Sir Henry und die Pharaonen

Sir Henry Rider Haggard

Der Verlag Dornbrunnen legt mit der Titelgeschichte “Smith und die Pharaonen” sowie einer kurzen Schauergeschichte zwei Werke des britischen Schriftstellers Sir Henry Rider Haggard vor, der neben einigen realistischen Romanen vor allem durch die in Afrika spielenden Geschichten um “She” und Allan Quatermain weltberühmt geworden ist. 

Die Novelle “Smith und die Pharaonen” erschien 1912/ 1913 im “Strand Magazine”, das ja auch Sir Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes Geschichten, aber auch die Romane um Professor Challenger abdruckte. 

Die Geschichte erschien einige Jahre später mit vier anderen Kurzgeschichten – unter anderem „Magepa the Buck, eine Allan Quatermain Story – als Hardcover. In seiner langen Karriere veröffentlichte Sir Henry Rider Haggard insgesamt nur zwei Sammlungen mit seinen Kurzgeschichten. „Allan´s Wife“ schon 1889 und mehr als dreißig Jahre später „Smith and the Pharaons and other Storys“.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Ägypten in alle Munde. Immer wieder sind neue Funde in den Grabanlagen gemacht worden. Auch wenn Haggard schon impliziert, dass die wertvollsten Funde im ägyptischen Museum in Kairo aufbewahrt und eher Kopien nach Übersee geschickt werden sollten, war das Interesse der Öffentlichkeit und auch der Wissenschaft ungebrochen.

James Ebenezer Smith ist ein bescheidener Mann, der durch harte Arbeit in jungen Jahren und dann einige erfolgreiche Spekulationen zu einem nicht unbedingt vermögenden, aber zufriedenen Mann geworden ist. Er arbeitet in einem Büro in London und fristet eher ein langweiliges Leben. Ein Besuch im Museum krempelt dieses Leben um. Er verliebt sich in das Abbild einer ägyptischen Königin. Fortan studiert er nicht nur Archäologie. Er reist nach Ägypten, organisiert seine eigene Expedition und will das Grab dieser Unbekannten suchen.

Auf wenigen Seiten fasst Sir Henry Rider Haggard absichtlich distanziert, vielleicht sogar ein wenig gelangweilt das Leben dieses Mannes zusammen. Nichts an ihm ist aufregend, nichts Besonderes. Und doch ist er neben seiner Beharrlichkeit ein grundehrlicher Mann. Durch einen Zufall und entgegen aller Logik entdeckt er das Grab der Königin und findet neben ihrer abgebrochenen Hand einige Schmuckstücke, welche er dem britischen Museum überlässt. Allerdings möchte er einen besonderen Ring und die Hand behalten. In der gleichen Nacht  schließt ihn ein unaufmerksamer Aufseher im Museum und. Smith stellt fest, dass es eine besondere Nacht und er nicht alleine ist.

Smit muss sich einem besonderen Gericht stellen. Ab welchem Moment ist ein Forscher auch ein Grabräuber? Darf ein Mann einen verstorbenen Räuber bestehlen, wenn er auf der Flucht vor vielen Jahren seine Beute fallen gelassen hat. Und man sie findet? Diese Frage wird in einem nächtlichen Konzil mit James Ebenezer Smith angerissen, aber auch nicht beantwortet. Den größten Teil der „Beute“ hat er ja dem Museum überlassen. Ob diese Handlung erlaubt ist, steht auf einem anderen, weiten Blatt, das die „Richter“ nicht beantworten können. Auch verhält er sich nicht wie ein Räuber, sondern ein verliebter junger Mann, der seine Angebeteten über die Jahrtausend folgt.

Mit der liebe über das ägyptische Grab hinaus haben sich einige Autoren auseinandergesetzt. So finden sich in der ebenfalls im Verlag Dornbrunnen publizierten Anthologie von Lars Dangel zwei Geschichten, unter anderem von Sir Arthur Conan Doyle, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema auseinandersetzen. Auch Algernon Blackwood hat sich in einer seiner Gruselgeschichten „A Descent Into Egypt“ mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Am Ende der Nacht kann Smith nicht sagen, ob er das Gericht wirklich erlebt und damit auch überlebt oder ob es sich um einen dunklen Traum im eiskalten Museum gehandelt hat. Die Argumentationsketten seiner Richter sind in sich schlüssig und Haggard hat eine Reihe von pointierten Dialogen verfasst. Aber Smith weiß sich inzwischen verbal zu wehren, auch wenn er in erster Linie reagieren kann.

Als Gruselgeschichte ist „Smith und die Pharaonen“ zu leicht, zu humorvoll und amüsant.  Haggard klärt seine Leser fast nebenbei geschichtlich auf und zeigt die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Pharaonen. Der belesene Smith ist in diesem Fall ein klassischer, aber auch effektiver Mittler zwischen der viktorianischen Gegenwart und dem alten Ägypten. Nicht alle Bezeichnungen und Titel sind korrekt. Die Fußnoten des Verlages versuchen, einzelne Fakten geradezubiegen.

Im Gegensatz zu seinen phantastischen, farbenprächtigen, aber auch teilweise brutalen Afrika Abenteuern ist „Smith und die Pharaonen“ leichte, gut zu lesende und auch in Ehren gealtert

„Das Hochzeitsgeschenk“ ist eine Kurzgeschichte aus dem Jahr 1905. Der Bräutigam steht am Vorabend seiner zweiten Hochzeit eine besondere Begegnung bevor. Seine erste Frau ist jung verstorben und hat ihm prophezeit, dass er ihre Freundin heiraten wird. Dazu bedarf es eines besonderen Geschenks. Eine kurzweilige, atmosphärisch zwar dichte, aber inhaltlich den Mechanismen des Genres unterworfene Kurzgeschichte.

Wie viele Sammlungen aus dem Verlag Dornbrunnen gibt der Taschenschmöker einen kleinen Einblick in Sir Henry Rider Haggards Art und zu erzählen. Wie bei der längeren Novelle angemerkt, sind es keine typischen Geschichten des Engländers, aber sie lesen sich selbst mehr als einhundert Jahre nach der Erstveröffentlichung immer noch erstaunlich gut.    

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Henry Rider Haggard
Smith und die Pharaonen

Zwei fantastische Erzählungen
96 S.; Format 12 x 19 cm; 8,00 €
ISBN 978-3-943275-26-1

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