Der Apex Verlag legt mit „Die Wasserwelt“ einen Roman aus den siebziger Jahren neu auf. Es handelt sich um den einzigen Science Fiction Roman des Autorenduos Alfred Harris aus Kanada und Arthur Moore. Sie haben ihre Nachnamen zum Pseudonym Harris Moore verbunden. Aus ihrer Feder stammt noch der Horror Roman „The Marrow Eaters“, der 1972 ein Jahr nach „Die Wasserwelt“ publiziert worden ist. Alfred Harris hat noch einige Drehbücher für Fernsehserien geschrieben.
Im Original heißt der Roman „Slater´s Planet“ und der Titel ist in mehrfacher Hinsicht auch passend. Lieutnant Slater ist Mitglied der Mannschaft des Raumschiffs Arcturus, das seit fast fünf Jahren durch die Galaxis eilt, um intelligentes Leben zu finden. Dieser Aspekt ist wichtig, denn der Klappentext der deutschen Ausgabe impliziert, das sie nach bewohnbaren Planeten suchen. Diese Mission scheint das Raumschiff schon vorher einmal erfolgreich abgeschlossen zu haben, wie die Autoren während des hektischen Endes deutlich machen.
Interessant ist die Gewaltenteilung an Bord des Raumschiffes. Doktor Hadley ist für ein wissenschaftliches Team verantwortlich, während Captain Banyon die Mannschaft befehligt. Harris Moore orientiert sich ein wenig an der klassischen Seefahrt. Die Crew steht kurz vor einer Meuterei und will unbedingt zur Erde zurückkehren. Gründe bis auf Langeweile werden nicht angeführt, denn Banyon ist kein Captain Bligh und wie Slater gleich auf den ersten zwanzig Seiten demonstriert, gibt es nicht nur hübsche und willige Frauen an Bord, klassische eheähnliche Verhältnisse werden eher zu Gunsten einer Art Kommune in privater Hinsicht zur Seite geschoben.
Gleich zu Beginn meutern einige Crewleute und werden in letzter Sekunde daran gehindert, die Kontrolle abschließend zu übernehmen. Interessanterweise gibt es auch in der zweiten Hälfte des Buches eine weitere Meuterei, weil den Besatzungsmitgliedern dann auf dem vom Slater entdeckten Planeten trotz aller Herausforderungen und Gefahren zu langweilig geworden ist.
Es sind auf dieser Handlungsebene eher klischeehafte Aspekte, welche die beiden Autoren nutzen wollen, um Spannung zu erzeugen. Das ist aber nicht notwendig, da sie mit Slaters Planet einen interessanten Himmelskörper erschaffen haben, der viel mehr Beachtung verdienen würde.
Der Aufbau des Romans folgt dem Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahren außerhalb des New Wave etablierten Handlungsmuster, das viele Menschen auf der Welt auch jede Woche in „Star Trek“ verfolgen konnten.
Slater entdeckt einen ungewöhnlich reflektierenden Planeten im Orbit einer nahen Sonne. Das Raumschiff fliegt dorthin und findet eine Welt voller Wasser. Die ganze Oberfläche besteht aus Wasser. Kein Land in Sicht. Eine Besonderheit ist zusätzlich, das die drei Monde alle einhundertfünfzig Jahre in einer besonderen Konstellation stehen, welche gigantische Wellen auf der Oberfläche der Welt erzeugt.
Aus dem Nichts heraus erscheint plötzlich doch eine Insel, welche die Crew der Arcturus als Landeplatz nutzt. Ein wenig naiv erscheint, dass die Stelle nicht vorher aus dem Orbit gründlicher untersucht wird und vor allem sich niemand wirklich Gedanken macht, wie diese geologische Unmöglichkeit inklusiv Flora, aber keinem tierischen Leben nachhaltig über die Stürme hinaus existieren kann.
Die Autoren brechen zeitgleich die Handlungsperspektive auf und fügen einen zweiten Spannungsbogen hinzu. Unter der Oberfläche agieren Alpha und Beta. Im Laufe der Handlung stellt es sich heraus, das es nicht nur zwei Computersysteme sind, sondern das Alpha Beta quasi erschaffen hat, um weitere Aufgaben zu übernehmen. Alpha ist stationär, Beta dagegen beweglich. Dieser Schöpfungsprozess und seine zumindest für Beta ideologischen Folgen werden den weiteren Handlungsverlauf wie ein interessanter, aber nicht zufrieden stellend extrapolierter und abschließend hinsichtlich der ursprünglichen Mission sogar fast unlogischen Faden durchziehen.
