Kritik zu The Walking Dead 8.04: Some Guy

SPOILER

Nach drei Episoden von The Walking Dead mit hektischen Wechsel zwischen Charakteren und Orten, konzentriert man sich bei "Some Guy" wieder auf einen Handlungsstrang. Im Fokus steht der schillernde König Ezekiel.

In der Ruhe liegt die Kraft

Da die Folge vor allem durch wenige Charaktere getragen und deren Motivation beleuchtet wird, ist die eigentliche Handlung schnell erzählt. Beim abrupten Ende nach dem Angriff auf Ezekiel und sein Team blieb am Ende der letzten Episode offen, was mit ihnen genau geschehen ist.

Nun ist klar: Die Savior haben hochwirksame maschinelle Waffen, mit denen sie auf einen Schlag beinahe den kompletten Trupp getötet haben. Der angeschlagene Ezekiel bedarf der Hilfe einzelner Überlebender, um sich vor sowohl den nahenden Zombies als auch seiner nun als Untote erwachenden Gefolgschaft zu retten.

Carol stellt sich derweil im Alleingang den Saviorn, um sie davon abzuhalten, die Waffen als Nachschub ins Sanctuary liefern zu können. Komplett gelingt ihr das nicht, aber Rick und Daryl sind praktischerweise gleich um die Ecke, um den Rest zu übernehmen.

Die emotionale Tiefe und Stärke von "Some Guy" kommt klar durch die Ruhe, mit der die Episode - besonders im Kontrast zur bisherigen Staffel - erzählt wird. Gerade auch die Rückblicke, die einem Ezekiel und seine Verbindung zu Carol noch einmal näher bringen, tun ein Übriges.

Wir sind eins

So sind die ersten Minuten der Folge das Emotionalste, was The Walking Dead seit langem abgeliefert hat. Einer der großen Kritikpunkte der letzten und auch bisherigen Staffel war, dass zu viele Charaktere auftauchen und man schon gar keine Bindung zu ihnen hatte. "Some Guy" zeigt, dass es an sich gar nicht viel bedarf, um den Zuschauer emotional zu involvieren.

Mit wenigen Worten, dafür passender Musik, wird die Vorbereitung und der Abschied der in die Schlacht ziehenden Bewohner von ihren Liebsten gezeigt. Auch Ezekiel bereitet sich vor, und durch das beeindruckende Schauspiel von Khary Payton kann man seine Gedanken, die Zweifel hin zum entschlossenen Handeln, fast greifen.

Mit seiner Kriegsansprache läuft Ezekiel wieder zu theatralischer Höchstform auf und spricht sichtbar nicht nur seiner Gefolgschaft, sondern auch sich selbst Mut und Hoffnung zu. Der Abschied gipfelt so in einer großen Gruppenumarmung. Optisch erinnert dies interessanterweise durch das Filmen und Rausfahren der Kamera nach oben an Szenen, in denen ein Einzelner von einer Horde Zombies umzingelt wird.

And yet I smile

Die Realität trifft hart. Konnte sich die Kingdom-Mannschaft noch eine Zeit rühmen, ganz ohne eigene Verluste gesiegt zu haben, sind sie nun quasi auf einen Schlag ausgelöscht.

Wie sich Ezekiel aus dem Leichenberg derer, die ihm zum Schutz geeilt sind, herauskämpft, ist gerade im Kontrast zur vorhergehenden Gruppenumarmungs-Szene düster. Der Moment zur Realisation, was geschehen ist, der Schrei der Verzweiflung, das Unvermögen seine nun zu Zombies werdenden Freunde abzuwehren und von ihrem Leid zu erlösen, der Moment vor absoluter Selbstaufgabe und der Funken Hoffnung, als einer der wenigen Überlebenden seiner "Majestät" zu Hilfe eilt - sofort zieht Paytons Darstellung des Anführers, der zum ersten Mal mit einer derartigen Niederlage konfrontiert wird, in den Bann.

