Heliosphere 2265- Band 11 Vergeltung

Andreas Suchanek

Der vorletzte Band der ersten Miniserie verfügt im Vergleich zum zehnten und vor allem zwölften Teil der Serie über insgesamt drei Handlungsebenen, die wie bei einem Mosaik das Gesamtbild vervollständigen, es aber nicht abschließen. Die Hinweise auf den Jahrhundertplan, dessen Konsequenzen Captain Cross stellvertretend für die Leser erst mit dem letzten Roman erkennen wird, zeigen, dass die Verschwörung innerhalb der menschlichen Führung, das erneute Aufflammen des Parlidenkonfliktes und schließlich das Auffinden der Artefakte – sie stellen einen nutzbaren Gegenstand dar, dessen Kräfte noch ambivalent sind, der aber nur nutzbar und nicht replizierbar ist – wahrscheinlich nur kleine Beben im Rahmen der intergalaktischen Geschichte sind.

Die Befreiung der Gefangenen durch die Rebellen auf der Erde hat sich als trojanisches Pferd entpuppt. Im Körper insbesondere des Walkersohns befand sich ein modifiziertes Virus, das mit neunzig prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich ist. Die Menschen haben keine Heilmittel dagegen, während im Rest der Galaxis anscheinend relativ schnell ein Gegenmittel gefunden werden kann. Andreas Suchanek beschreibt die Ausbreitung der Seuche innerhalb des Rebellensystems dramatisch und lässt einige interessante Nebenfiguren an dieser grausamen Krankheit sterben. Im Grunde ist die Situation wie bei der Fernzündung mittels einer Botschaft aussichtslos. Aber Andreas Suchanek präsentiert zwei unabhängig von einander funktionierende „Rettungen“, die sich nicht zum ersten Mal wie „Deus ex Machina“ lösungen präsentieren. Da wäre zum einen die Besatzung der „Hyperion“, die sich auf dem Weg zum neutralen Planeten „CORE I“ befindet, wo Sjöbergs Gattin vor ihrem Verschwinden in den Archiven der ansonsten neutralen Kybernetiker nach wichtigen Hinweisen hinsichtlich der Verschwörung gesucht hat. Die auf allen Gebieten überlegenen Kybernetiker reinigen die „Hyperion“ Besatzung bei ihrer Ankunft von den potentiellen Grippeviren. Die Rebellen im Alzirsystem werden von einer dritten Seite gerettet, deren Eingreifen ein wenig angesichts des Handlungsverlauf überrascht. Sie haben bislang eher zu Sjöberg und seinen Männern tendiert und vor allem nur widerwillig ihre einzigartige Technik für ein waghalsiges, hinterhältiges Kommandounternehmen zur Verfügung gestellt. Auch wenn diese Auflösung nicht gänzlich befriedigend ist, spielt der Autor die richtigen Tasten auf seiner Klaviatur und erzeugt auch angesichts der zahlreichen Nebenfiguren, die an der grausamen Krankheit sterben, ausreichend Spannung.

 

Viel interessanter sind die Hintergrundrecherchen, die Cross auf „CORE I“ in die Wege leitet und die ihn schließlich in einen gänzlich anderen Konflikt hineinziehen. Die Verschwörung des Schattennetzwerkes ist dabei wieder nur eine weitere Schale einer Paranoiazwiebel. Stark und Sjöberg scheinen austauschbar zu sein, zumal eine gänzlich andere Macht sich ihrer auf eine einzigartig faszinierende, aber auch zu wenig vorbereitete Art und Weise bedient hat. An dieser Stellen zeigen sich die Stärken und leider auch kleinere Schwächen der „Heliosphere 2265“ Serie.  Die Fähigkeiten dieser Verschwörergruppe oder des Verschwörers sind phantastisch, wirken allerdings auch wie ein zu starker Kontrastpunkt zu der bislang technologisch sehr solide entwickelten Serie. Die Idee erinnert eher an die Frühzeiten der „Perry Rhodan“ Serie, wobei Andreas Suchanek sie geschickter entwickelt und an seine Realität anpasst. Kann der Leser mit dieser Idee leben, dann stellt sich die Frage, warum insbesondere Cross verschiedene, im Grunde absichtlich widersprechende Informationen zugespielt werden. Die Idee, das fast alle Helfer Pendergasts und Cross ihre eigenen Motive haben und sie nur Dominosteine auf einer intergalaktisch gigantischen Spielfläche sind, ist interessant und wird jederzeit auch nachvollziehbar erzählt, es erscheint aber zu viel auf einmal. Der Katalysator für den Plan kann nicht das Auffinden der Artefakte im ersten Roman gewesen sein. Dafür ist die Kontakt zu zufällig, zumal Cross diese Stücke ja nicht entdeckt, sondern nur geborgen hat. Auch die Idee nicht nur eines Jahrtausendplans, sondern eines Artefakts, das von einer uralten Rasse zurückgelassen, genutzt, aber nicht nachgebaut werden kann, erscheint zu ambivalent entwickelt. Angesichts des bisherigen Handlungsverlaufs hat sich Andreas Suchanek immer positiv sehr viele Türen offen gelassen. Er darf aber nicht den Rahmen sprengen, was angesichts des ersten Epilogs dieses Romans fast der Fall ist. Zum ersten Mal wird Cross insbesondere von McCall benutzt und bedroht, ohne das es angesichts ihrer bisherigen Möglichkeiten dafür eine nachhaltige Notwendigkeit besteht. Das wirkt ein wenig zu stark konstruiert und konzentriert das bislang über verschiedene Ebenen entwickelte Szenario zu sehr auf Cross, der hoffentlich sich nicht im letzten Roman als letztes Puzzlestück entpuppt, sondern ein Offizier bleibt, der fast widerwillig in diesen Strudel aus Ereignissen gerissen worden ist.

Zusammengefasst ist „Vergeltung“ ein Roman, der gerade wegen seiner drei Handlungsebenen in zwei relevanten Punkten funktioniert. Für die Dramatik ist die Virusstoryebene zuständig, die wie schon angedeutet nicht ganz zufrieden stellend und vor allem zu schnell, zu simpel abgeschlossen worden ist, während die Hintergrundinformationen dem Leser wie Captain Cross im wahrsten Sinne des Wortes um die Ohren geschlagen werden. Interessant ist, dass sich Andreas Suchanek immer wieder einzelnen Themenebenen – der Putsch, das Volk der Kybernetiker und schließlich immer wieder ein Hinweis auf alte Zivilisationen mit in ihrer Kraft nicht kalkulierbaren Artefakten – der „Sternenfaust“ Serie nähert, um in letzter Sekunde in eine gänzlich andere, auf den ersten Blick sehr viel komplizierter, aber nachvollziehbar konzipierte Handlungsebene abzuschwenken. Das Finale wird zufrieden stellend bis gut vorbereitet. Es bleibt abzuwarten, in wie weit der Autor die einzelnen, in „Vergeltung“ schon sehr gut reduzierten vielen roten Handlungsfäden miteinander verknüpft und vor allem abschließt. 

 

 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 2571 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 121 Seiten
  • Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (23. September 2013)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00FF891KM