Dr. Who- The Coming of the Terraphiles

Michael Moorcock

Mit "The Coming of the Terraphiles" schaffen es die Macher der "Dr. Who" Serie im Rahmen ihrer Buchveröffentlichungen zu überraschen und schockieren. Der Roman stammt aus der Feder Michael Moorcocks, eines der besten und ohne Frage auch einfallsreich exzentrischen Autoren der "New Wave" Bewegung. Wäre das nicht alleine als Überraschung genug haben sie ihm freie Hand gelassen, so dass eine Hommage an seinen berühmten Jerry Cornelius in Form des melancholischen Weltraumpiraten Cornelius genauso auftritt wie eine Verbindung zu Moorcocks berühmten Multiversum geschaffen wird. Mit dem exzentrischen Übercharakter des "Dr. Who" wird Moorcock ein literarisches Werkzeug in die Hand gedrückt, aus dem er mit einem unglaublich verblümten, überzogenen, karikaturartigen Stil in einer überdrehten Geschichte insbesondere für die ältere Lesergeneration, die mit seinem Zyklus um die "Tänzer am Ende der Zeit" aufgewachsen ist, so viel macht. John M. Ford ist ähnliches mit "How much for just the planet?" im "Star Trek" Universum gelungen. Alleine der Untertitel "Pirates of the Second Aether" macht deutlich, das der Autor in erster Linie eine lustige Parodie in der Tradition Philip Jose Farmers ohne dessen pubertierenden Sex geschrieben hat. Es ist eine Mischung aus unschuldigem Jugendabenteuer, wie es die "Dr. Who" Serie insbesondere unter Tom Baker verkörperte, Douglas Adams respektlosem Wortwitz und Moorcocks so exotischen Hintergrundszenarien, welche nicht nur zur Lektüre einladen, sondern "The Coming of the Terraphiles" (alleine der Titel zeigt, wie ernst die Handlung zu nehmen ist) zu einem der besten alleinstehenden "Dr. Who" Bücher der langen Geschichte machen.  Überraschend ist, dass Moorcock nach seinen nicht immer nachhaltig erfolgreichen Abstechern in den Mainstream und die Fortsetzung seiner "Elric von Melnibone" Saga den Mut und auf jeder Seite spürbar die Lust gehabt hat, wieder zu den Science Fiction Wurzeln seiner Karriere zurück zu kehren und ein Buch zu präsentieren, das in der vorliegenden Form direkt aus den experimentierfreudigen Siebzigern in die Gegenwart gedrungen ist und auf dem umkämpften Buchmarkt eine Daseinsberechtigung gefunden hat.

Auf den ersten Blick nutzt Moorcock einen alten Plot: ein gigantischer Spielplan mit einer Auseinandersetzung, an der die Zukunft nicht nur des Universums, sondern vieler Multiversen hängt. Der Siegerpreis ist "The Arrow of the Law" - wie das vom Doctor herausgegebene Fanzine "Novae Terrae" eine Anspielung auf Moorcocks eigenes Werk bzw. das von ihm vor "New Worlds" publizierte Fanzine - , an dem verschiedene Gruppen Interessen haben. Aus Langeweile hat sich der Doctor der Gruppe der "Terraphiles" angeschlossen, um an den Wettkämpfen auf dem entfernten Planeten Miggea teilzunehmen. Die Wettkämpfe erinnern an eine Mischung terranischer Rituale mit unzähligen Anspielungen auf die diversen "Robin Hood" Legenden und natürlich dem Bogenschießen als elementaren Wettbewerb. Das die eine Gruppe auch noch Cricket spielt, sei nur am Rande erwähnt. Zu den Elementen der Screwball Komödie gehört der Diebstahl eines überdimensionalen, häßlichen Hutes, der ein Vermögen gekostet hat und einen weiteren Schlüssel zu Rettung des Universums beinhalten könnte. Dies betrachtet Moorcock eher als eine Art Running Gag, während der Wettkampf am Ende des Buches fasst als Zusammentreffen alter Freunde und noch älterer Feinde gesehen werden sollte. Neben dem charismatischen, melancholischen Cornelius, dessen Rolle allerdings zu wenig entwickelt worden ist, sind es die unsichtbare Lady oder die Mitglieder der "Gentlemen" Gruppe, die aus Moorcocks angesprochenen "Tänzer am Ende der Zeit" Zyklus direkt in den "Who" Kosmos gewechselt scheinen.

