„Derolia“ ist der dritte Roman um die Abenteuer des Raumschiffkapitäns und Schmugglers Samuel Kors. Axel Kruse fasst den Inhalt der ersten beiden Abenteuer „Kirkasant“ und „Sylvej“ nicht nur gut zu Beginn des Buches, sondern auch mehrfach in der Handlung zusammen. Aber wie Ju Honisch in seinem kurzweilig zu lesenden Vorwort ausführlich erläutert, lebt nicht nur diese Trilogie, sondern im Grunde die miteinander verbundenen, im Anhang aufgeführten und in diesem Universum spielenden Geschichten von den jeweiligen Protagonisten. Die Zeitleiste ermöglicht es zum Beispiel, ohne Probleme nicht nur zu den früher bei p.maschinery veröffentlichten Episodenromanen wie „Glühsterne“ überzuwechseln, sondern die einzelnen in diesem Universen spielenden Kurzgeschichten den verschiedenen Anthologien zu entnehmen. Mit „Luna incognita“ ist zum Beispiel schon ein weiterer, chronologisch nach den Kors Abenteuern spielender Roman im Atlantis Verlag erschienen.
Auch wenn Axel Kruse sein bisheriges umfangreiches Werk betrachtend eher ein Autor ist, der kompakt und stringent erzählt, nimmt er sich die Zeit, erstaunlich lebendige gegenwärtige und gleichzeitig auch wieder zeitlose Protagonisten zu erschaffen. Das Samuel Kors eine Mischung aus einem gesetzteren Han Solo und Georg R.R. Martins einzigartigem Tuff ist, steht auf einem gänzlich anderen Blatt. Daher ist es nicht elementar, aber empfehlenswert, die drei aufeinander aufbauenden Romane in der chronologischen Reihenfolge zu lesen. Nicht selten sind es die Zwischentöne, welche den Geschichten das notwendige Fleisch geben.
Samuel Kors ist kein Mensch, der leichtfertig das sein Leben gefährdende Abenteuer sucht. Viel mehr findet die Gefahr ihn anscheinend. Ein Deal mit den wertvollen keimfähigen Boranüssen droht zu platzen, als sein Geschäftspartner mehr als eine Rückversicherung präsentiert. Allerdings handelt es sich um Abgesandte der derolianischen Königsfamilie. Mit Derolia hat Kors höflich gesprochen in den ersten beiden Büchern der Serie ambivalente Erfahrungen gemacht.
Das derolianische Reich steht nicht unbedingt wie der Klappentext impliziert vor einem direkten Bürgerkrieg. Viel mehr könnte ein Streit um die Thronfolge das Reich kriegerisch zerbrechen lassen. König oder Königin wird, wer nicht nur eine Krone – davon gibt es in der langen Geschichte mehrere – präsentiert, sondern vor allem ein wertvolles Szepter. Und dieses Szepter ist verschwunden.
Nicht ganz verschwunden, denn es befinden sich in den Händen eines Mannes, der gerne selbst den Thron besteigen möchte und der momentan ein wichtiger Vertreter seines Planeten ist. Die Mutter der noch jugendlichen Königin bietet Kors aufgrund der alten „Zeiten“, das Szepter zu suchen und einen Bürgerkrieg zu verhindern.
Wie bei „Kirkasant“ und dem ein wenig zu hektisch geschriebenen sowie zu offen endenden „Sylvej“ ein klassisches Ausgangsszenario. Nicht umsonst spricht der Klappentext von einer „Mission Impossible“ und hat damit grundsätzlich nicht Unrecht.
Zu Beginn versucht Samuel Kors die Aufmerksamkeit der Gegenseite auf sich zu lenken. Neben den im Frachtraumbefindlichen Mitgliedern einer kleinen Elitegarde – auch einem Kors traut man auf Derolia nicht wirklich - könnten die immer noch vorhandenen Boranüsse eine wichtige Handelsmasse sein. Derolia verfügt über eine Art Monopol. Nur scheitert Kors gleich zu Beginn an den klimatischen Bedingungen auf dem Zielplaneten. Es ist die letzte wirklich überraschende Szene des Buches. Damit soll nicht zum Ausdruck gebracht werden, das der Plot schlecht oder vorhersehbar ist. Solche Überraschungen für den Leser und auch den frustrierten Kors finden sich nicht mehr im Raum.
