Unterstützung des erfahreneren Guckys auf lebensgefährliche Missionen geschickt hat, obwohl dieser greifbar gewesen ist. Auch wenn der „Neo“ Gucky nicht mit dem Retter des Universums vergleichbar ist und die „Neo“ Mannschaft sich bemüht, die bekannten Protagonisten ein wenig anders zu beschreiben, sollten sie auf Kontinuität Wert legen und nicht auf jetzt schon personentechnische „Deus Ex Machina“ Lösungen zurückgreifen. Den Mutanten um Gucky gelingt es, mit Perry Rhodan und seinen Leuten nicht nur im Plasmatank Kontakt aufzunehmen, sie finden auch einen unbesetzten und vor allem anscheinend aus der Zentrale nicht überwachten Kontrollstand. Der Plan ist es,  die Bajun Bombe zu entschärfen. Dank des Materiedurchdringungsfeldes wird versucht, nicht nur die Struktur der Bombe zu untersuchen und dabei auch das Risiko einzugehen, sie an Bord des Raumschiffs zu zünden. Hilfe bekommen sie von Tim Schablinskis geheimnisvollen Würfel, der sich als blauleuchtende, wolkig seicht geränderte Pyramide ebenfalls strukturell verwandelt und den Mutanten folgend in die Bombe eindringt. Der Würfel schaltet die Bombe scharf, da es sich um ein Tabernakel der Liduuri handelt, die bislang im Verlaufe der Serie aber immer anders beschrieben worden sind. Herrlich wird es, dass die Posbis nicht etwa auf den logischen Gedanken kommen, die Bombe aus dem Hangartor ins All zu befördern und damit eine gefühlte Unendlichkeit von schlecht belüfteten Posbisplasma zu retten, sondern nach Empfangen des Schärfungsimpulses beginnen, sowohl die Fabrikwelt als auch die CREST zu evakuieren. Perry Rhodan bringt dann das Schiff unter Kontrolle, obwohl ein großer Teil der Crew aufgrund der zunehmenden Panikimpulse ohnmächtig geworden ist. Wie gut, dass es der Rettungsmannschaft aus dem Plasmacontainer anders ergeht. 

Mit dem unlogischen Vorgehen bei der Entschärfung der Bombe sowohl durch Menschen/ Mutanten als auch hinsichtlich der Reaktionen hinsichtlich der Posbis zeigt sich weiterhin die größte Schwäche der „Neo“ Serie. K.H. Scheer ist ein Techniker gewesen, der sich immer wieder bemüht hat, den Transfer von Wissen plausibel darzustellen. Selbst bei den anfänglichen Kommandounternehmen während der „Raumschiffdiebstahl“ Phase der Serie hat sich Scheer immer dafür eingesetzt, die Adaption von fremder Technik glaubwürdig zu beschreiben. In dieser Hinsicht strukturierte sowohl Frank Borsch und agieren Michael Buchholz/ Rüdiger Schäfer viel zu sorglos. Obwohl nicht so viel Zeit vergangen ist, verfügen die Terraner über eigenständig nach den Vorlagen entwickelte eindeutig "menschliche" Technik in fast jeglicher Form, als aufgrund der Kürze fremde Technik zu adaptieren. Wenn diese dann den Arkoniden auch noch aus dem Nichts heraus überlegen ist, erscheint es noch konstruierter, zumal Terra keine Ruhephase wie in der Erstauflage gehabt hat. Der Umgang mit gefährlicher unbekannter Technik wird in diesem Roman auf die Spitze getrieben. Auf der anderen Seite agieren die Fremden – dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Posbis oder reine Außerirdische handelt – viel zu menschlich. Der Haupthandlungsbogen ist unabhängig von den solide geschriebenen Actionszenen in mehrfacher Hinsicht eine einzige Enttäuschung und „Die Wut der Roboter“ -  Roboter sind keine Posbis und können keine echten Emotionen wie Wut zeigen, aber das ist nebensächlich – zeigt vom Titel an den eher bemühten Versuch, viel Handlung ggfs. auch mit den Pseudoquellcodes der Posbis in einen zu kurzen Roman zu pressen. Dabei wird jegliche Logik über Bord geworfen und Anschlusstechnisch ist „Perry Rhodan Neo“ 119 aufgrund des unerwarteten Auftauchens von Gucky eine echte Farce.

Selbst die obligatorische Nebenhandlung um Eric Leyden wirkt höflich gesprochen bemüht. So muss am Ende eine geistige Abwesenheit eines der beiden Posbis, den Eric Leyden mit Schnittstellenersatzteilen ausgestattet hat, herhalten, damit Eric Leyden aus der Position der zustimmenden/ zuhörenden Geisel heraus seinen „Gegenspieler“ den Strukturen der James Bond Filme folgend zerstören und damit die Fabrikanlagen wieder unter Kontrolle bringen kann.Leydens Kur hat vor allem Chabs Paranoia verstärkt, so dass er einen ganz großen Abgang plant. Das wirkt alles ausgesprochen bemüht und der Spannungsaufbau ist kaum vorhanden. In diesem Chaos gelingt es den Teams um Atlan sowie der ehemals von dem inzwischen Chab zuhörenden Leyden angeführte Gruppe sich zur Leka des Arkoniden durchzuschlagen. Für den Cliffhanger hat Rainer Schorm zumindest eine Überraschung bereit, wobei auch hier erstaunlich ist, mit wie wenig geprüfter Ausrüstung ein erfahrener Mann wie Atlan wirklich in den Einsatz zieht. Es passt aber zu den unterdurchschnittlichen Charakterisierungen des vorliegenden Romans.  Die „Neo“ Autoren haben trotz inzwischen mehr als einhundert Taschenbüchern immer noch Probleme nicht nur mit den wichtigsten Hauptfiguren wie dem lange passiven Perry Rhodan, sondern auch mit den Nebencharakteren. Da werden zwischen den einzelnen Taschenheften einige Widersprüche aufgebaut.  Zumindest ist Eric Leyden in seinem Moment des Ruhm zumindest ein wenig nachdenklich. Trotz aller guten Vorsätze ist er für die Fehlentwicklung verantwortlich. Es ist schade, dass diese guten Szenen mit scheiternden Menschen auf höchster Ebene oder Missionen, die nicht nur aufgrund von Fehlplanungen, sondern Unkenntnis der Gegner ins Leere laufen, so selten in der „Neo“ Serie zu finden sind. Stattdessen immer wieder stark konstruierte Szenen und vor allem leider ein fehlendes Gespür inklusiv entsprechender Routine für die dramaturgisch wichtigen Szenen innerhalb der einzelnen Romane. Der vorletzte Roman beweist, dass auch die zweite Miniserie von Rüdiger Schäfer/ Michael Buchholz enttäuschend verlaufen ist und die Posbis leider im Vergleich zur Erstauflage verwurstet worden sind.    

Pabel Verlag, Taschenheft, 160 Seiten

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