Perry Rhodan Planetenroman 318 "Die dunklen Jahrhunderte"

Ernst Vlcek

Als Perry Rhodan Planetenroman 318 erschien Ernst Vceks vorletztes Taschenbuch im Jahre 1989. Im Grunde ist der hinsichtlich der Rahmenhandlung im Jahre 1145 NGZ spielende Roman ein klassisches Episodenabenteuer, in dessen Verlauf eine Reihe von unabhängigen Ereignissen, aber nicht immer Geschichten miteinander verbunden worden ist. Der Wiener Autor nutzt dieses Format, um eine Reihe von Geschichten und Schicksalen aus der Zeit der Cantaro zu erzählen. Es ist nicht unbedingt notwendig, den ganzen Hintergrund zu kennen, da einige der Episoden eher wie geschichtlich historische, aber auch subjektive Zusammenfassungen erscheinen und nicht voneinander isoliert zu betrachtende Geschichten.

Interessant ist, dass Ernst Vlcek auch mit der Schöpfungsgeschichte spielt. Die einzelnen Kapitel bestehen aus sieben „Wochentage“ der besonderen Art.  Vom Montagsgerät über den Valentinstag oder den Ertrusertag bis zum Gründonnerstag und kalendarisch nicht ganz richtig dem Freitag, der 13., der ja immer vor dem Valentinstag in einer Woche sein muss. Die Schiffstaufe ist den Sonntagskindern vorbehalten und als ironische Abgesang ist der achte Tag der ELYSIAN Woche gleichzeitig ein möglicher Ausblick auf eine Fortsetzung, die Ernst Vlcek nicht mehr geschrieben hat. 

Das zusammenfassende Element ist die Bordpositronik des Raumschiffs ELYSIAN, das aber nicht wie der Klappentext impliziert ausschließlich ein Medo Schiff gewesen ist. Auf dem Raumschifffriedhof Assih- Barang findet der Raumfahrer Densodder schließlich Schutz in dem wie ein Bügeleisen aussehenden Raumschiffwrack finden. Densodder hat jahrzehntelang nach diesem Ort gesucht, wo tausende von ausgedienten Raumschiffen herumliegen. Wie es sich für eine Schatzkammer gehört, wird sie auch bewacht. Und der Wächter hat ihm den Rückweg zu seinem Raumschiff ALQUAAM abgeschnitten.  Densodder erinnert sich bei einer seiner Expeditionen auf einen redseligen Syntron getroffen zu sein, der zur ELYSIAN gehört. Während Densodder dort noch auf Nahrung, einen Unterschlupf und vor allem auch Sauerstoff hofft, beginnt die Syntron ihm die wahre Geschichte der Milchstraße zu erzählen.

Der Auftakt des Buches ist nicht nur spannend. Auch wenn der Leser alle Informationen aus Densodders subjektiver Perspektive erfährt und er zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich glauben mag, das fast unversehrte Raumschiff sich in der äußersten Eastside befinden könnten, lädt Ernst Vlcek seine Leser auch mit einem Augenzwinkern ein, diese angeblich wahre Geschichte zu hören. Die Idee der Legenden , welche die Wahrheit lange abgelöst haben, ist ein altes Motiv, das John Ford in „Der Mann, der Liberty Wallace erschoss“  auf die perfektionierte Spitze getrieben hat. So weit geht Ernst Vlcek nicht, aber an Hand der langen Geschichte des Raumschiffs ELYSIAN hat er viele Möglichkeiten, Galaxis weite Ereignisse immer mit persönlichen Schicksalen zu kombinieren.

Es ist erstaunlich, welche dominante Rolle dieses kleine unscheinbare Raumschiff in seiner langen Geschichte gespielt hat. Das erste Kapitel handelt von der Schiffstaufe dieses Prototyps, der in erster Linie als Luxusyacht die private Schiffswerft Delta Spaces vor dem Ruin retten soll. Dieses Vorhaben scheitert und viele Jahre später schenkt der damalige Ehrenpräsident das Raumschiff seiner einzigen Tochter.

Ernst Vlcek zeigt anschließend am Schicksal von Vater und Tochter, welche weitreichenden Folgen die vielen intergalaktischen Kriege bei „normalen“ Menschen hinterlassen haben. Es sind diese tragischen Momente, welche „Die dunklen Jahrhunderte“ aus der Masse vieler Perry Rhodan Geschichten heraushebt.

