Kara Ben Nemsi Neue Abenteuer 21- Schwarzes Elfenbein

Axel Halbach

Wie schwer es selbst für einen routinierten Autoren wie Axel Halbach ist, originelle Eröffnung Szenarien seiner Karl May Kanon Geschichten zu entwickeln, zeigen „Schwarzes Elfenbein“ (Band 21 der Nachdruck Reihe im Blitz- Verlag) und „Von Leptis Magna in den Dschebel Nefusa“ (Band 22). Im zweiundzwanzigsten Abenteuer wird Kara Ben Nemsi im heimischen Sachsen von einem Archäologen aufgesucht, der sich über Fundstücke einer legendären Wüstenstadt wundert. Anscheinend haben Plünderer einen Weg gefunden, zu den unter dem Sand verschütteten Grabkammern vorzudringen. Kara Ben Nemsi macht sich mit Sir David Lindsay und Hadschi Halef Omar auf den Weg, um den Plünderern auf die Spur zu komme. Dabei stoßen sie auch auf einen lukrativen Schmuggel von jungen Frauen nach Saudi-Arabien.

In „Schwarzes Elfenbein“ klopft ein junger Mann an die Tür von Sir David Lindsay. Der Lord langweilt sich furchtbar, ist aber in der Tageszeitung auf einen Artikel gestoßen, der von einer durch die Sandstürme freigelegten Stadt im Süden der libyschen Wüste handelt. Die vage Beschreibung kommt dem reichen englischen Lord aus einem alten, in seinem Archiv stehenden Buch bekannt vor. Der junge Mann hat die Stadt mit eigenen Augen gesehen und möchte Sir David Lindsay überreden, mit ihm zu der Stadt aufzubrechen. In dieser Hinsicht ist der Auftakt von „Schwarzes Elfenbein“ auch ein Novum. Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar werden quasi zwangsverpflichtet, an der Expedition teilzunehmen, während der tollpatschige Sir David Lindsay in Tripolis nach dem Kauf einer alten Karte eine Gruppe von Schatzräubern auf sich aufmerksam macht, die gerade ihre „Tätigkeit“ durch die schärfere Überwachung der antiken Städten in der Nähe Tripolis verloren haben.

Während ihrer Expedition stoßen sie auf einen lukrativen Handel mit schwarzen Sklaven aus dem Sudan. Natürlich ist wie in „Von Leptis Magna in den Dschebel Nefusa“ die Suche nach seit Jahrhunderten verborgenen Schätzen zweitrangig, die Sklaven müssen befreit und die Organisation zerschlagen werden.

Die grundlegende Struktur der beiden Romane überschneidet sich stark. Natürlich wiederholt sich auch Karl May immer wieder, aber vielleicht wäre es sinnvoll gewesen, die beiden Romanen nicht unmittelbar nacheinander und hinsichtlich ihrer Drucklegung sogar in der gleichen Auslieferung zu präsentieren.

Trotz der bekannten Vertrautheiten entwickelt sich beginnend mit Mario Heyers wunderschönen Titelbild – es zeigt die schneeweiße Yacht Sir David Lindsays in Tripolis – ein wieder kurzweilig zu lesendes Abenteuer, in dem Kara Ben Nemsi nur einmal der Not geschuldet in eine lebensbedrohliche Lage gerät. In viel anderen Abenteuern aus Axel Halbachs Feder hat sich der Sachse sowohl im Nahen Osten wie auch im fernen Wilden Westen mindestens zweimal pro Roman aus unerklärlicher Naivität oder vielleicht Selbstüberschätzung in aussichtslose Situationen begeben, in denen er in letzter Sekunde durch einen Zufall oder neue Freunde, die er auf der in dem jeweiligen Buch beschriebenen Reise kennengelernt hat, befreit werden muss. Letzteres ist hier auch der Fall. Das Auftauchen dieser neuen Bekannten ist schließlich auch der Wendepunkt der Handlung, denn bis dahin erscheint es –höflich gesprochen – sehr verwegen, gegen die mindestens fünffache Überzahl von Sklavenhändlern auf deren Grund vorzugehen.  

