Forever Magazine 59

Neil Clarke

Das Vorwort ist eine Kopie des Textes aus „Clarkeswsorld“ 159. Herausgeber Neil Clarke entschuldigt sich dafür. Dafür präsentiert er zwei Kurzgeschichten und eine Novelle, die lesenswert und spannend sind. Thematisch könnten Suzanne Palmers Novelle und Paul McAuleys Kurzgeschichte sogar miteinander verbunden sein.

Aus dem Jahr 2016 und „Isaac Asimov´s Science Fiction Magazine“ stammt „Lazy Dog out“ von Suzanne Palmer. Es ist eine Space Opera Geschichte. Khifi lebt inzwischen als im Grunde Schlepperpilot auf einer Raumstation. Ihre Frau erwartet das erste gemeinsame Kind. Sie verdient gutes Geld und interessiert sich vor allem für die eigenen Sachen. Sie hat ein perfektes Team aus Außenseitern um sich herum versammelt, die alle im Laufe der Geschichte charakterlich angerissen beschrieben, aber nicht weiter extrapoliert werden. Durch einen Zufall fällt ihr ein Raumschiff im Orbit der Station auf. Kurze Zeit später explodiert eine Bombe an Bord. Anscheinend gibt es Gruppen, welche die Anschläge den Außerirdischen in die Schuhe schieben wollen. Nur das Schiff und das seltsame Verhalten an den Andockschleusen stört das Bild einer perfekten Tätergruppe und natürlich ist Khifi die einzige, welcher es auffällt. So wird sie plötzlich vom Beobachter zum potentiellen Täter.

Suzanne Palmer entwickelt den Plot von Beginn an mit einem hohen Tempo. Die Arbeiteratmosphäre im All wird realistisch beschrieben. Es ist ein hartes herausforderndes Leben, das aber diesen Außenseitern auch Chancen bietet, wieder in die Gesellschaft zurückzukehren. Vor allem die Dialoge überzeugen.  

Der Spannungsbogen ist gut entwickelt. Der Leser erhält fast alle Informationen ausschließlich aus Khifis subjektiver Perspektive, die schließlich an Bord ihres Raumschiffes „Lazy Dog“ in doppelter Hinsicht außen vor ist. Sie muss indirekt die Raumstation und den Frieden retten, direkt ist sie auf der Flucht.

Gegen Ende hat die Autorin Schwierigkeiten, den Plot in mehrfacher Hinsicht zu beenden. Sie ist auf einige Konstruktionen angewiesen. Der Oberschurke, dessen Motive aber nicht abschließend zufriedenstellend entwickelt worden sind, wird „bestraft“. Die ganze Situation wirkt aus dem Zusammenhang gerissen. Auf der anderen Seite können sich die Guten, von Helden kann man nicht sprechen, aus fast alle Schwierigkeiten retten und die Situation bereinigen. Angesichts der umfangreichen Planung der Gegenseite und vor allem auch deren technischer Überlegenheit erscheint diese Idee stark konstruiert.

Zusammenfassend ist „Lazy Dog out“ eine solide Space Opera vor einem Arbeiterhintergrund mit einem lange Zeit sehr packenden, abschließend eher zufriedenstellenden Handlungsbogen und einigen sehr gut gezeichneten Charakteren. Am Ende möchte man zumindest bei Khifi und ihrer Gefährtin bleiben. 

Paul McAuleys „Incomers“ spielt in seinem „the Quiet War“ Universum. Der Hintergrund ist aber austauschbar. Zwei Jungen beobachten den örtlichen Heiler, aber nicht Arzt auf ihrem Asteroiden. Anscheinend hat er ein Geheimnis. Sie folgen ihm, er warnt sie. Sie hören natürlich nicht auf ihn und später sind sie auf ihn angewiesen. Im langen Epilog enthüllt er ihnen sein Geheimnis. McAuley hat viele der kleinen in diesem Universum spielenden Geschichten mit einer beeindruckenden Altersweisheit verfasst, während die Romane deutlich ambitionierter und umfassender sind. Auch wenn die Handlung im Groben vertraut erscheint, sind es die Details, welche den Plot zum Leben erwecken. Während Suzanne Palmers Protagonisten in den Momenten der Gefahr über sich hinauswachsen und belohnt werden, sind es bei Paul McAuley nicht selten die Geister der Vergangenheit, deren Taten Leben verändert haben, auch wenn es sie selbst das Leben gekostet hat.

Die zweite Kurzgeschichte stammt von Ted Kosmatka. Der Ich- Erzähler arbeitet in „The Art of Alchemy“ für einen globalen Stahlkonzern. Er lernt eine hübsche Frau aus der Führungsetage kennen. Ihnen wird ein besonderer Karbonstoff unter der Hand angeboten, welche die Dominanz der Stahlindustrie vernichten könnte. Natürlich hat der Konzern andere Interessen als die breite Öffentlichkeit. Auf der einen Seite ist es eine eher unwahrscheinliche Liebesgeschichte, die sich durch die Erfindung zu einer Art MacGuffin entwickelt. Die Prämisse erscheint glaubwürdig, auch wenn der bezahlte Preise zu wenig ist. Die zweite Hälfte besteht aus einer typischen Verfolgungsjagd und soll die Rücksichtslosigkeit der großen Konzerne unterstreichen. Der Text liest sich solide, der Stil ist melancholisch und nachdenklich stimmend und doch springt abschließend der Funke nicht gänzlich über, weil der Autor sich zu sehr in einigen Schemata bewegt.      

2019 war für „Forever“ ein gutes Jahres. Neil Clarke hat ein gutes Gespür entwickelt, bodenständige und weniger als in „Clarkesworld“ esoterische Geschichten herauszusuchen und in der bekannten markanten Form zu präsentieren. Positiv ist, dass vor allem die Novellen überzeugen und der Herausgeber hier auf einige weniger bekannte Texte guter Autoren zurückgegriffen hat. Negativ könnte sein, dass viele der Nachdrucke in den letzten fünf Jahren in Anthologien und anderen Magazinen erschienen sind, während insbesondere die achtziger und neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts vernachlässigt werden, deren Texte zum Beispiel schwieriger isoliert zu bekommen sind. Weiterhin stellt aber „Forever“ die große Schwester „Clarkesworld“ qualitativ in den Schatten. 

Forever Magazine Issue 59 cover - click to view full size

E Book, 112 Seiten

www.wyrm-publishing.com