Für die, die dies doch etwas klarer formuliert in Worte gefasst brauchen, taucht ein jugendlicher, namenloser Savior mit Brille auf, der Ezekiel gefangen nimmt. Negans Wunsch ist, die drei geschlagenen Anführer der gegen ihn rebellierenden Gruppen - also Ezekiel, Rick und Maggie - demonstrativ am Zaun des Sanctuary zur Schau zu stellen.

Dass Ezekiel noch frisch mit harten Verlust zu kämpfen hat und man von nahenden Zombies umzingelt ist, reicht natürlich nicht - der Savior muss auch noch verbal sticheln. Man wisse sehr genau, wer er sei, lache über das Schauspiel und sein Kingdom. Mit Blick auf die Zombies tritt er nach: "Dein Theater hat sie alle getötet, aber sieh, sie folgen dir trotzdem noch".

Wo auch immer Jerry war, er kommt zum passenden Moment zurück und halbiert den - von Negan mal abgesehen - namenlosen Savior mit seiner Streitaxt.

Carol nimmt es derweil im Gebäude und auf dem Gelände mit dem Rest der Savior auf, um sie am Transport der hochgefährlichen Waffen zu hindern. Ihre Erfahrung im Kampf und ebenfalls gute Schauspielkunst helfen ihr auch diesmal wieder, eine scheinbar aussichtslose Situation nicht nur zu überstehen, sondern gewissermaßen auch zu beherrschen.

In Rückblicken sieht man sie in Gesprächen mit Ezekiel. Carol ist skeptisch, was seine tatsächlichen Fähigkeiten angeht und fragt, ob er denn überhaupt schon mal gekämpft hätte. Viel hat er nicht auf seiner Liste, aber er habe hart trainiert und sei bereit zu werden, was er sein muss. Carols fragender Blick lässt ihn weiter erzählen. Als Zoowärter war er eher schwach, und natürlich habe er, als Shiva schwer verletzt Hilfe brauchte, abgewägt, ob er die Gefahr eingeht und ins Gehege springt - "Doch wenn man gebeten wird, ein Held zu sein: Sei ein Held!".

Durchaus ein cleverer Schachzug, mit der Gegenfrage an Carol, ob sie schon immer so stark und mutig war, oder es auch eine Entscheidung dafür gab, den Zuschauer noch einmal Carols Reise Revue passieren zu lassen und so Ezekiel von der Charakterentwicklung nutznießen zu lassen.

Mit dem wissenden Lächeln, dass sich auch um die beiden geflohenen Savior und die Waffen gekümmert wird, als Carol ein Motorrad hört, gibt es auch für die Caryl-Shipper noch zumindest ein kurzes Augenzwinkern.

To be a king

Was heißt es, ein Anführer zu sein? Die verheerende Niederlage hat Ezekiel tief getroffen und lässt ihn schwer an sich selbst zweifeln. Die Maskerade ist für ihn gefallen, das Spiel aus. Doch sowohl der Überlebende seiner Gruppe, der ihn rettet, als auch Jerry bestehen darauf, ihn weiterhin mit "Majestät" anzusprechen. Auch als Ezekiel ganz klar sagt "Du musst mich nicht so nennen" kommt als klare Antwort "Dude, doch, muss ich!".

Selbst als Ezekiel ganz klischeehaft darum bittet, zurückgelassen zu werden, da er nur aufhalten würde, tragen ihn Jerry und Carol - nicht nur körperlich - weiter. Mir schoss sofort eine meiner Rohan-Lieblingszenen aus Der Herr der Ringe in den Kopf:

"Wer bin ich, Gamling?"
"Ihr seid unser König, Herr "
"Und vertraut ihr eurem König?"
"Eure Männer, Herr, folgen Euch zu jedwedem Ende."
"Zu jedwedem Ende."

