Two Hawks from Earth

Philip Jose Farmer

Der 1979 veröffentlichte Roman "Two Hawks from Earth" wird manchem Philip Jose Farmer Fan bekannt vorkommen. Eine vom Verlag gekürzte und bearbeitete Fassung erschien 1966 unter dem Titel "The Gates of Time". Der ursprüngliche Titel ist nicht ganz richtig, da Farmer die "Sliders" Idee von verschiedenen Parallelwelten vorweggenommen hat, in denen die Entwicklung der einzelnen Erden unterschiedlichen verlaufen ist. Seine Protagonisten landen zwar zeitgeschichtlich immer in der gleichen Zeit, die Erde sieht trotzdem anders aus. Herausgekommen in eine in mehrfacher Hinsicht ambitionierte Alternativweltgeschichte, welche die Lebensgeschichte des überdimensionalen Farmerhelden in einer ihm fremden Welt als Rückblick präsentiert. Interessant ist, dass diese Biographie im Prolog einem Reporter verbal nach einer Feier von Two Hawks, einem Indianer, vorgetragen wird und das sie nicht auf der dem Leser und dem Reporter bekannten Erde beginnt. Die Implikationen während des Epilogs deuten an, dass Two Hawk auch am Ende nicht auf der zumindest in der Theorie Erde Null gelandet ist. Ebenfalls interessant, aber rückblickend zu wenig extrapoliert ist die Idee, dass Two Hawks mit seinem Kriegskameraden durch das eine Tor in diese Welt sowie sein Kontrahent - ein deutscher Flieger - aus einer gänzlich anderen Welt durch eine parallel stattfindende Luftschlacht seinen Weg auf diese Parallelwelt gefunden hat. Drei Menschen von zwei unterschiedlichen Erden müssen sich also einer Welt anpassen. 

Viele grundlegende Ideen wie ein Mann in einer fremden Welt, der auf seine Überlebensinstinkte angewiesen ist, werden dem Leser aus unzähligen anderen Farmer Werken unabhängig von den Arbeiten anderer Autoren bekannt vorkommen. "Two Hawks from Earth" unterscheidet sich aber von der Masse dieser Arbeiten, dass erstens Farmers Held nicht gänzlich in eine primitive Gesellschaft durch das unabsichtliche Durchschreiten des ambivalent gezeichneten Tores fällt und zweitens die politischen Konstellation mit einem preußischen Berlin als nationalsozialistisches Spiegelbild sehr viel besser zu erkennen sind.

Wie schon angedeutet kämpft der Amerikaner Two Hawks seinen Zweiten Weltkrieg gegen offensichtlich als Deutsche erkennbare Feinde. Über den rumänischen Erdölanlagen muss er seinen Bomber nach einer wenig durchdacht ausgeführten Aktion verlassen und fällt mit seinem weißen, aber erstaunlich schwachbrüstigen Kameraden durch dieses "Loch" in eine gänzlich andere Welt. Auf den ersten Seiten erscheint sie nicht nur erstaunlich primitiv, sondern durch die Ankläge an den Islam mit seiner Frauenverachtung, den harten bis brutalen Gesetzen und der hierarchischen Familienstruktur dem Leser sehr vertraut. Two Hawks muss sich nicht nur mit dieser unwirtlichen Realität inklusiv seines verletzten Kameraden auseinandersetzen, sondern nach und nach fügt er das Mosaik einer Erde zusammen, in der Amerika im Allgemeinen und die USA im Besonderen durch fehlende kontinentale Verschiebungen keinen Aufstieg zur Weltmacht gemacht haben. Europa in dieser Vielvölkerstruktur mit wie schon angedeuten entsprechenden nationalsozialistischen Bestrebungen von einem an Rom erinnernden Berlin ausgehend ist ein Vielvölkerstaat mit unterschiedlichsten Kulturen. Einigen Klischees folgend - so rettet er eine aristrokratische, aber auch arrogante wie schöne Prinzessin, um sie später zu heiraten und wieder zu verlieren - wird der Aufstieg des nicht überdurchschnittlich kräftigen, aber ausgesprochen intelligenten Two Hawks durch die verschiedenen oligarchischen Hierarchien mit einem Schwerpunkt auf militärische Kriegsführung beschrieben. Sein Gegenspieler ist natürlich der ebenfalls in dieser Welt gestrandete Deutsche, der in seiner "Heimat" schnell eine militärisch wichtige Position innehat. In vielen Farmer Romanen spielte eine Reise immer eine wichtige Rolle. Auf ihr lernen Leser und Protagonist die jeweils fremden Welten auf Augenhöhe kennen. Den Herausforderungen begegnet Two Hawks auch aufgrund seines natürlichen Hintergrundes als Mitglied eines Naturvolkes mit einer Mischung aus Mut/ Ausdauer sowie Kraft/ Intellekt. Vielleicht wirkt die Anpassung an diese fremde Welt wie in einigen anderen Farmer Romanen zu einfach, so dass die Abenteueraspekte deutlich mehr in den Vordergrund treten als die sorgfältige Zeichnung des Hintergrundes, aber mit einem sich stetig steigernden Tempo nach einem erst später wirklich erkennbar doppeldeutig entwickelten Prolog zieht Farmer seine Leser auf eine packende Weise in die laufende Handlung.