Gekennzeichnet von einem hohen Tempo, aber auch einigen eher konstruiert als entwickelten erscheinenden Szenen ist es für diese Pulpabenteuer auch typisch, das im Moment der größten Verzweifelung oder vielleicht auch im tiefsten Verließ die Rettung naht und Kors im letzten Drittel des Buches die Initiative wieder übernehmen kann.
Die Geschichte wird dann erstaunlich schnell abgeschlossen. Auf den letzten zwanzig Seiten hat Axel Kruse dann sogar noch ausreichend Raum, um die Krönung und die drakonische Bestrafung des Verräters und Schurken zu beschreiben. Das Kors neben dem erfolgreichen Abschluss der Mission sogar noch einen kleinen Bonbon in Form einer weiteren Krone mitbringt, sei nur noch am Rande erwähnt.
Im Vergleich zu Axel Kruse neuer, zwei Jahre später mit „Zeitreisen gehen anders“ angefangener Serie sind die Abenteuer um Kors und seine Crew inklusiv seiner Geliebten/ Ratgeberin deutlich frischer. Die Dialoge pointierter und der verzweifelte Kors muss immer wieder nach originalen, außergewöhnlichen Lösungen suchen. Beispielhaft sei hier noch die Problematik mit dem leeren Wassertank genannt, die dank Gelee auf einem zufällig aufgefundenen Planeten gelöst werden kann. Es sind diese kleinen Szenen, welche den besonderen Reiz der Serie ausmachen.
Kors ist ein Kapitän der alten Schmugglerschule. Er akzeptiert Autorität nur in einem sehr begrenzten Maße. Mit den Mutter der zukünftigen Herrscherin Derolias verbindet ihn die Vergangenheit. Ansonsten würde er wahrscheinlich die arrogante, selbstherrliche kleinen Göre ihrem Schicksal überlassen. Das ein Bürgerkrieg im Reich Derolias und der in den vorangegangenen Romanen mehrfach angesprochene drohende Konflikt mit der Erde seinen eigenen Aktivitäten schaden könnte, steht für Kors auf einem anderen, im Grunde erst in der Zukunft zu schreibenden Blatt.
Von der Qualität her schließt „Derolia“ eher an „Kirkasant“ an. Im Auftaktband der Serie konnte Axel Kruse die Protagonisten in Ruhe trotz der Kompaktheit der Geschichte entwickeln. „Sylvej“ konzentrierte sich eher auf den Hintergrund dieses Universums, die grundlegende Handlung war deutlich schematischer angelegt. „Derolia“ wirkt wie eine Übertragung eines Alexandre Dumas Stoffs aus der Vergangenheit in die Zukunft. Nein, Kors ist sicherlich kein Musketier, aber die Mischung aus archaischen politischen Traditionen und bodenständiger Raum- und Waffentechnik funktioniert kurzweilig ausgesprochen gut.
Axel Kruse ist kein Mann der ausschweifenden Worte. Seine Bücher stellen immer am Rande zur längeren Novelle kompakte, grundehrliche Unterhaltungslektüre ohne Belehrungen oder politisches Sendungsbewusstsein dar. In dieser Tradition überzeugt „Derolia“ unabhängig von ein oder zwei Szenen im mittleren Abschnitt, die ein wenig der Not geboren aus Hilfe zur Selbsthilfe bestehen. Wie „Kirkasant“ und „Sylvej“ ist „Derolia“ hoffentlich kein Abschluss dieser Samuel Kors Abenteuer, sondern nur eine weitere Geschichte um die LAHME ENTE und ihre Crew. Egal, ob Axel Kruse noch weitere Geschichten schreibt oder nicht, „Derolia“ ist kurzweilige Space Opera Unterhaltung, mit einem Augenzwinkern erzählt und den klassischen Abenteuerschriftstellern verbunden.
- Herausgeber : Atlantis Verlag (15. Oktober 2019)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 160 Seiten
- ISBN-10 : 3864026792
- ISBN-13 : 978-3864026799