Harvey Patton alias Hans Peschke ist einer der soliden, stillen Mitarbeiter der Science Fiction und Perry Rhodan Szene, die über Jahre unter verschiedenen Pseudonymen in unterschiedlichen Verlagen gute Unterhaltung abgeliefert haben.
Hans Peschke ist 1923 in Breslau geboren worden, trat nach einer Stelle als gräflicher Diener 1941 seinen Dienst bei der Luftwaffe an der Ostfront an. Aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt arbeitete er in verschiedenen Beruf. Über seine Liebe zur Science Fiction Literatur kam Hans Peschke ins Fandom, schrieb einige Kurzgeschichte und publizierte unter dem Verlagspseudonym W. Brown mit „Irrgarten Kosmos“ seinen ersten Roman. Erst Anfang der siebziger Jahre holte ihn Kurt Brand zum „Raumschiff Promet“, wo er einer der Hauptautoren gewesen ist.
1973 folgte unter dem Pseudonym Harvey Patton sein erstes Terra Astra Heft, anschließend verfasste er fast 30 Atlan Romane beginnend mit Band 179. Hans Peschke verfasste aber nur einen Perry Rhodan Roman („Die Körperlosen von Grosocht“- Heft 747)
Es folgten insgesamt sechs Perry Rhodan Planetenromane.
Neben „Raumschiff Promet“, dessen zweite Hälfte Hans Peschke prägte, arbeitete er an einer anderen legendären Serie mit. Zwischen 1977 und 1983 verfasste er insgesamt zwanzig Titel für „Raumschiff Orion“, die legendären Abenteuer der Raumpatrouille kamen Hans Peschke mit seiner literarischen Prägung für menschliche Helden in vielen Punkten mehr entgegen als der komplexe Perry Rhodan Kosmos.
Aufgrund seiner stark angeschlagenen Gesundheit lebte Hans Peschke die letzten Jahre von Sozialhilfe in Köln. Im Alter von 71 Jahren starb er im Jahr 1994.
Auch seine sechs Planetenromane gehören nicht zu den Büchern, die immer wieder in Internethitlisten genannt werden. Aber beginnend mit seinem Debüt “Angriff der Phantome“ hat sich Hans Peschke auch bei diesen Abenteuern als ein unterhaltsamer, solide Autor erwiesen, der viel mehr Aufmerksamkeit verdient als ihm heute zu Teil wird.
Aus dem großen Perry Rhodan Kosmos hat sich Hans Peschke mit Reginald Bull und Roi Danton auf zwei sehr unterschiedliche und doch auch durch familiäre Bindungen miteinander vertraute Protagonisten konzentriert. Sie treten allerdings in keinem der sechs Planetenromane zusammen auf.
Sen Debüt bei den Planetenromanen feierte Hans Peschke mit dem in sich abgeschlossenen „Angriff der Phantome“. Sowohl die unsichtbaren Fremden als auch das Mystery System mit seinem Zugang zu einer möglicherweise anderen Dimension tauchen in der Serie nicht mehr auf.
Der Plot wirkt als Ganzes betrachtet aber auch wie eine stringente Geschichte, die ohne größere Änderungen in einem anderen von der Serie losgelösten Kosmos spielen könnte. Im Laufe der Handlung geht Hans Peschke nicht zum letzten Mal in den Planetenromanen ein wenig frei mit dem Perry Rhodan Hintergrund um.
Die erste Hälfte des Buches wird auf zwei Ebenen erzählt. Das Raumschiff SILESIA ist ein Schwerer Kreuzer der Terra- Klasse, dessen Aufgabe wie bei einigen anderen Schiffen es ist, Rekruten den letzten Schliff zu geben und sie auf die Herausforderungen im All vorzubereiten.
Aus dem Nichts heraus begegnet der Kreuzer ausgerechnet nach abgeschlossener Übung – ein simulierter Angriff auf ein Roboterschiff – einem unbekanntes Raumschiff, das seine Schutzschirme aktiviert und die SILESIA angreift. Das fremde Schiff hat einen fast perfekten Ortungsschutz, der die Spindel im Grunde unsichtbar macht. Nur im Infrarotbereich ist es noch zu entdecken.
Der SILESIA gelingt in letzter Sekunde gegen weitere auftretende und angreifende Raumschiffe die Flucht. Allerdings erfahren sie in letzter Sekunde, das auf dem Planeten anscheinend Menschen gestrandet sind.
Der Leser ist in diesem Fall einen Schritt voraus. Es handelt sich um die wenigen Überlebenden des Explorerraumschiffs EX- 1743, das von den Spindeln angegriffen und schwer beschädigt worden ist. Die siebzehn Männer konnten auf die Oberfläche des Planeten landen und versuchen in der unwirtlichen Natur zu überleben. Sie kämpfen sich durch den Schnee, vertreiben ein gigantisches Ungeheuer aus seiner Höhle und verkriechen sich dort.
