Perry Rhodan Neo 83 "Callibsons Fährte"

Alexander Huiskes

Schon der letzten Roman vom Kollegen Schorm litt unter verschiedenen „Deus Ex Machina“ Rettungen. Auch wenn sich „Neo“ eigenständig entwickelt, ist wie bei „Stardust“ festzustellen, dass immer wieder Cliffhangar aufgebaut werden, die zu leicht im folgenden Roman aufgelöst werden. Selbst Tod ist nicht gleich aus der Serie geschrieben, wie Goratschins zweite Opferung bewiesen hat. Natürlich gab es auch in der Frühzeit der Erstauflage die Kommandooperationen der Terraner, die nicht selten spektakulär aufgelöst worden sind, aber der Taktiker Scheer orientierte sich positiv wie negativ an militärischen Operationen und versuchte verschiedene Rückfallpläne zumindest nachträglich glaubwürdig zu erläutern, während „Stardust“ und „Neo“ schwierige bis unmögliche Situationen für die einzelnen Protagonisten aufbauen, aus denen sie für den Leser nichts ahnend im Notfall durch Ernst Ellert gerettet werden.

Alexander Huiskes konzentriert sich in seinem vorliegenden Roman auf die Perry Rhodan/ Thora/ Reginald Bull/ Tai- Targ Handlungsebene, die sich mit dem Einfluss Callibsos auf das Langzeitprojekt Erde auseinandersetzt. Die gefangene Puppe berichtet, dass zu erst die Frau des NASA Chefs Pounder gewesen ist, bei dem seine Frau und seine Kinder starben. Um die Geschichte abzukürzen, soll Perry Rhodan einer Teilübernahme zustimmen, mit der das Wissen quasi direkt übertragen werden kann. Wie die langen Rückblicke ist dieser Versuch, in der Vergangenheitsebene für Spannung zu sorgen, unnötig. Die wichtigsten Fakten lassen sich in wenigen Sätzen zusammenfassen, zumal es Rhodan und seinen Leute ja weniger um den ganzen Ablauf, sondern den zugrunde liegenden Plan geht.  Natürlich hat Rhodan auch gleich Kontakt zu Callibsons Lieblingspuppe, die während des Anfliegen des Erde im Jahre 2007 vom Meister direkt eingeweiht wird.

Dabei hat der Leser das Gefühl, als ersetze Callibsons quasi ES als Geheimnisträger der Menschheit. Die Wurzeln und die Krone des Stammes der Menschheit reicht tiefer in die Vergangenheit als sie ahnen. Sollten sie Ihre kryptische Bestimmung erkennen, dann endet gleichzeitig ihre Zukunft. Andere mächtige Wesen haben schon versucht, die Wurzeln der Menschen zu beseitigen und damit ihre kosmische Bestimmung auszulösen. Das wirkt allerdings auch wie ein Widerspruch, denn es ist ein Unterschied, ob die Menschen ihre Wurzeln entdecken und sie vielleicht nutzen als wenn „Feinde“ versuchen, diese Wurzeln aktiv zu beseitigen. Dann gibt es noch eine Allianz, die wachsam sein soll. Wenn sich jemals wieder Humanoide von der Erde ins All aufmachen, würde die Allianz reagieren, um ein Zerreisen des Alls zu verhindern. Dann hat die Allianz aber erstens mächtig geschlafen, denn in den letzten Monaten ist ja Rhodan sehr weit ins All vorgedrungen und nichts ist wirklich nachhaltig von Seiten einer allmächtigen Allianz geschehen. Weiterhin sollen die auf der Erde ausgesetzten Puppen verhindern, dass die Menschen mit den Arkoniden in Kontakt geraten. Bedenkt der Leser, dass erstens sich ein arkonidisches Raumschiff auf dem Mond befindet, dass anscheinend nicht mehr in der Lage ist, sich zu verteidigen, wäre es ein leichtes gewesen, das Raumschiff zu vernichten und damit jede Möglichkeit eines Kontakts zwischen den Menschen und den Arkoniden im Keim zu ersticken. So weiß Callibso, dass Perry Rhodan die STARDUST Mission anführen wird und will ihn aufhalten. Damit das alles kryptisch schwer wird, darf er allerdings nicht getötet werden. Warum die STARDUST angesichts des Potentials der Puppen nicht sabotiert und damit die Mission um Jahre zurück geworfen wird, was wiederum die Vernichtung der Arkoniden auf dem Mond ermöglicht hätte, wird nicht gesagt. Gibt es wirklich eine so mächtige Allianz, dann hat sie aus alleine spannungstechnischen Gründen auf allen Ebenen vollkommen versagt.

Abschließend wird noch die Idee dargereicht, dass Callibso schon einhundert Jahre vor dem Absetzen der Puppen ein Rückkehrraumschiff im Schutz eines Meteoriteneinschlags auf der Erde in der Tunguska- Region versteckt hat. Eine gute Idee. Warum nicht irgendwo das Raumschiff landen lassen, denn erstens gab es ausreichend weiße Flächen, zweitens hätte das Schiff auch im All versteckt werden können, drittens hätten bei derartigen Langzeitplänen die Puppen auch früher auf der Erde platziert werden können und viertens gibt es ausreichend arkonidische Wracks, die brauchbar sind, über die Erde verstreut. Hier wird die Mythologie gemolken, ohne das es wirklich einen Sinn macht.   

