Axel J. Halbach präsentiert mit „Die El Wahabiya Bande“ den ersten Teil eines Zweiteilers. Das Buch ist 2004 im Eigenverlag in einer sehr geringen Auflage erstmalig erschienen. Die Neuauflage für ein größeres Publikum ist auch angesichts der Qualität der Geschichte nachvollziehbar.
Der Leser wird anfänglich irritiert sein, da Kara Ben Nemsi quasi den Leser anspricht und sehnsüchtig in seinen natürlich im grünen Umschlag veröffentlichten Reiseromanen blättert. Der Tod Winnetous hat ihn mehr in den Nahen Osten gezogen. Allerdings ist auch sein treuer Gefährte Hadschi Halef Omar beim Abenteuer im Tal der Könige ums Leben gekommen. Ein wenig melancholisch beschließt Kara Ben Nemsi, ein weiteres Abenteuer zu schreiben und endlich die Jagd nach der El Wahabiya Bande aufzuschreiben.
Natürlich mit einem quicklebendigen Hadschi Halef Omar. Der Vorteil dieses offenen Rahmens liegt in der Tatsache, dass Axel J. Halbach seine Leser mit einer Reihe von Anekdoten quasi auf das kommende Abenteuer einstimmt und dabei kräftig Karl May als Hommage zitieren kann.
Auch der Auftakt erinnert ein wenig an „Durch die Wüste“. Nur finden Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar dieses Mal keinen Leichnam, sondern die Spuren der Entführung eines Europäers durch eine Bande Araber in der Nähe einer wichtigen Wasserstelle. Nicht nur die Tatsache, dass ein Europäer entführt wird, sondern vor allem auch das Gastrecht an diesen überlebenswichtigen Oasen in der Wüste verletzt worden ist, erzürnt Kara Ben Nemsi, der umgehend die Verfolgung aufnimmt.
Im Mittelpunkt steht die Suche nach dem Europäer und später einem weiteren Opfer der Bande. Viel interessanter ist aber, dass Axel J. Halbach eine Art viktorianische Variation des ISIS eingeführt hat. Lange bevor der ISIS zu einem derartigen Schreckensbegriff geworden ist.
Die El Wahabiya Bande nutzt den Koran schamlos zu eigenen Gunsten aus. Sie zitieren nicht nur falsch aus dem Buch, sie zwingen die naiven wie armen Dörfler, entweder innerhalb kurzer Zeit eine große Summe Geld zusammenzubringen, um in Allahs Namen den Armen zu helfen oder ihre jeweils schönste junge Frau als Opfer der Bande mitzugeben.
Wer sich an keine der beiden Forderungen hält, wird mit Feuer und Schwert bekämpft.
Schon zu Beginn des Buches hat Kara Ben Nemsi seinem treuen Halef immer wieder Interpretationsmöglichkeiten des Korans an Hand gegeben, während dieser weniger Kara Ben Nemsi vom Christentum wegbringen wollte, sondern eher mit seinem Mut, seinen überlegenen Waffen – eine wunderschöne Szene – und schließlich seinen besonderen Fähigkeiten prallt. Die den Koran missbrauchende Bande stellt eine fast natürliche Exposition dieser Ausgangsbasis dar.
Das Tempo des kurzweilig zu lesenden Romans ist ausgesprochen hoch. Eine Reihe von Actionszenen wechseln sich mit langen Dialogen und teilweise ein wenig belehrend klingenden Hintergrundinformationen ab. Vor allem ist Kara Ben Nemsi im ersten Buch dieses Doppelbandes weniger der Überheld, sondern ein entschlossener Mann, der weniger Fehler als seine Feinde macht. Die klassische Diplomatie mit der Schonung seines Nächsten muss Kara Ben Nemsi ablegen, als Hadschi Halef Omar mit einem der Verbrecher eine Art kurzes Prozess in Form eines Gottesurteils macht.
Im Gegenzug greift Kara Ben Nemsi bei der nächsten Gelegenheit in Form eines Überfalls durch Banditen ebenfalls zu harten Bandagen und setzt die überlegene Feuerkraft seines Henrystutzens effektiv wie pragmatisch ein.
Axel J. Halbach hält sich bei seinem in der Tradition Karl Mays geschriebenen Roman zwar an die „Regeln“ und entwickelt die Geschichte nach den bekannten Mustern, aber hinsichtlich der Feinde originell weiter. Er verzichtet aber positiv auf den teilweise ein wenig altbackenen Humor der Vorlagen und stellt die Schurken auch effektiv als brutale Verbrecher dar, die eine direkte Strafe verdienen.
Es ist zwar nach dem Auftaktband schwer, die ganze Geschichte zu beurteilen, aber im Vergleich zu einigen anderen Bänden der neuen Abenteuer Kara Ben Nemsis verzichtet Axel J. Halbach auf unnötigen intellektuellen Ballast oder komplizierte geopolitische Verschwörungskomplotte, die durchaus auch ihren Reiz hatten, aber die Grenze der Glaubwürdigkeit in einigen Teilen überschritten haben und präsentiert vom ersten Moment an eine kurzweilige, spannende und vor allem im Stil Karl Mays auch souverän erzählte kontinuierliche Rettungsaktion, die in dieser Form zu den besten bislang in der im BLITZ Verlag präsentierten Romanen gehört.