Alien- der verlorene Planet

Christopher Golden

Obwohl inhaltlich sehr lose miteinander verbunden legt Christopher Golden nicht den Abschlussband dieser Trilogie vor, sondern ignoriert vielleicht auch sehr unglücklich gewählt den Inhalt seiner Vorgänger und präsentiert mit „Der verlorene Planet“ – im Original „River of Pain“   - einen Roman, der sich mit Newts Familie beschäftigt und damit chronologisch wie die ersten beiden Bände dieser Serie zwischen „Alien“ und Aliens“ angesiedelt worden ist.  Nicht nur bei der „Alien“ Serie, sondern auch anderen Zyklen ist es schwer, die Vorgeschichte eines bekannten Ereignisses überraschend und vor allem spannend zu erzählen. Da Christopher Golden insbesondere im direkten Vergleich zu Tim Lebbon als Autor des Auftaktbandes eher ein durchschnittlicher Autor ist, gelingt es ihm an keiner Stelle, wirklich Spannung zu erzeugen oder den Leser zu überraschen. Negativ kommt zusätzlich hinzu, dass  der ursprüngliche Zeitsprung von mehreren hundert Jahren in die Zukunft ignoriert wird. Dadurch wirken die drei Bücher noch weniger konzipiert und vor allem strukturiert als es wahrscheinlich die Absicht der Autoren gewesen ist. Im Vergleich zu anderen Science Fiction Serien wie „Star Wars“ oder „Star Trek“ ist das inhaltliche Spektrum wie bei den „Predator“ Romanen beschränkt. Es lassen sich die Schauplätze austauschen, aber grundsätzlich sind die Szenarien zu ähnlich. Das beweisen die drei Romane.  

Newts Familie mit ihrer kleinen Kolonie leben ja auf dem kleinen herausfordernden Planeten LV- 426 oder Acheron – daher stammt der Originaltitel des Romans – nicht wirklich gemütlich. Der Asteroid soll ja noch terraformt werden. Durch einen Zufall finden die Kolonisten natürlich das Raumschiff und die Katastrophe nimmt ihren bekannten Verlauf. Der Autor folgt damit nicht nur dem etablierten Szenario, er gibt sich ausgesprochen wenig Mühe, diese Grundidee zu erweitern. Handlungstechnisch ist der Roman eine einzige Enttäuschung.  Der Autor kopiert bekannte Szenen aus den Filmen und extrapoliert sie überhaupt nicht.  Das gilt insbesondere für die Einleitung. Hier stellt sich die Frage, was diese Vorgehensweise bedeuten soll. Die meisten Käufer dieser Romane werden Fans der Filme sein und deswegen auch die cineastischen Vorlagen in und auswendig kennen. Neue Leser, welche die Filme wirklich gegen alle Wahrscheinlichkeiten nicht gehen, können mit dieser Einführung auch nichts anfangen. Anstatt dann zumindest andere Szenen zu beschreiben, füllt Golden seine Seite leider nicht zum letzten Mal mit Wiederholungen.  Aber es ist nicht die letzte Anspielung auf „Aliens“ und deren Handlungsverlauf.

Um den Kolonisten zumindest in der Theorie eine kleine Chance zu geben, befindet sich eine kleine Gruppe von Marine Infanteristen auf dem Asteroiden, die kurzzeitig wenig erfolgreich in den Kampf ziehen. Alleine ihre Anwesenheit widerspricht einigen Angaben aus dem zweiten Film, in dem dieses Terraforming Projekt als ziviles Unternehmen dargestellt worden ist und die Erdregierung eher widerwillig Soldaten ausschicken möchte. Beim Verlust einer kleinen Einheit in den Tiefen des Alls hätten sie zumindest reagieren können. Interessanter wäre es vielleicht gewesen, diese Soldaten als Deserteure oder vielleicht ehemalige Soldaten darzustellen, die eher widerwillig in die Ereignisse mit einbezogen worden sind.

