Galaxy Challenger

Galaxy Challenger, Heinz Zwack, Titelbild
Heinz Zwack

„Galaxy Challenger“ ist Heinz Zwacks zweiter Roman. Er spielt in den gleichen Universen wie „Nebenweit“. Von der Struktur leidet die Fortsetzung unter den gleichen Schwächen wie der erste Band. Heinz Zwack fehlt im Grunde die Leichtigkeit des Erzählens. Es finden so gut wie keine Tempowechsel statt und wenn der Autor wirklich einmal die erzähltechnische Bremse löst, dann findet er sich schnell wieder in einer ausführlichen Extrapolation von im Grunde banalen Dingen. In „Nebenweit“ sind diese zu ausführlichen und zu wenig die Grundhandlung voranbringenden Exkursionen noch verzeihlich gewesen, da der Autor viel zu viel in seinen anfänglich sehr guten Roman unterbringen wollte. Es handelt sich um ein Debüt und niemand weiß, ob es eine zweite Chance gibt. Aber im vorliegenden Band hätte vieles anders erzählt werden können und wahrscheinlich auch müssen. Selbstironie ist, wenn Heinz Zwack seinen Debütroman in den beiden markanten Parallelwelten unterschiedlichen positioniert. Einmal als Science Fiction und einmal als fundiert wissenschaftliche Erklärung in Erzählform hinsichtlich der technischen Entwicklung. Einmal hätte der Hinweis gereicht, aber immer wieder greift Heinz Zwack auf die Idee zurück und führt sie wieder aus. Anscheinend gibt es in seinem Universum weder die Fernsehserie „Sliders“ noch andere Science Fiction Parallelweltgeschichten. Während der Hinweis auf das eigene Werk – es ist sicherlich notwendig, um einige Zusammenhänge im vorliegenden Band zu verstehen – nach Eigenlob stinkt, spricht der Oldie Heinz Zwack vor allem die Leser an, die mit ihm in den fünfziger Jahren angefangen haben, sich für die utopische Literatur im Allgemeinen und das Fandom im Besonderen zu interessieren. Die jüngeren Leser werden nicht jeden Hinweis verstehen, aber wenn einer der Protagonisten sein Berghaus ausgerechnet in Unterwössen hat, dann lächeln einige Fans hinsichtlich der eher legendären Schlosscons. Das einer der Protagonisten ausgerechnet Gaisbauer heißt und der oberflächlichen Beschreibung folgend durchaus mit dem bekannten EDFC Mitstreiter „verwandt“ sein könnte, ist ein weiterer Hinweis. Das aus der Parallelwelt auftauchend ausgerechnet der Pilot Jim Parker heißt und damit Namensvetter der ersten deutschen utopischen Science Fiction Serie ist, sollte mehr als Zufall sein. Es macht Spaß, diesen Hinweisen zu folgen, zumal der Autor sie eher unauffällig und den leider phlegmatischen Handlungsfluss nicht störend platziert. Dazu kommt, dass sowohl Pioniere der Raumfahrt wie Hermann Oberth oder Max Valier sowie Science Fiction Autoren wie  Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski Namensgeber von verschiedenen Raumschiffen sind.  Selbst Hans Dominik mit seiner eher belehrenden Vorgehensweise der technischen Vorgänge oder ein wenig Kurd Laßwitz in Hinblick auf die märchenhaft utopischen Hintergründe im zu langen Epilog lassen sich erkennen.

 Heinz Zwack hat sich bei seinem Plot und vor allem den eher fiktiven Figuren leider zu sehr an zu vielen Vorbildern orientiert, um abschließend einen zufriedenstellenden und vor allem nachhaltig eigenständigen Roman zu verfassen. In Hinblick auf „Nebenweit“ ließen sich diese Schwächen noch entschuldigen, aber im vorliegenden „Galaxy Challenger“ will er zu viel auf einmal und geht dabei nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern leidet unter der Schwäche, seinen mehr und mehr auseinanderfallenden Plot nicht mehr fokussieren zu können und innerhalb der verschiedenen Handlungsebenen zu viele nicht wirklich spannende Ideen aufgreifen zu können. Es beginnt mit dem Selfmademilliardär  Elton Rusk, der sich an Bord des von ihm mit entwickelten Prototypraumschiffs durch den schon angesprochenen Jim Parker in die Tiefen des Alls fließen lässt. Der Titel des Romans „Galaxy Challenger“ ist der Name des Raumschiffs.  Hinsichtlich der Möglichkeiten des überlichtschnellen Flugs hat sich Heinz Zwack ohne Frage genauso Gedanken gemacht wie er mit der Idee eines Himmelskörpers herumspielt, der aus den Tiefen des Alls kommen die Erde bedroht. Der Armageddon Faktor seines Buches wird eher als eine Art MacGuffin genutzt, um Spannung aufzubauen, wo keine wirkliche Dynamik vorhanden hat. Mit den Sonnensegeln als grünen Wegweiser weg von der Erde erschafft der Autor zwar ein interessantes Bild, der Weg ist aber sehr beschwerlich.       

