Als dritter Roman der neuen Terra Taschenbuchreihe veröffentlicht der Blitz Verlag mit „Wächter des Alls“ einen Roman, dessen Publikationsgeschichte und vor allem dessen Autor interessanter sein könnten als der in Ehren ergraute Plot selbst.
Peter Dubinas „Wächter des Alls“ erschien als Leihbuch unter dem Verlagspseudonym Wayne Cooper zuerst bei der Dönerschen Verlagsgesellschaft. Das Verlagspseudoynm wurde auch von W.D. Rohr benutzt. Im Rahmen der W.D. Rohr ist „Wächter des Alls“ einer von insgesamt sechs Romanen, die nicht aus der Feder der Titelgebers stammen, sondern von Peter Dubina verfasst worden ist.
Erst 2015 erschien das Buch zum ersten Mal unter dem richtigen Autorennamen und als E Book. Alfred Wallon hat sich Peter Dubinas literarischen Nachlass mit einem Schwerpunkt auf den Western angenommen. Jetzt druckt Jörg Kaegelmann das Buch wieder unter Peter Dubinas Namen nach.
Peter Dubina wird heute weniger Science Fiction Fans als Western Anhängern etwas sagen. Der 1940 in der Tschechoslowakei geborene Autor ist einer der populärsten Westernautoren Deutschland. Die Gesamtauflage seiner Romane umfasst über die Jahre mehr als 20 Millionen Exemplare. Neben Western und den angesprochenen sechs Science Fiction Romane mit erkennbaren Western Einflüssen verfasste Peter Dubina noch Krimis, Horrorromane und einige Jugendbücher. Sein Gesamtwerk ist schwer zu erfassen, da er neben den Verlagspeudonymen noch unter einer Reihe anderer Namen Romane geschrieben hat. Matt Brown, Peter Burnett, Chad Donovan, R. F. Garner, John Kendall oder Tex Mallory seien hier nur stellvertretend für das Westerngenre genannt.
Im März 1990 beging der an einer schweren Krankheit leidende Peter Dubina Selbstmord.
„Wächter des Alls“ ist im Grunde ein zwei geteilter Roman. Die erste Hälfte „Entscheidung im Weltraum“ spielt gute vierzig oder fünfzig Jahre vor „Mars- Planet der Geister“. Rod Ellis hat seinem Enkel zu Beginn seiner Karriere bei der NASA von der Begegnung mit den Wächtern im All erzählt. Den Behörden hat er das Geheimnis niemals offenbart. Sein Enkel Marc Ellis ist einer von drei Astronauten, welche als zweites Team zum Mars fliegen.
So weit ist sein Großvater nicht gekommen. Während eines Einsatzes am Rande eines Atombombentests auf der Erde wird Rod Ellis zusammen mit zwei Kollegen an Bord einer fliegenden Untertasse entführt. Ihre Entführer stellen sich als „Wächter des Alls“ vor, welche die friedliebenden Rassen im All vor der potentiellen Drohung durch die Menschheit schützen wollen. Vor den Augen der drei Menschen zerstören sie die Erde und alle ihre Bewohner.
Anschließend landet das Raumschiff auf einer unwirtlichen Welt, wo sich die Astronauten einer Reihe von Gefahren stellen müssen. Neben der Durchquerung der Wüste nehmen sie als Götter von den Sternen an einem Opferungsfest teil. Sie stellen fest, dass es auf dieser Welt auch zwei Arten von Wesen gibt, die einen Krieg gegeneinander führen. Dabei trifft eine primitive kriegerische Rasse auf eine alte Festung, die von einem schlimme Verbrennungen hinterlassenen roten Licht geschützt wird.
Marc Ellis landet zusammen mit einem Kameraden Jahre später auf dem Mars. Dabei gerät ihr Schiff in ein Schwerefeld und strandet quasi in einer Art Dschungellandschaft. Dort finden sie auch neben dem gelandeten ersten Raumschiff von der Erde den Leichnam eines der beiden Astronauten. Aus den Aufzeichnungen des Mannes geht hervor, dass ihr Raumschiff ebenfalls in einer Art Raumfalle gefangen worden ist, Hans Kneifel wird die gleiche Idee in der „Raumpatrouille“ Folge mit dem Titel „Die Raumfalle“ verwenden. Anscheinend führen in diesem Gebiet auf dem Mars unerkannt von den Menschen ebenfalls zwei intergalaktische Rassen einen gegenseitigen Vernichtungskrieg, in den die Menschen eher zufällig gestolpert sind.
Auf beiden Handlungsebenen geht es um die kriegerische Auseinandersetzung im All. Dabei zeigt Peter Dubina im ersten Buch auf, dass die Menschheit per se vielleicht noch nicht reif genug für die Sterne ist, aber zumindest die Wächter im All zwischen einzelnen Individuen und der Menschheit per se unterscheiden sollten. So unterscheidet Rod Ellis vielleicht ein wenig pragmatisch zwischen Erfindungen wie der Atombombe und der entsprechend missbräuchlichen Handhabung, während andere aus seinem Team die generelle Forschung in diese Richtung verurteilen.
Aus heutiger Sicht streift Peter Dubina vor allem in der ersten Hälfte des Buches eine Reihe von Klischees. Die Entführung durch die gesichtslosen wie arroganten Fremden, die sich selbst eine höhere moralische Instanz zuordnen als den anderen Völkern in der Galaxis. Auf dem fremden Planeten gibt es keine Kommunikationsprobleme. Die primitiven Einheimischen nutzen die drei Menschen für ihre eigenen Ziele und folgen quasi auf ihren Spuren, um ihr Ziel zu erreichen. Die fremde auf der Welt gestrandete Rasse kann nur noch auf den eigenen Tod warten, weil sie technisch nicht mehr in der Lage sind, einen neuen klimatisch besser geeigneten Planeten anzufliegen.
