60 Jahre grüner Komet

Herbert W. Franke

Zum Geburtstag nicht nur der Kurzschichte „Der grüne Komet“, sondern auch der Storysammlung Hebert W. Frankes in der Goldmann Science Fiction Reihe legt p.maschinery im Rahmen seiner Werksausgabe eine Hommage an diese frühe Kürzestgeschichte Hebert W. Frankes auf. Den technischen Teil mit einer Auflistung aller Veröffentlichungen des „Grünen Kometen“ inklusiv entsprechender Titelbilder sowie einem Hinweis auf die Werkausgabe Herbert W. Frankes übernimmt Ulrich Blode.  

Sowohl im Vorwort von Susanne Päch als auch den Anmerkungen Herbert W. Frankes wie auch als Teil eines umfangreicheren Essays Hans Esselborns wird die fast zufällig zu nennende Entstehung dieser Miniatur nachgezeichnet.

Der Herausgeber Wilhelm Goldmann wollte 1960 nach einer Reise in die USA ebenfalls eine Science Fiction Reihe starten. Zeitgleich begann auch der Wilhelm Heyne Verlag ebenfalls begleitet von Herbert W. Franke mit der Veröffentlichung von Science Fiction Romanen. Goldmann wollte allerdings gleich mit acht Büchern auf dem Markt starten. Mit sieben Autoren waren die Verträge unterschrieben, nur beim achten Autoren gab es Schwierigkeiten. Daher musste Herbert W. Franke in die Lücke springen. Wie Franke in dem Interview mit Peter Tepe zugibt, hatte er zwar schon einige wenige Kurzgeschichten in verschiedenen Magazinen verfasst, Wilhelm Goldmann hatte aber aufgrund seines Sachbuchs und der daraus folgenden Expertise im wissenschaftlichen Bereich Franke zum Berater für die Reihe gemacht und nicht aufgrund seiner literarischen Tätigkeiten.

Mit Humor schreibt Herbert W. Franke von seinem Verfassen des grünen Kometen. Bestehend aus insgesamt fünfundsechzig Miniaturkurzgeschichten, die später nicht nur zu seinem Markenzeichen, sondern ein elementarer Bestandteil der „Phantastischen Bibliothek“ aus Wetzlar werden sollten,  musste der Band innerhalb der nächsten vierzehn Tage fertiggestellt werden. Ruhe fand Franke in der Villa eines Bekannten und im Grunde in dessen leeren Pool draußen im Garten.

Die Entstehungsgeschichte der Miniaturensammlung „Der grüne Komet“ wiederholt sich mehrmals in den verschiedenen Beiträgen.  Kürzungen wären allerdings höchstens im Vorwort angebracht gewesen, da sowohl Herbert W. Frankes Beitrag als auch seine früher getätigten Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen worden wären, hätte man diese Anekdote gekürzt.

Anschließend haben die Herausgeber Ulrich Blode und Hans Esselborn die Kurzgeschichte „Der grüne Komet“ nachgedruckt. Es ist zwar die Titelgeschichte, aber wie Herbert W. Franke anmerkt, auch der letzte, der notwendige fünfundsechzigste Text, der entstanden ist. Wie Hans Esselborn in seinen Essay anmerkt, ist sie positiv gesprochen typisch  für Franke, der konzentriert und kompakt mit einer wissenschaftlichen Idee spielt und sie quasi intellektuell extrapoliert. Dabei wirkt „Der grüne Komet“ eher wie ein stimmungsvollen Stillleben und muss nicht unbedingt im All spielen. Franke reizt die Phantasie seiner Leser, ohne Antworten zu geben. Diese Offenheit ist ein schmaler Grat zwischen Herausforderung der Leser, aber auch einer kleinen Ausflucht, wenn ein Autor nicht mehr inhaltlich weiter weiß.

Hans Esselborn argumentiert in seinem Essay „Der grüne Kometals Zeichen eines Paradigmenwechsels“ nicht nur hinsichtlich der Bedeutung dieser Miniaturkurzgeschichtensammlung eines deutschen Autoren für die Science Fiction in Deutschland, sondern stellt an einer Interpretation der Kurzgeschichte dieser Sammlung „Invasion“ die besonderen früh erkennbaren Züge in  Frankes Gesamtwerk dar. Es wäre allerdings sinnvoll gewesen, neben „Der grüne Komet“ auch „Invasion“ für die Leser abzudrucken, welche entweder „Den grünen Kometen“ noch nicht gekauft oder nicht mehr vor Augen haben. Angesichts des Umfangs dieser Würdigung und vor allem Hans Esslborns konkreter Hinweise hätte der Leser eine gute Möglichkeit gehabt, erst den Text und dann die Interpretation zu lesen.

Hans Esselborn schießt allerdings in seinen Fußnoten ein wenig zu sehr über das Ziel hinaus. Der Höhepunkt der Anerkennung der Science Fiction mit Bindestrich bei Hans Esselborn ist die phantastische Bibliothek im Suhrkamp Verlag mit Werken Lems, aber auch Herbert W. Frankes. Das wirkt ein wenig übertrieben, da prozentual auch der Heyne Verlag mit seiner SF Reihe oder die Goldmann Weltraumtaschenbücher anspruchsvolle Science Fiction Veröffentlichungen neben anderen Werken. Franz Rottensteiner druckte auch eine Reihe von Weird Fiction Autoren im Rahmen der Phantastischen Bibliothek nach. Alleine die Idee, dass ein Verlag sich grundsätzlich intellektueller gibt, mit einer sozialen Anerkennung gleichzusetzen, unterstreicht das Schubladendenken vieler Journalisten und auch Wissenschaftler.

