Perry Rhodan Neo 51- Lotsen der Sterne

Gerry Haynaly

In "Lotsen der Sterne" geht Gerry Haynaly auf das Schicksal Crests ein. Es kommt bei der Beurteilung des vorliegenden Romans auf die Grundhaltung des Lesers an. Sieht er den roten Faden eher als Parodie und leichte Unterhaltung, dann liest sich das einundfünfzigste Abenteuer mit einem kontinuierlichen Augenzwinkern nicht schlecht.

Erwartet der Leser eine ernst gemeinte Fortführung der Entführungsebene, dann wird leider der Handlungsbogen zu einer negativen Herausforderung. Und das obwohl Gerry Haynaly dank seiner pointierten Dialoge zu den besseren Stilisten der in dieser Hinsicht eher wenig befriedigenden "Neo" Autorenrunde gehört. Zu den Stärken gehört die Beschreibung des Volkes der Unither. Zwar sind die drei Protagonisten Liszog, Golath und Zerft hoffentlich keine klassischen Vertreter dieses Volkes, aber sie werden interessant beschrieben. Im Rückblick wird erzählt, wie sie sich nach ihrer unabhängigen Ankunft auf dem Freihandelsplaneten Lepso mit kleineren Gaunereien, Trickdiebstählen und natürlich Glücksspielen über Wasser gehalten haben.

Da die Idee eines intergalaktischen "Casinos" mit sehr menschlichen Grundwurzeln die Science Fiction seit den vierziger Jahren durchzieht, kann Haynaly inklusiv der Vorlage aus der Originalserie Lepso detailliert und zufriedenstellend beschreiben. Handlungstechnisches Klischee ist natürlich der Gewinn eines antiken Datensticks von einem arkonidischen Schatzjäger, der ihnen den Weg zur IQEKSEL zeigt.

An diesem Punkt setzt die fortlaufende Handlung wieder ein. Die Unither inklusiv der ausführlich beschriebenen Rüsselreinigungsrituale wirken eher wie Parodien insbesondere menschlicher B- oder C Filme. Der Anführer Golath ist der festen Überzeugung, dass Crest sie anlügt und über Schätze verfügt. Im Grunde geben der Zellaktivator - die Idee, das ein Mensch nach knapp zwei Tagen ohne Aktivator rasant altern und dann sterben muss, scheint für die "Neo" Serie fallen gelassen worden zu sein - und das Artefakt der Goldenen ihm auch recht. Warum der eher unterbelichtete Zerft Golath unentwegt kritisiert und auf der anderen Seite von ihm immer wieder zurecht gewiesen wird, arbeitet Haynaly im Kern nicht weiter aus.

Dieses Klischee muss der Leser schlucken, wobei die verbalen Gefechte zwischen originell pointiert und albern hin und her schwanken. Über den "Techniker" Liszog erfährt der Leser am wenigsten. Der nächste Schritt ist schwierig zu verstehen. Diese verbalen Konfrontationen gipfeln in dem Versuch, sich hinsichtlich der Folter Crests zu einigen. Auf der anderen Seite wird der in den obligatorischen Zellen des Aufklärers sitzende Crest von einer Arkonidin aus dem Nebenraum kontaktiert, die sich als Tochter eines Positronikzulieferers vorstellt.

Die Unither versuchen anscheinend für Crest im Gegensatz zum Leser nicht zu erkennen an weitere Informationen zu kommen. Warum die Unither im Grunde einen passenden "Schlüssel" zur Verfügung haben und Golath später seinen Plan wieder unterläuft, wird nicht weiter extrapoliert. Im Kern stellen sich die drei Unither nicht sonderlich geschickt an. Da der Leser angesichts der bisherigen Erfahrungen nicht an Crest endgültigen Tod glauben mag, baut sich auf dieser Handlungsebene auch kaum Spannung auf. Wenn bizarre Ideen in den Plot einfließen, wirken sie isoliert. So haben die drei Unither anscheinend mittels 3 D Druckern im Dschungel Ufgars ein ganzes Dorf "ausgedruckt", um den Eindruck einer typischen unithischen Sozialgemeinde zu erwecken.

Ob es sich dabei eher um die Befriedigung des eigenen Egos handelt oder welche Hintergründe es angesichts des bisherigen Lebensstils zusätzlich gegeben haben soll, wird im Vakuum diskutiert. Außerdem brauchen sie im Grunde auch keine Unterkunft, sie kamen immerhin einzeln auf Lepso an und haben insbesondere in der ersten Hälfte des vorliegenden Buches als typische Einzelgänger agiert. Auf der anderen Seite mit ein wenig mehr kitschigem Pathos und einer überzeugenderen und vor allem fremdartigeren Charakterisierung der Figuren hätte der Autor an dieser Stelle nach einer Reihe von klischeehaften Dschungelabenteuern einen emotionalen Schlusspunkt unter diese Handlungsebene setzen können.