Der Roman zerfällt in sehr unterschiedliche Teile. Dabei wechseln sich auch auf den einzelnen Handlungsebenen Stärken und Schwächen vor allem weiter gegen Ende der Geschichte ab. Zu den Stärken gehört die gruselige Szene, in welche Alpha und Beta konsequent und mit Computerlogik ein weibliches Crewmitglied untersuchen, sezieren und schließlich als Versuch der Wiedergutmachung die einzelnen Teile in einer Art Wassertank der Besatzung zurückgeben. Sie sind schockiert, als ihre gut gemeinte „Geste“ negativ interpretiert wird, da sie in der Theorie nichts mit Leben anfangen können.
Dem gegenüber stehen aber zwei andere konträre Aspekte. Auf der einen Seite die ursprüngliche Mission vor allem Alphas, der mit Leben und lebendigen Wesen nicht nur konfrontiert gewesen, sondern von ihnen erschaffen worden ist. Auch Beta kennt zumindest die Idee des Überlebens. Der ausbrechende Konflikt zwischen den beiden Computer vor allem angesichts einer kompletten Ignoranz der ursprünglichen Mission bestimmt die zweite Hälfte des Buches.
Dabei wäre vor allem angesichts ihrer wahrscheinlich Jahrtausende alten Aufgabe nur eine einzige Lösung möglich. Als zusätzliches Spannungselement, aber auch gleichzeitig Knockout Faktor haben die beiden Autoren einen Kometen eingebaut, welcher in wenigen Tagen die Wasserwelt treffen und komplett zerstören wird. Die offensichtliche Lösung wird abschließend ergriffen, aber der Weg dahin verschließt sich jeglicher logischer Betrachtung und dient alleine dazu, eine Reihe von Actionszenen aneinanderzureihen.
Auf der anderen Seite ist die Erkundung dieser fremden Welt durch die Besatzung interessant genug beschrieben, um den Leser bei der Stange zu halten. Dabei zeichnen Alfred Harris und Arthur Moore ein ausgesprochen ambivalentes Bild der Besatzung. Es gibt keine Sympathieträger. Selbst Slater erweist sich später als eine Art kleiner Schurke und wird dementsprechend auch „bestraft“. Durch eine Frau.
Captain Banyon muss schließlich mit einer kleinen Truppe in das unterirdische Labyrinth eindringen. Hier trifft er nicht nur auf Beta, der telepathisch ambivalent begabt ist, aus seiner „Fähigkeit“ aber nicht sonderlich viel machen kann, sondern auf verschiedene Roboter als bewaffnete Handlanger und schließlich Hologramme, welche die Freiwilligen verwirren sollen. Die Actionszenen sind spannend geschrieben worden. Auch wenn die Unterwelt eher rudimentär und pragmatisch beschrieben wird, kommt so etwas wie Spannung auf.
Der Abschluss des Buches erinnert dann allerdings eher wieder an einen B Science Fiction Film, in dem alle Elemente zusammenfallen und quasi der Besatzung in letzter Sekunde geholfen wird. Der Leser vermisst vielleicht nur noch eine ausführliche Beschreibung des Einsturzes des Höhlenlabyrinths.
Zu den Schwächen gehört der Umgang mit wissenschaftlichen Begriffen. Da wechseln sich Harris Moore an Ungenauigkeiten ab, welche auch die deutsche Übersetzung nicht ausgleichen konnte. Auch die Dialoge wirken selbst in der durch gesehenen Neuausgabe immer noch sperrig und distanziert. Die wenigen emotionalen Szenen wirken eher konstruiert und wie angesprochen sind alle Charaktere durch die Bank eher eindimensional funktionell charakterisiert worden.
In der vorliegenden Form wirkt „Die Wasserwelt“ eher wie ein zweites Entwurf, in dem einige handlungstechnische Stärken schon überzeugend herausgearbeitet worden sind, während der grundlegende Plot noch rudimentär erscheint. Alleine die ungewöhnliche, aber zu spärlich beschriebene Welt lohnt den Besuch dieser Neuauflage, da Wasserplaneten im Genre viel zu selten die Beachtung finden, welche ihre undurchdringlichen Tiefen in der Oberfläche der Meere verdient hätten.
- Format: Kindle Ausgabe
- Dateigröße: 1211 KB
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 228 Seiten
- Verlag: BookRix (22. November 2019)
- Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
- Sprache: Deutsch
- ASIN: B081Z6Q9WX