The Corpse wore Pasties

The Corpse wore Pasties, Titelbild, Rezension
Jonny Porkpie

Jahre bevor mit “Soho Sins” ein New Yorker Kunsthändler einen  Roman aus der  elitären In Szene der New Yorker Galeristen veröffentlicht hat, publizierte der gleiche Verlag Hard Case Crime  2009 einen anderen Insiderkrimi  aus der Feder  des  selbst ernannten Bürgermeisters der Burleske New York City.  „The Corpse  wore  Pasties“  ist in mehrfacher Hinsicht ein ambitionierter Krimi aus der Feder  des Stand In Komiker  und Theaterautoren Jonny Porkpie, der  gleichzeitig die Hauptrolle als Erzähler und lange Zeit einziger Verdächtiger in einem Mordfall übernommen hat. Diese enge Verbindung zwischen Autor und Protagonist ist auf der einen Seite eine Herausforderung für  junge Autoren,  welche Porkpie auf der anderen Seite souverän immer mit einem Augenzwinkern und vor  allem ausgesprochen pointierten Dialogen löst.  Der  Leser ist genau wie der bemitleidenswerte Protagonist auf Augenhöhe, wobei Porkpie absichtlich zwischen den zeitlichen Strängen hin und her springt. Auf die Dauer wäre es ermüdend, mitten in einer Verfolgungsjagd aufzuwachen und die Ereignisse bis dahin erzählt zu bekommen. Da Porkpie aber souverän die jeweiligen Ausgangslagen variiert und die Verfolgung des  halbnackten Erzähler  mit seinem markanten  Hut nachts auf der Brooklyn Bridge gejagt von fünf Mitgliedern einer Heavy Metal Band zu den nicht nur sprachlich, sondern visuell beeindruckenden Szenen gehört, ist diese Vorgehensweise opportun, aber nicht opportunistisch.

Für den eigentlichen Plot schöpft der Autor aus dem Fundus seiner Erfahrungen und stellt die schmuddelige Welt der Burleske, der „oben ohne“ Bars und schließlich sogar der verschiedenen Spezialitätenhäuser entlang der  sündigen Meilen New Yorks grell, aber objektiv vor.  Gleich zu Beginn zeigt Porkpie auf, das nackte Haut in einer entsprechenden Show nicht anturnend, sondern etwas Normales ist. 

Gleich zu Beginn hat er die Leitung einer Burleske Show für eine Freundin übernommen, welche einige Tage nicht in New York ist.  Zwischen den einzelnen Nummern unterhält  Porkpie das Publikum mit  eher schalen Witzen.  Alle wunderschönen Akteure sind Porkpie bekannt und mit wenigen Worten stellt er sie vor. Diese Vorgehensweise ist wichtig, da sie alle zusammen mit ihm als Hauptverdächtigen an der Ermordung Victoria  Vices mitgewirkt haben könnten.  Victoria Vice ist nicht sonderlich beliebt, da sie ihren Ruhm vor allem aus dem geistigen wie körperlichen Diebstahl der Inhalte anderer Künstler errungen hat. Niemand mag sie und Porkpie ist überrascht, als sie aus dem Nichts heraus ebenfalls auf dem Programm steht. Noch schockierter ist er, als Victoria sich auftrittstechnisch vordrängelt und die Nummer von Angelina Blood kopiert, die kurze Zeit später unwissentlich auftreten soll. 

Victoria zieht sich auf der Bühne aus und will lasziv einen Selbstmord mit einer Flasche Rattengift vortäuschen. Nur ist in der Flasche echtes Gift und Porkpie hat ihr diese Flasche auf ihre Bitte hin während ihrer Show gegeben.  Also ist er umgehend der erste und für die faule  Polizei einzige in Frage kommende Verdächtige. 

Auf den ersten fünfzig Seiten hat der Autor nicht nur das Ausgangsszenario  entwickelt und den perfekten Mord auf offener Bühne dargestellt, sondern rückblickend alle weiteren in Frage kommenden Verdächtigen vorgestellt. Da die Polizei ihn verhaften möchte, muss er sich unter zeitlichem Druck alleine auf die Suche nach dem Mörder machen. 