Im Laufe der nächsten Episoden wird ein geheimes Logbuch von Vanity Fair angelegt, nachdem, sie Galbraith Deighton gearbeitet und von Reginald Bull schwanger geworden ist. Es ist eine der wenigen Episoden, in denen Ernst Vlcek eher große Ereignisse abhandelt, ohne die zugrundeliegende Handlung voranzutreiben.

Später wird Homer G. Adams die ELYSIAN als Fluchtraumschiff nutzen oder sie wird Teil der Rückkehrbewegung, mit welcher Menschen im Jahre 545 NGZ das Recht eingeräumt wird, zur Erde zurückzukehren. Das wirkt bei einem Raumschiff befremdlich, das nur insgesamt sechs Personen mitnehmen kann.  Ernst Vlcek hat hier abschließend eine eher schwache und leider nicht originelle Erklärung.

Der Österreicher ist immer vom Zirkus fasziniert gewesen. Nicht umsonst hat er „Die größte Schau des Universums“ genauso geschrieben wie den Klamaukroman „Der Nakk und die Kartze“, der wie eine Menagerie erscheint.  Folgerichtig hat die ELYSIAN – inzwischen heißt sie Klamauk – auch zwei populäre Künstler von einem Planeten zum Anderen transportiert.  Die Köpfe der Truppe sind der körperlich verkrüppelte Squarsh und die Tänzerin Piper.      

Im Laufe der weiteren Episoden wird Ernst Vlcek einzelne Handlungsteile bzw. Schauplätze miteinander verbinden.  Mardi Gras ist der Planet, auf dem die Tochter des Erbauers des Schiffes ihren Tod gefunden hat. In einer weiteren auf Täuschung basierenden Episode „Es grünt so… Gründonnerstag“ wird der Planet ebenfalls eine Reihe spielen. Len Deigthon wird mehrmals nur indirekt in die Handlung einbezogen, während Rebellion gegen die jeweiligen Machthaber sowohl in „Valentinstag“ als auch der Episode „Freitag, der 13.“ Eine Rolle spielt.

Selbst mit den Cantaro im Allgemeinen und dem Cataro Naoshorn im Besonderen rechnet Ernst Vlcek schließlich ab.

 Auch wenn der Text mehrere Jahrhunderte umfasst, hat der Leser an nur wenigen Stellen das Gefühl, ein Epos zu lesen. Das Spektrum ist wie angedeutet ausgesprochen breit, wobei einige Geschichten wie die erfolgreich vom Wettkampf zurückkehrenden Ertruser ein wenig befremdlich zwischen zwei sehr dunklen Texten erscheinen. Ernst Vlcek berichtet zwar von Klonen bis zu Konterbanden, von Robotern unter synthetischer Haut bis zu den Inhaftierten, die ausgerechnet an einem Freitag, den 13. auf ihre Freiheit hoffen, aber die einzelnen Texte inklusiv des ferngesteuerten Todes eines Cantaro wirken teilweise zu willkürlich zusammengestellt. Nicht einmal in allen Geschichten spielt die ELYSIAN eine wichtige oder gar tragende Rolle, so dass dem Leser auch ein wenig die Information fehlt, wie diese Texte in die geheime Geschichte der Cantaro Zeit eingepflegt worden sind oder welche Bedeutung sie haben. Auch der abschließende Rahmen wirkt nicht druckvoll genug, um den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Die Wächter warten im Orbit und der Zuhörer könnte wahrscheinlich wie bei "1001 Nacht" noch sehr lange Zeit zuhören, wobei die Ausblicke auf tausende von Siganesen an Bord des Raumschiffs eher in den Bereich der Farce deuten.

Die Faszination ist gleichzeitig Stärke und Schwäche des Romans. Die Stärke ist, wie viele Schicksale Ernst Vlcek auf nur wenigen Seiten zusammengefasst hat. Die Schwäche ist, dass einige dieser Lebensabschnitte, dieser menschlichen Tragödien mehr Platz verdient hätten und deswegen abrupt bis hektisch enden. Nicht selten bevorzugt Ernst Vlcek in den wengien Geschichten auch eine explosive Wendung. Daher fällt es schwer, "Die dunklen Jahrhunderte" als gänzlich zufriedenstellenden Planetenroman anzusehen. Was es auf jeden Fall ist, ist eine Chronik dieser sehr dunklen Epoche und das symbolisieren die einzelnen humanistisch tragischen Episoden ausgezeichnet.

 

Pabel Verlag

Taschenbuch, 160 Seiten 

1989 

  • ISBN-10: 3811851667
  • ISBN-13: 978-3811851665

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