Die „Galaxy Challenger“ landet gute zehn Jahre nach „Nebenweit“ in der Parallelwelt, in die es schon im ersten Band Bernd Lukas verschlagen hat. Während Lukas wie die beiden Raumfahrtpioniere eher aus einer amerikanischen geprägten „Columbiawelt“   in das bayerische Idyll verschlagen hat, holt Heinz Zwack im vorliegenden Roman deutlich auf und versucht ein europäisches Ideal zu erschaffen, das politisch ohne Frage ambitioniert, aber nicht wirklich durchdacht erscheint.  Die USA natürlich nicht so mächtig wie in unserem Universum. Im Grunde gibt es das Land gar nicht wirklich. Europa mit einer gewissen Deutschlandaffinität gibt in einem friedlichen Staatenbund den Ton an. Wie in den frühen Utopien greift Heinz Zwack auf Ideen wie das Solidaritätsgeld als Überbrückung zurück. In erster Linie werden zwar deutsche Autos gefahren, es scheint aber weder Armut noch Not zu geben. Vorsichtshalber werden Ideen wie Produktivitätsunterschiede oder schlecht bezahlte Jobs gar nicht erwähnt. Es ist eine sehr glatte, nicht unbedingt homogene Zukunft, sondern die nicht ungeschickte Übertragung von Science Fiction Ideen aus den dreißiger bis fünfziger Jahren in ein eher modernes Ambiente, die funktionell aber nicht funktional präsentiert werden.  Aber wie sehr sich Heinz Zwack mit dieser Parallelwelt auseinandergesetzt hat, zeigt ein anderes Detail. Mit viel Liebe hat er die so oft verwendeten technischen Schlagwörter eingedeutsch, wobei er auf der anderen Seite nicht den entsprechenden Schritt weitergegangen ist, um seinem Europa vielleicht internationalere Begriffe  vielleicht auch aus dem Französischen abgewandelt zu schenken. Aber der Wille ist da.  Mit den ebenfalls dieser europäischen Union bestehend aus 32 Mitgliedern angegliederten „Gälern“ aus dem ersten Band fängt der Autor zu wenig an. Sie wirken in dieser Hinsicht eher wie eine Staffage.  Es ist wie bei einigen anderen Teilen eher das Bemühen zu erkennen, aus alten utopischen Stoffen Ideen nicht zu generieren, sondern vorsichtig zu modernisieren, um aus dem Schmelztiegel letztendlich eine möglichst originelle Schöpfung hervorzuzaubern. Der Weg ist mühsam und das Erreichte anzuerkennen, aber in „Nebenweit“ hat sich Heinz Zwack besser auf das Wesentliche konzentriert und wirkte deswegen auch überzeugender. Zu viele Flanken werden hintergrundtechnisch nicht geschlossen, sondern in erster Linie mit Nebenkriegsschauplätzen kurzzeitig grell beleuchtet, bevor sie im Nebel der plottechnischen Umgebung verschwinden.      

 Da die meisten der Charaktere auch eher oberflächlich definiert und vor allem distanziert beschrieben worden sind, dringt der Autor nicht unter die Oberfläche, sondern verheddert sich in langen Exkursionen unterschiedlicher Gerichte oder vielleicht ironisch als Anspielung auf die Verkleidungsrituale verschiedener Science Fiction Cons gemeint in einer zu langen Vorbereitung zu einer in Unterwössen stattfindenden Silvesterfeier mit leider eindimensionalen Figuren. Nicht nur an dieser Stelle springt der Funke nicht über und Heinz Zwacks eher ermüdender Stil baut keine zwischenmenschlichen Beziehungen auf.  Auf der anderen Seite funktioniert diese minutiöse Vorgehensweise in anderen Szenen wie dem Tod eines Crewmitglieds  gut.  Auf der anderen Seite nervt der Hinweis auf den schwerelosen Sex und wirken die KI Damen sehr sexistisch und erinnern an die eher pubertierenden Phantasien eines entweder älteren Herren oder jungen Teenagers. Heinz Zwacks Herangehensweise an diese beiden durchaus in erfahrenen Händen vielschichtigen und ausbaufähigen Themen zeigt, dass ihm noch das schriftstellerische Rüstzeug fehlt, um sie passend in die laufende Handlung einzubauen.              

Im Epilog wird noch eine weitere Welt präsentiert, in welcher die vor Heimweh geplagten Parallelwelttouristen wider Willen stranden. Auch hier sind die Ansätze interessant und der Pazifismus dieser fast unbewohnten Welt lobenswert, aber trotz aller Ambitionen bleibt Heinz Zwack seiner unglücklichen Linie treu, die vielen Ideen nicht richtig umsetzen können. Kritisch gesprochen zerfällt der Roman in die bekannten Aspekte -  Landung in einem Paralleluniversum, eine Expedition in die Tiefen des Alls, um die Bedrohung der Erde abzuwenden -  sowie einem nicht unbedingt negativ gemeint bieder erzählten, aber oberflächlich vielschichtig entwickelten Hintergrund. Schade ist es, dass Heinz Zwack kein richtiges Gespür für einen dynamischen Roman entwickelt. Ein starkes Lektorat hätte den ganzen Plot auseinandernehmen, die unwichtigen Teile isolieren und das Gerüst neu aufbauen müssen. Potential selbst auf der Basis bekannter Aspekte ist ohne Frage vorhanden und mit den immer wieder effektiven Anspielungen auf vergangene Science Fiction Serien oder Fans sowie das Spielen mit den Klischees des Genres hätte insbesondere aus dem im All spielenden Teil des Plots ein unterhaltsames Büchlein werden können. Es bleibt zu viel an der Oberfläche kleben, weil der Autor versucht hat, zu akribisch etwas Ungewöhnliches zu schaffen. Der Blick für die Details hat leider das Ganze verzerrt.    

Atlantis Verlag

Titelbild: Timo Kümmel
A5 Paperback. ca. 390 Seiten, ISBN 978-3-86402-312-5.