Daneben wirkt der schwächliche Amerikaner bis auf eine Selbstopferungsszene erstaunlich klischeehaft gezeichnet. Ursprünglich als Bindeglied zum Leser gedacht dient er früh zu als naiver Stichwortgeber, dem Two Hawks die Wahrheit nicht anvertrauen kann oder will. Mit ein wenig mehr Emotionalität hätte diese wichtige Nebenfigur dreidimensionaler und im Schatten des Farmerüberhelden realistischer erscheinen können und vielleicht auch müssen.

Mit dem deutschen Fliegerass und seiner hochnäsigen, arroganten und durchtriebenen Art verfügt der Roman im Vergleich zu den vielen sehr exotisch beschriebenen Völkern und ihren Anführern über einen charismatischen Antagonisten, dessen Ziel es ist, sich in dieser Welt einen Platz für die Ewigkeit zu schaffen, während Two Hawks immer noch berechtigt, aber verzweifelt versucht, in seine Welt zurückzukehren. Diese differenziert beschriebenen Grundeinstellungen hätten mit einer geschickteren Aufteilung der Handlung – der Deutsche verschwindet quasi aus der Handlung und wird teilweise zu einer Art Phantom, das neben der Rückkehr in die eigene Welt eine Art Ziel für Two Hawks darstellt – noch mehr für emotionale Spannungen sorgen müssen. Es ist schade, dass in dieser Hinsicht Farmer das Potential seiner Geschichte nicht entschlossen genug hebt und die nicht unbedingt neue, aber auch nicht abgenutzte Prämisse vielschichtiger darstellt.      

Wie geschickt die Welt konzipiert ist, erkennen Two Hawks und der Leser am ehesten an der Entwicklung der "Indianer" in dieser Welt. Da die amerikanischen Kontinente durch das Auseinbrechen sich nicht getrennt und dadurch eine eigenständige Entwicklung des roten Mannes ermöglicht haben, zogen die Parallelweltindianer gen Osten und vermischen sich sowohl mit den Asiaten als auch den Osteuropäern. Teile ihrer Kultur sind weiterhin zu erkennen, nur hat Farmer sich eine Freude daraus gemacht, die Wurzeln dieser verschiedenen Völker sehr interessant zu extrapolieren. Vielleicht agieren die Deutschen mit ihrer aggressiven Form des Nationalsozialismus zu plakativ, aber der Amerikaner benötigt ein Feidbild, das in der vorliegenden Form eher den Pulps inklusiv Farmers "Lord Greystoke" Novelle entspricht als einer den Ideen und Idealen folgenden Evolution der Asien- Indianer. Der Besuch Two Hawks im protzigen Berlin, die Aufrüstung der aggressiven Deutschen mit ihren Hilfsvölkern und schließlich auch die finale Schlacht gehören zu den Höhepunkten des Romans. Im Gegensatz allerdings zu vielen anderen Abenteuerstoffen ist sich Farmer bewusst, das es ein Leben nach den Heldentaten geben muss. Ob es Zufall ist oder nicht beinhaltet der Cliffhangar sehr viel Potential und hätte für mehrere Romane in der Tradition der "Flußwelt" oder "World of Tiers" Serien, die beide auf ihre Art mit "Two Hawks from Earth" mehr Ähnlichkeit haben als es der erste oder vielleicht zwei Blick vermuten lässt, ausgereicht. So wirkt das nicht unbedingt nihilistische, aber resignierende Ende eines Helden ohne echte Heimat weiter nach als die verschiedenen, gut geschriebenen Actionszenen, die den Mittelteil des kurzweilig zu lesenden Romans auszeichnen. Insbesondere im Vergleich zum gekürzten und grob bearbeiteten Original, das neben Farmer kulturellen Extrapolationen auch viele Hintergründe gestrichen hat, wirkt „Two Hawks from Earth“ sehr viel abgerundeter, intelligenter und weniger grob nach bekannten Schemata gezimmert. Im Zusammenhang mit dem umfangreichen Schaffen des Amerikas kann der Roman als typisches Bindeglied zwischen Farmers manchmal zu schwatzhaften Spätwerk und den originellen Serien wie insbesondere „World of Tiers“, dessen sechster Band niemals auf Deutsch erschienen ist, sowie „Wenn der Steingott erwacht“, dessen                

 

  • Taschenbuch: 223 Seiten
  • Verlag: Monkeybrain (30. August 2009)
  • Sprache: Englisch
  • ISBN-10: 1932265287
  • ISBN-13: 978-1932265286