Die Auflösung der Spannungssequenz ist fast schon pragmatisch. Rückblickend ergeben die aufgeworfenen Fragen einen Sinn und das zu Beginn nihilistische Szenario mit einer Vernichtung der Menschheit als Prävention wird relativiert.
Die Charaktere sind ein wenig hölzern gezeichnet. Ihre Handlungen sind im Gegensatz zu ihren manchmal an belehrende Monologe erinnernden Gesprächen untereinander sehr viel besser nachvollziehbar. Aber diese Protagonisten durchlaufen nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen Herausforderungen eine interessante Entwicklung. Im Gegensatz zu anderen Leihbüchern oder den fortlaufenden Serien im Heftromansektor erdet Peter Dubina zumindest den anfänglich reagierenden, aber schließlich agierenden Protagonisten. Im vorliegenden Buch sind es Großvater und Enkel, die beiden Ellis. Beide werden mit lebensbedrohlichen Situationen konfrontiert. Für beide gibt es aus unterschiedlichen Gründen zunächst keine Rückkehr zur Erde. Trotz der Extremsituation bleiben sie ihrem inneren moralischen Kompass treu. Vor allem sind sie keine Rassisten, sondern sehen auch in den fremden Wesen erst einmal intelligente Gesprächspartner, mit denen eine gemeinsame Ebene gefunden werden muss. Dabei hat es Rod Ellis allerdings mit einem ans Mittelalter erinnernden Szenario deutlich einfacher als Marc Ellis, der von den Robotern der außerirdischen Zivilisation auf dem Mars fast beiläufig gejagt wird.
Zu Beginn erweist sich Peter Dubina als eine Art Technik Fetischist, der vor allem das amerikanische Militär in ermüdenden Details beschreibt. Im Laufe des Romans konzentriert er sich bei den in der fliegenden Untertasse bzw. auf dem fremden Planeten spielenden Szenen eher auf die Konflikte zwischen den einzelnen Wesen und nutzt die Technik deutlich pragmatischer. Im zweiten wichtigen Handlungsabschnitt des Buches geht es nicht um die Details, sondern nur noch um das Überleben in einer unwirtlichen Umgebung auf dem Mars. Die Hinterlassenschaften der von Robotern betreuten Zivilisation mit einem gigantischen Höhlenlabyrinth unter der roten Marsoberfläche wirken dabei geheimnisvoller als die unwirtliche Wüste; die mit Pfeil und Bogen bewaffneten Ureinwohner oder die in ihrer Pyramide mit Atomenergie dahin darbenden Außerirdischen.
Das Finale ist langgestreckt. In einem Western Szenario beschreibt Peter Dubina den Kampf Ein-Mann-gegen-Alle, wobei die Auseinandersetzung mit den Robotern das Perry Rhodan Syndrom vorwegnimmt. Normal müssten die Roboter viel effektiver und vor allem auch schneller sein als die Menschen oder in diesem Fall Marc Ellis. Marc Ellis befindet sich auf der Flucht durch das gigantische Labyrinth der fremden Zivilisation, welche diese unter der Marsoberfläche angelegt hat. Weiterhin impliziert der Autor, das die unwirtlich rote Oberfläche des Mars die Folgen einer atomaren Auseinandersetzung zwischen den beiden außerirdischen Völkern gewesen ist. Am Ende gelingt Marc Ellis nicht nur der Sieg über die Maschinenintelligenz, welche die Roboter steuert, sondern er entkommt auch der Raumfalle. Ebenfalls auf eine Art und Weise, die Hans Kneifel in der gleichnamigen “Raumpatrouille” Folge und den späteren Adaptionen nutzte. Auch wenn Peter Dubina an der Spannungsschraube dreht, wirkt vieles mechanisch und eher konstruiert. Objektiv betrachtet muss die Maschinenintelligenz schon eine Art Todeswunsch haben, um einen bewaffneten Menschen so frei in der Anlage herumlaufen zu lassen. Aber es ist die einzige logische Möglichkeit, wie sich der einzige überlebende Astronaut befreien kann.
Während des Epilogs schlägt der Autor dann wieder den Bogen zu den “Wächtern des Alls”. Widersprüchlich erscheint, das sie Rod Ellis zu Beginn des Buches nicht auf die Auseinandersetzung zwischen zwei Völkern im Sonnensystem hingewiesen haben. Zusätzlich haben die Wächter willentlich die Vernichtung zweier Raumfahrender Rassen in Kauf genommen. Während des nicht nur auf dem Mars ausgefochtenen Konflikts hätten auch andere pazifistisch orientierte Völker in der Galaxis betroffen sein können. Daher ist die passive Haltung der Wächter angesichts der Drohungen gegenüber den noch am Beginn ihrer Raumfahrt stehenden Menschen unverständlich.
Unabhängig von diesen konstruktiven Schwachstellen ist “Wächter des Alls” ein Kind der sechziger Jahren, mit einer pazifistischen Grundeinstellung; einer Reihe von gut geschriebenen Actionszenen und der Botschaft, das man sich immer am Besten selbst treu bleiben soll. Egal, wie erdrückend die Voraussetzungen sind. Damit unterscheidet sich Peter Dubinas Science Fiction Roman aber auch grundlegend von einer Reihe Blut-und-Eisen Leihbücher, in denen erst die Waffen gegen die schmierigen Außerirdischen gesprochen haben, bevor die meistens sich ihrer Haut wehrende Menschheit zur Kontaktaufnahme bereit gewesen ist.
Band: 03, Science Fiction
Seiten: 270 Taschenbuch
Exklusive Sammler-Ausgabe
Preis: 12,95 €