Natürlich ist es ein harter Verlust, aber es ist auch ein harter Kampf. Über Jahre hat Ezekiel seine Leute beschützt und eine sichere Heimat bieten können. Sie vertrauen und lieben ihn. Er spielt keinen Anführer, er ist ein Anführer. Und definitiv nicht der schlechteste, den wir in The Walking Dead kennengelernt haben.

Entsprechend nimmt es emotional mit, ihn derart brechen zu sehen. Zwar können Jerry, Carol und Ezekiel den Zombiemassen entkommen, da Shiva-Ex-Machina wieder zum Einsatz kommt, doch dieses Mal stirbt die Tigerin dabei. Dies versetzt Ezekiel den letzten Schlag und lässt ihn sichtlich völlig verzweifeln.

Die Erwartung war da, dass er sich dennoch weiter als Anführer sieht und seiner Pflicht nachkommt, bei der Rückkehr ins Kingdom abermals das Wort an die Hinterbliebenen zu richten und ihnen so neben einer Erklärung zu bieten, auch eine Stütze in dieser schweren Zeit zu sein. Stattdessen zieht er sich schweigend und von der Schlacht schwer gezeichnet zurück. Doch der Funke Hoffnung, dass er trotz der schmerzlichen Verluste gestärkt als König weiterhin der Serie erhalten bleibt, glimmt noch.

Fazit

Wie in meinen bisherigen Kritiken zu lesen war, bin ich bekennender Fan von Ezekiel und seinem Königreich. Es dürfte also nicht verwundern, dass mich diese Episode so begeistert wie schon lange keine mehr. Doch dies liegt nicht nur an besonders viele Szenen mit Carol, Ezekiel und Jerry, sowie dem tragischen Tod von Shiva, sondern auch daran, dass man sich endlich mal wieder Zeit gelassen hat.

Alleine die Action kann The Walking Dead nicht tragen, und hier keimte wieder mal etwas von der feinfühligen Geschichtenerzählung und Charakterdarstellung auf, die die Serie in früheren Staffeln so stark machte. Dass die Zombies auf Grund der Gegebenheiten endlich mal wieder zumindest etwas bedrohlicher sein konnten, ist ein klares Plus.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass wir natürlich immer noch nicht wissen, was mit Gabriel und Negan weiter geschehen ist. Ob sich hinter den demonstrativ gezeigten Giftmüllfässern und optisch auffälligen Zombies mehr verbirgt, ist ebenfalls offen.

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LOTR The Two Towers - "Where is the Horse and the Rider?"

Originaltitel: The Walking Dead (seit 2010)
Erstaustrahlung am
31.10.2010 bei AMC / 11. Mai 2012 bei RTL1
Darsteller:
Andrew Lincoln (Rick Grimes), Norman Reedus (Daryl), Lauren Cohan (Maggie), Chandler Riggs (Carl), Melissa McBride (Carol), Steven Yeun (Glenn), Laurie Holden (Andrea), Danai Gurira (Michonne), Sonequa Martin-Green (Sasha), Jon Bernthal (Shane), Sarah Wayne Callies (Lori), Jeffrey DeMunn (Dale), Michael Rooker (Merle), David Morrissey (Govenor), Scott Wilson (Hershel), Michael Cudlitz (Abraham), Emily Kinney (Beth), Chad L. Coleman (Tyrese), Lennie James (Morgan), Jeffrey Dean Morgan (Negan), Alanna Masterson (Tara), Josh McDermitt (Eugene), Christian Serratos (Rosita)
Produzenten: Gale Anne Hurd, David Alpert, Robert Kirkman, Charles H. Eglee, Glen Mazzara, Scott M. Gimple, Greg Nicotero, Tom Luse, Frank Darabont
Basiert auf der gleichnamigen Comicreihe von Robert Kirkman
Entwickelt von Frank Darabont
Staffeln: 9+
Anzahl der Episoden: 115+

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