Nach einer Reihe von eher Fantasy orientierten Ausgaben präsentiert der Herbst 2020 eine „The Magazine of Fantasy & Science Fiction“ Nummer mit zahlreichen, aber nicht immer effektiven Science Fiction Beiträgen.
David Gerrold eröffnet den Reigen mit seiner surrealistischen Reise durch das Alexandrium. „The Shadows of Alexandrium“ kann alles oder auch nichts sein. Touristen reisen durch ein Museum für die ungeschriebenen Bücher, nicht komponierten Musikstücke oder Filme, die es niemals geben darf. Unendliche Möglichkeiten. Es ist angeblich größer als das Universum. David Gerrold überspannt allerdings den Bogen, in dem er vollem den touristischen Führer in Absolutismen sprechen lässt, die sich in der nächsten Sekunde als falsch herausstellen. Das Ende impliziert eine Hommage an eine bekannte Fernsehserie, auch wenn David Gerrold deren Namen niemals in den Mund nimmt. Zusammenfassend ist es eine Reise in eine Welt, die es niemals geben wird, mit einer Authentizität, die höflich gesprochen papierdünn ist.
Marc Laidlaws „Weeper“ ist einer der kurzen, kurzweiligen, aber auch sehr oberflächlichen Geschichten, in denen drei normale Jungs auf einem Ausflug einen abstürzenden Meteoriten sehen, aus dem ein kleines Monster entschlüpft. Sie werden von Räubern gestellt und in letzter Sekunde gerettet. Der Plot bürgt nur wenige Überraschungen, die Charaktere sind zu wenig ausgefeilt und das kleine Monster entwickelt auch keine nachhaltige Persönlichkeit.
Angie Peng feiert ihr Debüt mit „Do Ais Dream of Perfext Games?“ Baseball und Science Fiction. Der Leser muss wie die jugendliche Marissa das Spiel lieben, damit er einen emotionalen Zugang zu der Geschichte erhält. Die Autorin streift Themen aus den Matrix Filmen oder Galoyes „Simulacrum 3“, aber sie zeigt auch auf, das selbst Ais irgendwo eine Affinität für den Menschen im Allgemeinen, aber ein perfektes Spiel im Besonderen haben. Eine humorvoll geschriebene Geschichte mit vor allem einer dreidimensionalen Protagonistin.
Peter Gleick feiert mit „The Martian Water“ ebenfalls sein Debüt. Die Wasserknappheit auf dem Mars führt zu einem Konflikt zwischen den Kolonien. Der Leser erfährt das alles aus den Aufzeichnungen eines der letzten Überlebenden. Die Geschichte wirkt unabhängig von ihrer Kürze extrem sperrig, der Funke will nicht überspringen und die angesprochenen Probleme sind alle schon in dem Augenblick bekannt, in dem sich die Menschen entschlossen haben, den Nachbarplaneten zu besiedeln.
Ashley Blooms „Little and Less“ Story ist einer der wenig überzeugenden Versuche, mit einer aufgesetzten Post Doomsday Moral Mitleid in den Lesern zu erwecken. Die Protagonistin sammelt in einer zusammengebrochenen Zivilisation Wildtiere ein, die sie in ihrem Bunker pflegt. Aber die Protagonistin ist zu wenig nachhaltig gezeichnet, um wirklich überzeugen zu können.
James Sallis Miniatur „The Cry of Evening Birds“ besteht aus einer grundlegend guten Idee, die aber schwach umgesetzt wird. Die Protagonistin hat Änderungen bei ihrem Ehemann bestellt, die anscheinend per Fernprogrammierung zu einem festen Zeitpunkt umgesetzt werden. Die Pointe beinhaltet die Änderungen, aber auch hier wirken die Charaktere rudimentär entwickelt.
Die dritte sehr kurze Science Fiction Story ist „This World is Made for Monsters“ von M. Rickert. Außerirdische landen eines Tages im amerikanischen Hinterland natürlich in einem Kornfeld. Sie besuchen eine nahegelegene Farm, die Kinder des Farmers und die Kinder der Außerirdischen spielen miteinander. Daraus ist eine Art Feiertag entstanden. Nett zu lesen, aber es gibt nur Stimmungen und keinen entwickelten Handlungsbogen.
Tim Powers Kurzgeschichte „My Name Was Tom“ stammt aus einer Anthologie, die Tim Powers in einer sehr kleinen Auflage veröffentlicht hat. Tom sucht nach Ruth, seiner Liebe. Er lebt anscheinend auf einem gigantischen Schiff, das auf der einen Seite an die alten Kreuzfahrtschiffe erinnert, auf der anderen Seite aber auch ein Raumschiff sein kann. Auf der Suche begegnet er auch Ruths Eltern. Anscheinend irren viele Menschen durch das Raumschiff. Sie kommen nicht voran, wie sich auch das Schiff zu wenig zu bewegen scheint. Vieles wird angedeutet, nichts wirklich überzeugend extrapoliert, so dass sich Tim Powers stilistische Eleganz nicht in einem zufriedenstellenden Plot niederschlägt.
Leah Cypress liebt es, bekannte Märchenthemen zu modernisieren und die bekannten Plots aus konträren Perspektiven zu erzählen. „Of Them All“ ist eine weitere Variation der Schneekönigin. Prinzessin Margarete erscheint allen Menschen gegenüber als wunderschön, die ihr Böses wollen. Auch die arrangierte Ehe mit einem Prinzen aus dem Nachbarreich ist so zum Scheitern verurteilt.
Die bizarre Ausgangslage und Margaretes ernüchternde Bilanz machen die atmosphärisch dicht arrangierte Geschichte zu einer nachdenklich stimmenden Lektüre. Die Autorin konzentriert sich positiv darauf, keine einfachen Lösungen in den erkennbaren Konflikten anzubieten und geht mit ihrer Protagonistin keine einfachen Wege. Der Plot wird sehr solide zu Ende entwickelt und überzeugt vor allem auch dank der Märchenvorkenntnisse.
Phantastisch ist Brian Trents „The Dog and the Ferryman“. Ein intelligenter Hund wird von Charon in die echte Welt geschickt. Brian Trents erschafft einen menschlich sympathischen Hund, der neugierig ist, aber sich auch vor der Einsamkeit fürchtet. Die Pointe ist gut gesetzt und wirkt nicht kitschig.
Auch R.S. Benedicts „The Fairy Egg“ ist eine eher phantastische Story. Bridget hat einen zweiten Job, in dem sie ein wenig Geld verdient. Ihr Ehemann glaubt, sie betrügt ihn. Dabei liefert sie mit ihrem Fahrrad besondere Eier aus. Die Ausgangslage wird anschließend absurder, denn die beiden Ehepartner sprechen nicht unbedingt miteinander. Allerdings sind die Protagonisten auch nicht sympathisch genug charakterisiert worden, um abschließend zu überzeugen.
Neben den Kurzgeschichten finden sich die üblichen Rubriken wie Buch- und Filmrezensionen, Marc Laidlaws neue Kolumne zu Spielen, sowie eine wissenschaftliche Exkursion und Paul Di Fillipos Kolumnen. Aber keiner der Beiträge ragt wirklich heraus.
Zusammengefasst ist die September/ Oktober Ausgabe von “The Magazine of Fantasy & Science Fiction“ vielleicht auch wegen des wenig überzeugenden Schwerpunkts eher eine durchschnittliche Ausgabe, in welcher die längeren Kurzgeschichten deutlich mehr überzeugen als die teilweise zu kurzen und dadurch unfertig wirkenden Miniaturen.
The Magazine of Fantasy & Science Fiction
Paperback, 256 Seiten