Dschungelabenteuer scheinen bei "Neo" in Mode zu kommen. Dominierten zuerst die Raumschiffwracks, so findet sich immer wieder eine unwirtliche grüne Höhle mit entsprechender Flora und Fauna. Auch wenn die einzelnen Autoren sich hinsichtlich der Details unterscheiden, wünscht sich der Leser doch ein wenig mehr Abwechslung oder zumindest originellere Plotelemente angesichts der immer wiederkehrenden Hintergründe. Zusammengefasst schleicht sich der Plot eher schlecht als recht dahin und die dürftigen Informationen hätten auf der Hälfte des zur Verfügung stehenden Platzes abgearbeitet werden können und wahrscheinlich auch müssen.

Auf der anderen Seite kann der Leser angesichts der zahlreichen Rüsselanspielungen nur schmunzeln. Das reicht bis zum Händewaschen der Protagonisten. Auch Crest wieder vom heimlichen Planer wieder zu einem überdrehten Hypochonder. Da erinnert vieles an die ersten Tage mit Zellaktivator, als der Arkonide zu einer Art unerträglicher Überfigur geworden ist, bevor er für längere Zeit aus der Handlung eliminiert worden ist. Auf der anderen Seite schlägt das Pendel dann wieder zur anderen Seite aus. Wahrscheinlich sind es seine Schuldgefühle Thora gegenüber, die ihn so unvorsichtig werden lassen, denn Rayare weißt zu wenig arkonidische Züge auf und Crest ist mit der eigenen Technologie vertraut, die unter anderem auch in einem Rico gipfelte. Haynaly arbeitet zu wenig heraus, dass Crest auch so etwas wie Misstrauen empfinden kann.

Insbesondere während der zu leicht geglückten Flucht, die nicht nur auf die Blindheit der Unither geschoben werden kann. Die zweite Handlungsebene des Romans besteht ebenfalls auch zwei eher als Karikatur zu bezeichnenden Figuren: Die Zwillingslotsenbrüder Che`Den und Enìmh sollen den aus der Station verschwundenen Crest suchen gehen. Untereinander streiten sie sich und beim Zusammenstellen eines Konvois wären beinahe mehrere Raumschiffe zusammen gestoßen, was als grober Fehler gilt. Die permanente Transitonsdatenbank, welche Gary Haynale entwickelt hat, wirkt aber wie ein Widerspruch zu der geglückten Chance, das experimentelle Raumschiff stehlen zu können.

Anscheinend haben diese Datenbanken die Transitonen nicht aufgefangen oder die Idee passte damals nicht in den Plot. Genauso erscheinen die erstmalig in "Neo 46" aufgetretenen Lotsen zu "menschlich". Es wird zu wenig herausgearbeitet, warum sie auf bestimmten Strecken das Monopol haben. Weiterhin erscheint die Idee von der Notwendigkeit des Zusammenstellens von Konvois unglaubwürdig. Akzeptiert der Leser diese Prämisse, wirken die Lotsen trotz ihrer exotischen Beschreibung zu menschlich.

Es ist schade, dass dieser Rasse nicht das Potential zugestanden wird, über das sie verfügt. Auch wenn die grundlegende Idee eher an die goldenen Pulpzeiten mit menschlicher Geschichte vermischt erinnert. Auch der Versuch, die Zusammenstellung der einzelnen Konvois als exotisch darzustellen, scheitert in ihren Details, da es keine Informationen gibt, wie eng sie wirklich zusammenfliegen müssen und warum die einzelnen Kapitäne der Schiffe nicht selbst der Flugbahn des Führungsschiffes folgend agieren durften.

Die unendliche Weite ist kein Platz für Lotsen, unzugängliche Raumhäfen in Asteroidengürteln eher. So wirkt die Rasse der Unither wie ein weiterer interessanter Farbkleks im „Neo“ Universum, dem allerdings zu wenig Funktionalität zugesprochen wird. Nimmt man den ganzen Plot allerdings nicht ernst und lässt sich auf das Spiel des Autoren ein, Unithern und Lotsen bis in die Details zu folgen, dann kann man Spaß an diesem Roman haben. Plottechnisch bewegt sich bis auf die letzten Seiten unglaublich wenig, aber die Beschäftigung mit der Rüsselhygiene oder der Suche nach Artefakten fast schon in „Warehouse 13“ Manier sowie der Blick in ein weiteres Monopol des plötzlich unerklärlich deszentralisierten arkonidischen bislang ambivalenten bis exposetechnisch ausgesprochen flexiblen Großen Imperiums ragen skurril aus dem „Neo“ Universum heraus. Auch wenn sie niemand wirklich ernst nehmen kann. Vielleicht ist deswegen der Roman charmanter, aber leider nicht spannender als die letzten Taschenhefte.

Pabel Verlag

Taschenheft, 160 Seiten

Erschienen September 2013

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