Perry Rhodan Planetenroman 53/54 "Unsterblichkeit x 20"/ "Aufstand des Posbis"

Peter Terrid

Mit mehr als zwanzig Perry Rhodan Planetenromanen – in einem Interview bezeichnete der zu früh verstorbene Peter Terrid sie als seine Rente – hat sich der sympathische Autor positiv gesprochen als Lückenfüller der Serie erwiesen. Immer wieder hat er sehr gut recherchiert sich um die inhaltlichen weißen Stellen gekümmert, angefangene Plotelemente zu Ende geführt und dabei vor allem mit der dreidimensionalen Zeichnung seiner Protagonisten punkten können.

Sowohl „Unsterblichkeit x 20“ als auch „Aufstand der Posbis“ spielen in frühen Phasen der Serie. Aus heutiger Sicht wirken die Romane teilweise in Ehren gealtert und wie bei einigen anderen Taschenbücher dieser Zeit zeigt sich deutlich, dass die Autoren anfänglich drauf los geschrieben haben, um gegen Ende der noch strenger vorgegebenen Umfangsnorm mehr Handlung als Platz übrig hatten. Rainer Nagel geht in seinen beiden kombinierten Nachwörtern einmal auf die Figuren ein, die Peter Terrid mit Leben erfüllt hat, zum anderen auf die Bedeutung der Romane in der Serie. Immerhin hat die spätere Serienabweichung von Terrids „Schmied der Unsterblichkeit“ erst zu den Nachwörtern in den Planetenromanen geführt.

 

In „Unsterblichkeit x 20“ geht es um die zwanzig Zellaktivatoren, die Thomas Cardiff von ES erpresst hat. Nach dessen Tod sind diese Zellaktivatoren vor allem bei dessen Verbündeten, den Akonen verschwunden. Quinto geht beunruhigenden Gerüchten nach und bittet Reginald Bull, auf die Suche nach den Zellaktivatoren zu gehen und sie Es zurück zu geben. Eher widerwillig fliegt Bull nach Wanderer. Im Gepäck ist seine dreizehnjährige Verwandte Gwendolyn, die sich anscheinend an Bord seiner Space Jet geschlichen hat.

 

Peter Terrid geht das Abenteuer relativ geradlinig an. Die eigentliche Suche nach den Zellaktivatoren wird Bull auf einer zweiten Handlungsebene deutlich erleichtert, auf der sich die Akonen selbst umbringen. Dabei hat ES schon vorgesorgt und teilweise wirken die präparierten Geräte wie der riesige Zeigefinger eines Gottes, der den Menschen/ Akonen ihre Sünden buchstäblich vor Augen hält. Die Versuche der Akonen, sich nicht nur den Geräten zu bemächtigen, sondern sie vor allem auch zu kontrollieren, werden ernsthaft und vor allem nachvollziehbar beschrieben. Dagegen ist Bullys Odyssee zusammen mit der quengeligen Gwendolyn selbst durch die Pointe im Epilog ein wenig relativiert zu kindisch. Da greift Terrid anscheinend absichtlich und mit sehr viel Vergnügen – Zwangsheirat; eine Ladekammer voller Eis – in die Klischeekiste und versucht das Abenteuer lustiger erscheinen zu lassen. Dabei bietet der Roman so viel Potential, das mit dieser Vorgehensweise nicht gehoben werden kann. Nur durch die Konzentration der Zellaktivatoren auf eine Tempelanlage hat Bully überhaupt eine Chance, innerhalb der kurzen Zeit erfolgreich zu sein. Dieser Brückenbau sei dem Autoren verziehen.

 

Peter Terrid setzt sich aber auch in Ansätzen und nicht gänzlich zufrieden stellend mit einer anderen Frage auseinander. Nur Perry Rhodan und Atlan hatten zu diesem Zeitpunkt schon Zellaktivatoren. Alle anderen von Perry Rhodan ausgewählten Menschen mussten in regelmäßigen Abständen Wanderer aufsuchen, um eine Zelldusche zu erhalten. Immer wieder ein spannendes Element in der Heftromanserie, denn der Weg dahin war niemals einfach gehalten. Reginald Bull könnte als versucht sein, einen der Zellaktivatoren für sich zu nehmen und damit auch zu den Unsterblichen zu gehören. Das Schicksal Thomas Cardiffs, der einen auf Perry Rhodan abgestimmten Zellaktivator getragen hat, sollte Warnung genug sein. Peter Terrid spricht diese Versuchung zumindest an, auch wenn insbesondere ein Reginald Bull als treuer Kamerad auf Rhodans Seite nur einen flüchtigen Gedanken daran verschwendet.

Zusammengefasst kann „Unsterblichkeit x 20“ trotz des brisanten Themas und vor allem der guten Ausgangsposition sein Potential nicht ganz heben. Natürlich ist Bully mit einer zu perfekten Version des nervigen Teenagers bestraft. Vielleicht gehört das zu einer dieser Prüfungen, die ES als Herausforderungen für die Menschheit angesehen hat. Aber diese weniger lustigen, als aus heutiger Sicht albernen Passagen hemmen den Lesefluss eines ansonsten solide geschriebenen Romans, der vor allem bei den Akonen zeigt, wie verführerisch die Idee ist, unsterblich zu sein. Vor allem die finalen Bilder – ohne hier im Plot vorweg zu greifen – sind bizarr und wirken wie eine Hommage an die zahllosen Filmen, in denen der abschließende Goldfund nur noch den Wahnsinn hervorgerufen hat.