Der Auftakt des Romans ist intensiv. Hans Peschke nimmt sich viel Zeit, das Leben des Fußvolks zu beschreiben. Auf der einen Seite der Kommandant des Explorers, dessen Aufgabe es nicht nur ist, die nächste Generation auszubilden, sondern die jungen Männer und wahrscheinlich auch Frauen sicher nach Hause zu bringen.
Auf der anderen Seite der nicht weniger erfahrene wie menschliche Kommandant des schweren Kreuzers, der für seine Leute Verantwortung übernehmen muss. Gerade aus einer Überzahlsituation entkommen kann er gar nicht anders, als einen Versuch zu unternehmen, die Gestrandeten zu retten. Auch wenn es ihn sein Schiff kosten könnte.
Ab der Mitte des Romans tritt der wegen der Cappinkrise an seinen Schreibtisch gebundene Reginald Bull auf. Er soll entscheiden, ob die sich unsichtbar machenden Raumschiffe eine abschließende Gefahr für das Solare Imperium des Jahres 3437/ 3438 darstellen oder nicht.
Auch wenn er neben den Augenzeugen auf ein Team von Fachkräften – die meisten scheint Perry Rhodan auf seiner Expedition mitgenommen zu haben – zurückgreifen kann, ist es erstaunlich, wie sehr Hans Peschke eher NATHAN als Reginald Bull vertraut. Mehrmals analysiert die Positronik alle bekannten Fakten und gibt Wahrscheinlichkeiten ab.
Die mögliche Bedrohung des Sonnensystems und damit der Menschheit ist der Ausgangspunkt für eine Art eingeschränkten Erstschlag gegen die Fremden. Hans Peschke macht hier einen Denkfehler und inszeniert diese ineinander übergehende Sequenz eher wie eine Szene aus den ersten Heften der Serie, als die Terraner nur über wenige Raumschiffe verfügten und Angriff gegen übermächtige Feinde der einzige Weg zum Sieg gewesen ist.
Auch draußen im Mystery System hängt einiges vor allem von den undurchdringlichen Paratronschirmen ab, die allerdings die Ausstattung von mehr terranischen Raumschiffen in dieser Ära gewesen sind als es der Autor dem Plot zugesteht.
Da der Autor seine Geschichte in einem Buch abschließen muss, wirkt die zweite Hälfte des Romans trotz einer weiteren angenehm zu lesenden sachlichen Struktur ein wenig zu sehr gedrängt. Abschließend bleiben nur Vermutungen über. Wie die „Frogs“ aus „Raumpatrouille Orion“ sind die Fremden in ihren Spingelschiffen im Grunde eher Schemen. Über ihre Herkunft durch einen Transmitter aus einem anderen Universum erfährt der Leser genauso wenig wie über ihr Ziel. Nach der Eroberung der Erde. Es gibt keine Hinweise, warum sie sich die Erde vornehmen. Der Abschuss des Explorers ist aus ihrer Sicht Selbstschutz gewesen, da sie ihren Aufenthaltsort nicht verraten wollten.
Der Angriff auf den schweren Kreuzer konsequent, da sie im Gegensatz zum überraschten Kommandanten der SILESIA ja den „Feind“ schon zuordnen konnten.
So bleiben in dieser Hinsicht sehr viele Fragen offen.
Unabhängig von der verdichteten Atmosphäre und dem zu fokussierten Hintergrund handelt es sich bei „Angriff der Phantome“ um eine fast klassisch zu nennende Perry Rhodan Geschichte. Die Menschen begegnen Fremden, denen nicht sie, sondern die Fremden ihnen gegenüber feindlich sind. Sie sind den Menschen technisch nur bedingt überlegen. Die wenigen Vorteile können schnell auch durch Improvisation relativiert werden.
Im Gegensatz zu den Fremden geben die Menschen den Phantomen die Chance, einen aktiven Kontakt zu suchen und friedlich zu bleiben. Alles andere ist abschließend ihre ureigene Schuld.
Auch wenn die Geschichte im 35. Jahrhundert spielt, erzählt sie Hans Peschke wie eines der Kolonistenabenteuer aus der Frühzeit der Serie. Der Fokus liegt auf einem geradlinigen Abenteuer mit entsprechender Exotik, einem schwer einzuschätzenden Feind und einer Handvoll Männer, die entschlossen, aber nicht sadistisch im Kern die eigene Heimat vorwärts verteidigen.
„Angriff der Phantome“ ist nicht mehr, aber auch nicht weniger. Aus heutiger Sicht überdeckt den Plot mehr als ein Hauch Nostalgie, aber mit Abschluss der Lektüre hat der Leser wie die Charaktere das Gefühl, als wenn man die Chance, eine fremdartige, aus einem anderen Universum kommende Rasse kennenzulernen nicht leichtfertig, aber notwendigerweise verschenkt hat.
Pabel Verlag
Taschenbuch 160 Seiten