Für viele Leser dauert es wahrscheinlich zu lange, bis ab der Hälfte des Romans die Aliens auftauchen und aus Actionsicht das Tempo deutlich angezogen werden kann. Rückblickend handelt es sich um die schwächsten Passagen des ganzen Romans. Wie eingangs erwähnt kann der Autor diesen Szenen keine notwendigen neuen Impulse geben.  Sobald der Autor neue Wege geht und das schließt leider Variationen vor allem von „Aliens“ inklusiv nicht notwendiger Änderungen gegenüber dem Film ein, verliert er sich in Details. Auch wenn die Forscher von dieser aggressiven wie fremden Lebensform auf dem entfernten Kolonialplaneten überrascht worden sind, reagieren sie entweder zu spät -  noch entschuldbar – oder richtig, was dann aber durch eine unerklärte Wendung des Textes wieder wirkungslos bleibt.  In dieser Hinsicht ist der Roman eine Enttäuschung.

Es ist die erste Hälfte, welche die Leser ein wenig verwöhnt. Provokativ könnte man fragen, warum der Verlag nicht den Mut gehabt hat,  auf die Aliens ganz zu verzichten. Es hört sich wie ein Widerspruch an, aber auch hier haben „Star Wars“ als auch „Star Trek“ deutlich gemacht, dass es ohne die Hauptfiguren geht. Christopher Golden nimmt sich nicht nur viel Zeit, um die Jordan Familie bestehend aus Anne, Russ, Time und Newt wirklich dreidimensional und überzeugend zu entwickeln, sondern vor allem zu beschreiben, wie herausfordernd und schwierig es gegen alle Planungen ist, sich einen Planeten zu „unterwerfen“ und ihn bewohnbar zu machen. Hinzu kommen neue Figuren wie Demian Brackett, der als CO auf diese Welt abkommandiert worden ist. Das Verhältnis zwischen Anne Jordan und Demian Brackett wird ausführlicher beschrieben. Ohne Kitsch oder Klischees entwickelt der Autor ein überzeugendes Szenario, das vor allem durch die Komplexität der in erster Linie technischen Ideen überzeugen kann. Es geht dem Autoren nicht nur darum, die schwierige ökologische Situation auf dieser Welt zu beschreiben, sondern auch herauszuarbeiten, wie faszinierend es sein kann, etwas zu erschaffen, wenn schon nicht zu kreieren. Auch wenn sich Christopher Golden auf einzelne Katastrophen und menschliche Konflikte hätte beschränken müssen, wäre „River of Pain“ ohne die Aliens wirklich ein guter Roman gewesen, der durch den historischen Hintergrund und die heraufdämmernde Katastrophe den Leser auch gefesselt hätte. Er weiß ja im Gegensatz zu den lebensecht beschriebenen Protagonisten, dass ihre Mühen vergebens sind und ihr brutaler Tod unmittelbar bevorsteht. Der Fund des Raumschiffs hätte ohne Probleme an das Ende des vorliegenden Romans gesetzt werden. Damit hätte sich der Autor auch die fehlende Gleichbehandlung der Figuren bei der finalen Auseinandersetzung ersparen können. Einige Protagonisten werden ausführlich vorgestellt und treten aus dem Nichts heraus ab. Andere Figuren kennt der Leser kaum und sie nehmen zu viel Platz auf den finalen Seiten ein. 

Zusammengefasst ist der vorliegende bislang letzte Roman der neuen „Alien“ Reihe ein durchwachsenes Lesevergnügen, das vor allem in der zweiten Hälfte den stereotypen Mustern folgend eher enttäuscht als die sehr gute und vor allem auch originelle erste Hälfte zu einem zufriedenstellenden Abschluss zu führen. 

 

  • Taschenbuch: 352 Seiten
  • Verlag: Heyne Verlag (8. März 2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3453316177
  • ISBN-13: 978-3453316171
  • Originaltitel: Alien - River of Pain