Bis dahin ist die Reise interessanter als die Ankunft. Die Schurken versuchen Kara Ben Nemsi und den Seinen immer wieder Fallen zu stellen. Diese wirken raffinierter angelegt als in einigen anderen der Kara Ben Nemsi Bücher. Natürlich entkommt der Sachse mit seinen Freunden immer in letzter Minute, aber die Erzählstruktur in “Schwarzes Elfenbein” ist fokussierter und stringenter, obwohl das Buch mit mehr als dreihundert Seiten Umfang zu den dickeren Axel Halbach Romanen gehört. 

Ebenfalls überraschend ist, dass Axel Halbach auf das stetige Flüchten und die natürlich umgehend einsetzende Verfolgung der zwei Anführer verzichtet. Ganz unüblich für Karl May und damit auch für die Kanongeschichten ist eine Rettung durch Kara Ben Nemsi unmöglich.  Fatalistisch, aber tief in seinem Inneren befriedigt in Hinblick auf die Gerechtigkeit, unternahm er erst gar keinen Versuch. Ohne  in die Details zu gehen, agiert Kara Ben Nemsi als Chronist. Dank des ein wenig naiven, aber sehr treuen kindlichen Kraftpakets Bobby, den Hadschi Halef Omar in einer der früheren Axel Halbach Geschichten in seine eigene Familie aufgenommen hat, lässt sich die finale Gefahrensituation gut auflösen. Aber auch hier weicht Axel Halbach von Karl Mays pazifistischem Gedankengut ab und geht keine unnötigen Risiken ein, wenn es darum geht, Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar zu befreien. Widerworte gibt es nicht. 

Die einzelnen Abenteuer aus der Feder Axel Halbachs sind allerdings derart abgeschlossen, dass Kara Ben Nemsi keinen Lernprozess durchläuft. In “Schwarzes Elfenbein” agiert der Sachse abschließend ohne Plan, auf Improvisation hoffend und “scheitert” für den Moment kläglich. Der Boden tut sich buchstäblich unter seinen Füßen auf. Im folgenden Roman “Von Leptis Magna in den Dschebel Nefusa” wird ihm dieses Mal alleine das Gleiche passieren. Es gibt keinen Hinweis, dass er sich auch aufgrund der in “Schwarzes Elfenbein” gemachten Erfahrungen hinsichtlich seiner naiven Leichtgläubigkeit ärgert. Während die Auflösung dieser gefährlichen Situation in “Schwarzes Elfenbein” zufriedenstellend und nachvollziehbar ist, braucht Axel Halbach in der nachfolgenden Geschichte den buchstäblich letzten Trick der Autoren- den Faktor Zufall. 

Es sind kleine strukturelle Schwächen, welche bei der Lektüre von “Schwarzes Elfenbein” bzw. “Von der Leptis Magna in den Dschebel Nefusa” auffallen. Wie bei Karl May muss der Leser sich den vertrauten Mechanismen stellen, um auf eine angenehme, ruhige und spannende Art und Weise unterhalten zu werden. Axel Halbachs Kanongeschichten versuchen Karl Mays etablierte Welt nicht zu verändern. In dieser Hinsicht kratzen die im Karl May Verlag publizierten Geschichten aus dem magischen Orient mehr an der Tradition des Sachsen. Axel Halbach bietet auch im vorliegenden Roman gute, ehrliche bodenständige Unterhaltung in einem vertrauten Sujet an. Abschließend veröffentlicht der Autor noch in einem Nachwort eine provokante, aber durch Halbachs Recherche auch glaubwürdige Thesen. Der im Roman immer wieder erwähnt Mahdi Aufstand zeigt verblüffende Parallelen zur Ausbreitung der Terrororganisation IS im Nahen Osten.  Ein nachdenklich stimmender Abschluss einer weiteren gut geschriebenen, vielleicht in den Details ein wenig zu mechanisch pragmatisch entwickelten Hommage an Karl Mays unsterbliche Schöpfungen.   

Axel Halbach
SCHWARZES ELFENBEIN

Band: 21, Abenteuer-Roman
Seiten: 328 Taschenbuch
Exklusive Sammler-Ausgabe

direkt beim Verlag bestellbar: www.blitz-verlag.de
Preis: 12,95 €

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