Seewölfe 1 - Der Freibeuter aus Cornwall

David J. Harbord

Mit „Die Seewölfe – Der Freibeuter aus Cornwall“ startet der Pabel Verlag als E- Book einen Nachdruck seiner 1975 gestarteten Heftromanreihe, die immerhin mehr als siebenhundertsechzig Einzelabenteuer und siebenundfünfzig Taschenbücher umfasste. 15 Jahre später wurde die Reihe ohne große Vorankündigung eingestellt. Im Gegensatz zur originalen Reihe umfassen die Nachdrucke nur die Abenteuer P.H. Killigrew. Die ersten elf Heftromane des Jahres 1975 waren Übersetzungen der vom für seine Science Fiction Romane ebenfalls bekannten Kenneth Bulmer, dessen Arbeiten der Pabel- Moewig Verlag in verschiedenen Reihen veröffentlicht hat. Bulmer unter dem Pseudonym Adam Hardy geschriebene Romane orientierten sich an Foresters „Hornblower“ Serie. Erst mit dem zwölften Heft, dann allerdings durchgehend bis zur Einstellung der Serie begann die Lebens- und Leidensgeschichte Killigrews, der anfänglich verblüffende Ähnlichkeit mit den überdimensionalen Protagonisten K.H. Scheers aus dessen in den fünfziger Jahren als Leihbücher veröffentlichten Piratenromanen aufweist. 

Das erste Heft beschreibt Killigrews Karriere vom gekidnappten einfachen Besatzungsmitglied bis zum eigenen Kapitän eines von Drake aufgebrachten Spaniers mit einem rasanten, für die siebziger Jahre typischen Heftromantempo. P.H. Killigrew muss schon zur See gefahren sein, als er 1576 in einer Spelunke zum Pressgang nach einigen Handgefechten überredet wird. Er sucht ganz bewusst die Kneipe auf und fragt den Wirt, ob er ihn schon einmal „verkauft“ hat. Daraus entwickelt sich erst der Versuch, Killigrew zu betäuben und an Bord des Schiffes zu entführen. Er weicht mittels einer Katze dem gepanschten Wein aus und kann mit Hilfe eines ebenfalls irischen Jungen der Überzahl der Angreifer lange Zeit widerstehen. So entsteht aufgrund seines Furcht erregenden Aussehens während des Kampfes der Spitzname „Seewolf“.  Er wird schließlich nicht zum ersten Mal im Verlaufe des Buches niedergeschlagen.   An Bord des Schiffes verdient er sich den Respekt der Mannschaft und schließlich auch das Kapitäns, als er sich gegen den sadistischen Deckmann schließlich durchsetzen kann. Sein Wille wird selbst durch die Wasserfolter im Vorschiff nicht gebrochen. 

Der am Ammersee wohnende Wilhelm Kopp alias David J. Harbord ist selbst zur See gefahren. Daher wirken die alltäglichen Abläufe an Bord der „Marygold“ sehr authentisch. Dagegen ist die Charakterisierung Killigrews zu überzogen. Er hat auf seinen vorherigen Fahrten im Grunde alles gelernt, was man als guter Seemann und kurze Zeit später als überragender Kapitän benötigt. Hinzu kommt seine kräftige Gestalt, die eher an Howards Barbaren denn einen Adligen des 16. Jahrhunderts erinnert. Wo er hin schlägt, wächst kein Gras. Desweiteren kennt er sich mit Kanonen an Bord der Segelschiffe aus und  ist in taktischer Hinsicht eine ideale Mischung aus Draufgänger und verschlagenem Kämpfer, welcher die Schwäche der beiden spanischen Gegner sofort analysiert. Auch als Detektiv eignet er sich in der zweiten Hälfte des Buches sehr gut. 

Die Ironie des ersten Romanteils lässt sich in der Begegnung mit dem Kapitän zusammenfassen. Es handelt sich um Francis Drake, auf dessen Schiff Killigrew auch freiwillig angeheuert hätte. Nachdem er sich wie schon angesprochen des Respekt der Mannschaft verdient hat, muss er als Deckstellvertreter einen Saboteur ausfindig machen, der nicht nur nachts ein Besatzungsmitglied ermordet und über Bord wirft, sondern auch Ratten ins Essen mischt, die Wasserfässer auslaufen lässt und schließlich das Schiff an einer schwer von innen zu erreichenden Stelle an Bord. Hier kommen wieder Killigrew und sein junger Schatten ins Spiel, denen es in einer der spannenden Episoden der zweiten Romanhälfte gelingt, das Leck abzusichern und das Schiff zu retten. Obwohl sich Kopp Mühe gibt, die Identität des eigentlichen Spions lange zu verheimlichen, gibt es zumindest nur eine Richtung, aus welcher die Attentate kommen können. Der Hintergrund der Anschläge ist vielleicht zu komplex entwickelt; die Idee, den Kapitän während eines Überfalls zu töten vordergründig überzeugend, hintergründig aber zu ambivalent beschrieben. Unabhängig von dieser Schwäche entwickelt sich der Mitte der siebziger Jahre geschriebene Roman zu stark auf den fast allmächtigen charismatischen Killigrew hin entwickelt. Eine Rhodan Figur auf hoher See, die ohne Probleme aus der Schmiede K.H. Scheers stammen könnte, In politischer Hinsicht sind die Sympathien klar verteilt. Auch wenn Francis Drake als sanktionierter und privat finanzierter Pirat entlarvt wird, sind es die tyrannischen Spanier, die von der See getilgt werden müssen. Die beiden Feuergefechte inklusiv der abschließenden Kaperung werden hart und knapp beschrieben, auf sadistische Details bis auf den Hinweis, das alle spanischen Seeleute bis auf den gefangen genommenen Kapitän ums Leben kommen beim zweiten Überfall ums Leben kommen ausgespart. 

Kopp bemüht sich aber, den einzelnen relevanten Besatzungsmitgliedern der „Marygold“ individuelle Züge zu geben. Da wird mit dem Koch lautstark und handfest gestritten. Der Schiffszimmermann ist ein – so weit es geht – bodenständiger Handwerker und die Männer sind einer ehrlichen Haut wie Killigrew schnell sklavisch ergeben. Teilweise balanciert der Roman stark am eindimensionalen Klischee entlang, aber die pointierten Dialoge gleichen diese Schwäche manchmal auf ungewollt amüsante Art und Weise wieder aus. 

Zusammengefasst ein solider geschriebener Auftaktband einer immerhin fast fünfzehn Jahre veröffentlichten Heftromanreihe, der insbesondere den überdimensionalen, sein Umfeld angesichts der perfekten Mischung aus Intelligenz und Kraft erdrückenden Überhelden ein wenig unglaubwürdig schnell zu seinem ersten eigenen Kommando führt.      

David J. Harbord , "Seewölfe 1 - Der Freibeuter aus Cornwall",

117 Seiten, Roman, Softcover,

Pabel Verlag 1975

 

 

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