Obwohl der Hintergrund der Geschichte grell,  pikant und belustigend zu gleich ist, entwickelt sich ein klassischer Krimi  mit dem überforderten Porkpie als Verdächtiger und Ermittler zugleich. Vielleicht die einzige Schwäche des sehr kurzweilig zu lesenden, in einem selbstironischen Ton geschriebenen Buches ist das Finale, in dem wieder chronologisch vorausgreifend die wichtigsten Informationen nachgeholt werden müssen. Wer aber den Roman bis dahin sehr genau verfolgt hat, wird erkennen, dass der  Mörder nur derjenige sein kann, dessen Alibi auf den ersten Blick am Perfektesten  ist.  Eine Weisheit aus zahllosen Agatha Christie Krimis. Aber Porkpie wäre nicht ein brillanter Stand Up Unterhalter, wenn er nicht noch eine weitere Note hinzugefügt hätte. Auch wenn alle Spuren auf Victoria als isolierte Kopistin und folglich Zielobjekt diverser Rachekationen hindeuten, hat Porkpie in  diesem Punkt eine mittelbare Überraschung parat, die  für den Leser mangels  Hintergrundinformationen nicht zu erkennen ist. 

Der  Kriminalplot ist solide strukturiert und mit einem hohen Tempo erzählt. Neben der Verfolgung über doe Brooklyn Bridge wird er in einem Sado Maso Studie von seiner langjährigen Frau ein wenig „gefoltert“ oder muss weitere Verdächtige auf einer Damentoilette in einem schmierigen Nachtclub verhören. Das ein Finale nur auf der Bühne vor  Publikum stattfinden kann, steht außer Frage.

Neben diesen einzelnen Schauplätzen sind es aber vor allem die einzelnen Protagonisten, welche Porkpie beginnend mit der teilweise zynischen Selbstironie der  eigenen Person gegenüber entwickelt hat.  Neben den pointierten  doppeldeutigen Dialogen sind es vor allem die weiblichen Protagonisten, welche keine Scheu haben, ihre Haut zu vermarkten, aber auf der anderen Seite unabhängig von einer relativ freien Sexualität  weit von Prostituierten mit Herzen aus Gold entfernt sind. Mit kleinen Details wirken sie alle dreidimensional und lassen sich positiv sehr gut voneinander unterscheiden. Der arme Porkpie muss in diesem Schaufenster der Schönheit leiden, während einige der Frauen auch kleine  erotische Spiele mit ihm treiben. Alles in einem überschaubaren Rahmen, den Porkpie ist mit einer sehr attraktiven, aber nicht eifersüchtigen Künstlerin seit vielen Jahren glücklich verheiratet. 

Dass die Polizei wie  Klischees daher kommen, ist eine Abrundung dieser klassischen Detektivgeschichte vor einem grellen, amorösen Hintergrund des New Yorker Amüsierbezirks. Weiterhin positiv ist, dass Porkpie unabhängig von der verspielten Struktur seines Buches das Tempo souverän variiert und einige sehr gute Actionszenen verfasst hat, welche dem Geist New Yorks entsprechen und trotz der absichtlichen Anspielungen auf zahllose Actionfilme eigenständig wie originell erscheinen.

Wie gut der klassische Kriminalroman vor fast jedem Hintergrund funktioniert, beweist „The Corpse wore Pastis“ auf eine überzeugende, zeitlose Art, wobei  der Insider Porkpie vielleicht das eigene Leben ein wenig zu sehr verschönernd und Glamour suchend, wo harter Kommerz vorherrscht,  mit einer souveränen wie ironischen Stimme die Geschichte überzeugend, unterhaltsam und vielschichtig erzählt. Ein  überzeugendes originelles Debüt, das mit den Gesetzen des Kriminalromans spielt, sie aber an jeder Stelle auch respektiert.       

  • Series: Hard Case Crime (Book 62)
  • Mass Market Paperback: 224 pages
  • Publisher: Hard Case Crime (March 29, 2011)
  • Language: English
  • ISBN-10: 0857683616
  • ISBN-13: 978-0857683618
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