Generell sind Hans Esselborns Anmerkungen zu Frankes Werke und der Miniatur „Invasion“ im Besonderen solide Ergänzungen, aber Neuland betritt der Autor mit seinen Betrachtungen nicht. Im Laufe der Zeit sind in einigen Artikeln diese Facetten in Frankes Werk schon von anderen Autoren herausgearbeitet worden.

Susanne Päch stellt anschließend eine Reihe von Rezensionen aus der sechziger Jahre Presse zusammen. Sie geben – Franke und Esselborn haben das in ihren jeweiligen Beiträgen schon angedeutet – einen guten Einblick in die soziale wie literarische Rezeption von Science Fiction in Deutschland im Allgemeinen vor allem dank des sehr langen Schatten Hans Dominiks, aber noch nicht wieder Kurd Laßwitzs, sondern zeigen auch auf, wie die Presse aufm die Idee von Miniaturen zwischen begeistert und befremdet reagierte.

Den umfangreichsten und interessanten Teil dieser Würdigung nimmt ein zweiteiliges Interview mit Herbert W. Franke geführt von Peter Tape ein. Das thematisch aufgeteilte Interview erschienen unter wissenschaft-kunst mit dem Titel „Grenzgänger zwischen Wissenschaft und Kunst“. Und damit sind die Schwerpunkte auch schon geklärt. Peter Tape hat wenig Interesse an dem Science Fiction Autor Herbert W. Franke. Zwar streift er das Thema, aber in dem Augenblick, in dem der immerhin schon zweiundneunzig Jahre alte Herbert W. Franke ausholen und die Verbindung zwischen seinen literarischen Werken und seinen Computerbildern erläutern wird, wechselt Peter Tape dominant das Thema und führt Franke auf die Kunst zurück.

Trotzdem ist das Interview lesenswert. Franke geht ausführlich auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ein, als er sich als Mensch finden musste. Anschließend streift er seine lebenslange Liebe mit der Computerkunst und seine verschiedenen Versuche, die Technik auf das Niveau seiner Phantasie zu bringen. Aus heutiger Sicht wirkt vieles archaisch und antiquiert, aber Frankes Vorgehensweise unterstreicht seine wissenschaftlich dominierte Planung in Kombination mit seiner Phantasie. Neben zahlreichen farbigen Wiedergaben seiner Computerkunst finden sich auch einige Fotos aus verschiedenen Lebensabschnitten. Das Spektrum reicht wie eingangs erwähnt von einem kurzen Streifzug seiner Science Fiction Arbeiten, seiner sekundärliterarischen Werke über die angesprochene Computerkunst bis zum Höhlenforscher Herbert W. Franke, der seine gemachten Erfahrungen immer wieder extrapoliert. Franke erwähnt als Beispiel seine These, dass es auf dem Mars vulkanische Aktivitäten und damit auch die Ausbildung von Höhlen unter der Oberfläche gegeben haben könnte.

Franke antwortet sehr ausführlich und Peter Tape ist ein guter „Zuhörer“, der bei allen Themen, die ihn interessieren, gut nachfasst und Herbert W. Franke animiert, weit auszuholen und ausführlicher vor allem über seine Kunst basierend auf seinen wissenschaftlichen Forschungen, aber nicht konträr gegen diese Idee zu schreiben bzw. zu sprechen.

Frankes Ehrungen und Preise schließen den kleinen Band ab.

Die beiden Herausgeber haben das Büchlein reichhaltig bebildert. Neben einer Reihe von manchmal zu kleinen Wiedergaben seiner Computerkunst finden sich viele seltene Fotos aus Herbert W. Frankes bewegten und langen Leben.

„60 Jahre Grüner Komet“ ist mehr als eine Ergänzung dieser grundsätzlich empfehlenswerten Werksausgabe. Es ist auf der einen Seite ein kleiner Einblick in den Beginn eines mehr als fünfzig Jahre sehr aktiven Schriftstellers. Gleichzeitig zeigt dieser Band auf, welche Themen sich wie rote Fäden durch Frankes Werk ziehen, in seinen eigenen Worten dank des langen Interviews prägnant wie präzise ausgedrückt. Selbst Lesern und Sammlern von Frankes Werk werden neben der Wiedergabe seltener Bilder und Kunstwerke dank der nachgedruckten Rezensionen und dem schon angesprochenen Interview neue oder ggfs. Auch weitere Informationen gegeben. Und das macht das Büchlein zu einem elementaren Bestandteil der Werksausgabe.                   

Herbert W. Franke
60 JAHRE GRÜNER KOMET
Ein fantastischer Geniestreich
SF-Werkausgabe Herbert W. Franke, Band 31
hrsg. von Ulrich Blode und Hans Esselborn
AndroSF 136
p.machinery, Winnert, Dezember 2020, 80 Seiten
Paperback: ISBN 978 3 95765 227 0 – EUR 13,90 (DE)
Hardcover: ISBN 978 3 95765 228 7 – EUR 22,90 (DE)
E-Book: ISBN 978 3 95765 866 1 – EUR 6,99 (DE)