Die Gruppe bricht nach diesen Informationen natürlich in die Tunguska- Region auf, wo sich – welch eine Ironie – nach dem Kontakt mit den Arkoniden ein internationales Forschungscamp befindet, das die Aktivitäten des Tunguska Meteoriteneinschlages mit außerirdischen Aktivitäten befindet. Die Rebellen von Free Earth haben die Zelle unterwandert. Die Arkoniden als Besatzer der Erde sind nirgends zu sehen. Anscheinend haben sie nicht einmal den Planeten ausreichend gescannt. Um während der Reise Spannung zu erzeugen, kommt es zu Reibereien zwischen Tankin und Reg sowie Thora, die Eifersucht wegen ihrer Beziehung zu Rhodan vermutet. Bedenkt man, wie nett Thora die Menschen im Allgemeinen und Rhodan/ Reginald Bull im Besonderen behandelt haben, wirkt die Beziehung schon aufgesetzt, aber das ihr Emotionen von Reginald Bull nahe gehen sollen, wirkt aufgesetzt. Unabhängig davon können auf dem Grund des Sees zwei Fluchtschiffe geortet werden. Zu diesem Zeitpunkt sollte sich der Leser noch einmal vor Augen führen, dass erstens auf der Erde immer noch sehr viel Schrott aus der Atlan/ Atlantis Zeit herumliegt, der offensichtlich mehr oder minder brauchbar ist, für die Besetzer aber ein unglaubliches Gefahrenpotential darstellt. Anscheinend ist die Erde zumindest als arkonischer Stützpunkt aus der Maahks- Zeit aufgespürt und jetzt findet eine Handvoll von Forscher plötzlich gleichzeitig mit dem Auftreten von Perry Rhodan zwei Fluchtschiffe, die wenig nachhaltig getarnt worden sind.  Noch schlimmer wird es, dass Tai´Targ die Sicherheit der Gruppe gefährdet, da er sich in seiner Grundkonzeption nicht als Jäger entpuppt, sondern als MacGuffin. Anscheinend haben weder Frank Borsch noch Alexander Huiskes sehr viel Ahnung von der Jagd, sondern wäre diese intellektuelle Tiefpunkt des ganzen Romans in dieser Form gar nicht zu Stande gekommen. So will Tai Tark einen positronischen Gegner anlocken und stellt fest, dass die arkonidische Positronentechnik im Grunde unter seinem Niveau liegt. Klar, dann gibt es noch im Gegensatz zum Roboter Regenten die Anweisung, das ohne ausdrückliche Genehmigung des Regenten – hier heißt es plötzlich Regierung – die Entwicklungsstufe zu selbstbewussten Entitäten nicht überschreiten dürfen. Auch diese Idee wirkt nachgeschoben und ergibt vor allem hinsichtlich der angeblich so dekadenten Arkonidenrasse aus den ersten „Neo“ Bänden keinen wirklichen Sinn. Wo wird denn die Stelle zwischen einem reinen Befehlsempfänger und einer selbstständig „denkenden“ Entität überschritten? 

Viel schlimmer ist, dass der Fürsorger einen kleinen Auftritt hat und Alexander Huiskes gleich zwei interessante, aber auch den Plot durch ihre „Allmacht“ und ihr „Wissen“ hemmende, sorgfältig aufgebaute Protagonisten „töten“ lassen darf. Dabei müssen sie sich selbst quasi eine Falle stellen, was rückwirkend eher einfallslos erscheint. Nicht zum letzten Mal in den „Neo“ Romanen werden Ideen aufgebaut, um sie dann von selbst wieder vom Tisch zu wischen. Für den finalen Band dieser Miniserie stellt Huiskes eine Art Gleichstand her und durch den Verlust einer wichtigen Komponente scheint sich tatsächlich so etwas wie Spannung aufzubauen. Problematisch ist, dass die ganzen Aktionen rückblickend eher sinnfrei sind, die Paranoia zwischen den einzelnen Interessengruppen zu schnell relativiert worden sind und die arkonidischen Besatzer sich derartig dumm verhalten, dass man sich wünscht, sie hätten intelligente Entitäten. Auch der Puppenstrang mit den wieder mystischen Andeutungen hinsichtlich der Wurzeln der Menschheit wirkt umständlich entwickelt und soll die Neugierde der Leser wecken. Anstatt mal Fragen zu beantworten und daraus einen Plot zu schmieden, versucht sich Frank Borsch in langweiligen kryptischen Entwicklungen, die mit etwas Entschlossenheit von den nicht einmal schlecht beschriebenen Protagonisten wie Callibso – eine Figur, die mehr und mehr an Faszination verliert – schnell und effektiv hätten beendet werden können.

 

 

Pabel Verlag, Taschenheft

160 Seiten

Erschienen November 2014

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