Seine Zukunftsvision besteht aus einer überzogenen Extrapolation der neureichen britischen Gesellschaft, wie sie in den sechziger und siebziger Jahre so typisch gewesen ist. Arroganz und versnoppt, halb gebildet und selbstverliebt, die auf Titel noch mehr Wert legt als auf Geld. Auf der anderen Seite leben diese Karikaturen ein nicht nur einsames Leben, sondern am Rande des Ruins. Moorcock macht sich einen Spaß daraus, ihnen mittels des Doctors den Spiegel ins Gesicht zu halten und ihre Affektiertheit zu demontieren. Es ist selten, dass insbesondere in diesen Film Tie In Romanen die Nebenfiguren so dreidimensional, so übersitzt charakterisiert worden sind. Natürlich muss sich Moorcock auch immer wieder nahe am Klischee bewegen, um seine Botschaft und vielleicht seine implizierte Kritik an den Leser zu bringen, aber mit seiner eleganten Routine macht er es leicht, diese Figuren gleichzeitig zu schätzen wie auch zu hassen.

 

Neben den Anspielungen auf Robin Hood fügt Moorcock aber Elemente diverser Piratenepen genauso ein wie eine Hommage an "In achtzig Tagen um die Welt". Um den gigantischen Raumer nach Miggea zu erreichen, müssen Dr. Who, seine Begleiterin Amy und die anderen Mitglieder des Teams eine wahre Odyssee zurücklegen, die für einen eigenen Roman gereicht hätte. Mit dem zweiten Äther und den Chaos Ingenieuren verbinden sich schließlich beide Kosmen und bilden etwas Neues aus. Moorcocks extrem gestelzter, absolut künstlicher und deswegen im Original nicht leicht zu lesender, aber ansteckender Stil gibt dem elften Doctor und der flirtenden Amy einen grotesk künstlichen Hintergrund, vor dem nur ein derartig exzentrischer Geschehen ablaufen kann. Aber Moorcock macht gegen Ende des Buches auch sehr viel richtig. Unabhängig von den diversen Happy Ends inklusiv verschenkter Planeten mit Adelstiteln lässt er nicht den Doctor, aber zumindest das Gute gewinnen. Die finale Auseinandersetzung ist ein Kampf unter Gleichen und wird britisch fair auf dem Feld der Ehre geführt. Das Auseinanderbrechen der Multiversen ist ein Vorgang, den Moorcock in drastischen Weltuntergangsfarben voll perfider Schönheit beschreibt, dass der Leser unwillkürlich sich ein derartiges Ende wünscht. Hier macht der Brite vielleicht ein oder zwei Kompromisse. Auch die Idee, das Objekt der Begierde erst zu verstecken, um es dann wieder zu finden, wirkt wie eine unnötige Möbiusschleife, die nur ihres Effekts wegen in die Handlung platziert worden ist. Natürlich ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste, aber rückblickend hat der Doctor dann nicht nur seine Feinde, sondern vor allem auch seine Freunde in die Irre gelockt.  

 

Zusammengefasst ist „The Coming of the Terraphiles“ seit vielen Jahren nicht nur der erste Moorcock Science Fiction Roman, sondern einer der wenigen Film Tie In Roman, der die implizierte Exzentrik der „Dr. Who“ Serie auf ein erwachsenes sehr unterhaltenes Niveau hebt.

 

  • Taschenbuch: 352 Seiten
  • Verlag: BBC Books; Auflage: Reprint (4. August 2011)
  • Sprache: Englisch
  • ISBN-10: 1849901406
  • ISBN-13: 978-1849901406