 

„Aufstand der Posbis“ spielt während des „Meister der Insel“ Zyklus. Mit der jüdischen Agentin Hadassah hat Peter Terrid einen faszinierenden Charakter erfunden. Eine Frau, die den Machos in nichts nachsteht. Die raucht und flucht, unorthodox handelt und doch dem Imperium treu ergeben ist. Der Plot ist ein wenig kompliziert. Einer der Jetpiloten wird aus dem All genau zwischen den Frontlinien gerettet. Es besteht die Gefahr, dass es sich um einen Duplo handelt, den die Meister der Insel einschleusen wollen, um die imperialen Kräfte zu schwächen. Eine Befragung mit ergibt keine Hinweise. Der Mann wird zurück auf die Erde geschickt, wo er relativ schnell zur Hundertsonnenwelt, der abgeschirmten Heimat der Posbis aufbrechen will. Hadassah soll ihm folgen und feststellen, ob es sich nur um einen Exzentriker handelt oder die Meister der Insel noch einen anderen perfiden Plan haben. Peter Terrid hat diesen Thriller deutlich besser aufgebaut, auch wenn am Schluss zu viele lose Enden auf einmal abgeschnitten werden müssen.  Die Ereignisse überschlagen sich zu sehr, auch wenn der Autor eine nachvollziehbare, der logischen Vorgehensweise der Posbis entsprechende Lösung präsentiert. Auch die Art der „Waffe“ ist gut gewählt. Der Leser kann sich mit dem Schicksal des armen Raumpiloten vertraut machen, der anscheinend nur einen einzigen Wunsch hat. Kaum ist diese Sympathiebrücke etabliert, dreht Terrid den Fokus und zeigt die Hintergründe. Vielleicht wirkt der ganze Plan sehr stark auf dem Faktor Zufall aufgebaut und wirkt nicht nur in einer Hinsicht wie ein Himmelfahrtskommando, aber der Autor zieht den Plan deutlich konsequenter und im Vergleich zu „Unsterblichkeit x 20“ humorloser durch.

Zu den Stärken gehört ohne Frage die Figur Hadassahs. Gleich zu Beginn wie in den James Bond Filmen üblich wird sie durch ihre Handlungen und weniger über Beschreibungen definiert. Ohne sie zu sehr als Abziehbild der männlichen Geheimagenten zu skizzieren nutzt Terrid sie auf dieser einzigartigen Mission. An Bord des Springerschiffs zeigt sich ihre weibliche, aber deswegen nicht unbedingt klischeehaft verletzliche Seite. Mit Respekt vor ihrem jüdischen Glauben zeichnet Terrid sie als eine eigenwillige, nicht immer einfache Persönlichkeit, die zu spät hinter den Plan der „Meister der Insel“ kommt, aber in letzter Sekunde hier deutlich mehr als dem Nichts heraus konstruiert ein Gegenmittel präsentieren kann.

Im Verlaufe dieser Reise streift der Autor einige bekannte Plätze. Die Hundertsonnenwelt ist ja bis zu ihrer Zerstörung immer eher ein Phänomen im Hintergrund gewesen als das sie ausführlicher beschrieben worden ist. Terrid hebt ein wenig den Vorhang.

Die Handelsweg, auf welcher die kleine Gruppe den finalen Flug zur Heimat der Posbis beginnt, wirkt eher wie aus dem Wilden Westen entsprechend modernisiert in die Zukunft gehoben. Terrid hat sehr viel Spaß, mit den Erwartungen der Leser zu spielen und im Vergleich zu einigen anderen seiner Romane enttäuscht er auch nicht mit der Flucht in Klischees.

Während das Schicksal der 20 Zellaktivatoren ja in der Erstauflage nicht mehr behandelt worden ist, wissen die Stammleser, dass die Posbis lange Zeit die treusten Verbündeten der Menschen gewesen sind. Bei dem „Aufstand der Posbi“ muss es sich metaphorisch eher um einen Sturm im Wasserglas gehandelt haben.  Es ist ein geradliniger Abenteuerroman mit einem James Bond würdigen Plot, den Terrid anfänglich ein wenig zu gedehnt, gegen Ende zu überstürzt in seiner stilistisch angenehm zu lesenden Art und Weise sehr geradlinig erzählt.

Wie Rainer Nagel in seinen Nachwörtern geschrieben hat, Terrid hat sich als Chronist der Serie einen guten Namen gemacht und diese beiden Planetenromane aus den goldenen Zeiten der Erstauflage unterstreichen es deutlich. Sie sind in Ehren ergraut und wirken manchmal ein wenig zu „grob“ entwickelt, aber sie unterhalten auch dank Terrids Fähigkeit, seine Figuren trotz absurder Situationen lebendig erscheinen zu lassen, selbst Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung immer noch sehr gut.     

www.zaubermond.de

Zaubermond Verlag, Taschenbuch 356 Seiten

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