Perry Rhodan Planetenroman 79/80 "Der stumme Roboter" und "Die Grenze des Imperiums"

Perry Rhodan Planetenroman 79/80, Titelbild, Rezension
Hans Kneifel

Der Perry Rhodan Sammelband 79/ 80 enthält nicht nur zwei Kolonistenabenteuer aus der Frühzeit des Solaren Imperiums. Die beiden von Hans Kneifel verfassten Romane erschienen als Nummer 35 und 38 auch chronologisch relativ früh in dieser Reihe. Sie zeigen die Experimentierfreude nicht nur Hans Kneifels, sondern des ganzen Perry Rhodan Teams, die abseits der Haupthandlung und vor allem der wichtigsten Protagonisten Geschichten um die vermeindlich kleinen Männer und Frauen, die stoisch ihren Dienst über das Erwartete hinaus verrichten. 

 In dem zweiten Nachwort zu "Die Grenze des Imperiums" geht Rainer Nagel vor allem auf die grundlegende Struktur der Kneifel´schen Helden und sein auf der einen Seite modernes, dann aus heutiger Sicht auch antiquiertes Bild nicht nur der "Perry Rhodan" Zukunft ein.  Beginnend mit den Adaptionen der "Raumpatrouille" und seine Fortsetzungen als eine der bekanntesten Serien über die unabhängigen Romane bis zu den Exkursen in die "Zeitabenteuer" Atlans finden sich diese Ansätze in Hans Kneifels sehr umfangreichen, inzwischen wieder leichter durch verschiedene Nachdrucke zugänglichen Werk. 

 Auch wenn die zugrundeliegenden Strukturen - in "Der stumme Robot" geht es nicht nur um eine aus Fundstücken wieder zusammengesetzte Kampfmaschine; in "Die Grenze des Imperiums" greift abschließend in Form eines archaisch erscheinenden goldenen Götzen eine seltsame Macht aus dem buchstäblichen Untergrund nach den Menschen - auf den ersten Blick verschieden sind, lässt sich an diesen beiden zusammengefassten Planetenromanen die Vorgehensweise Hans Kneifels auch gut nachvollziehen.

 Sowohl in "Der stumme Robot" als auch "Die Grenze des Imperiums" geht es nicht klassisch um die Erforschung und Kolonisation neuer Planeten. In dieser Hinsicht ist die teilweise schon neu veröffentlichte Trilogie um die "goldenen Menschen" Aussage kräftiger. Aber die Faszination der fremden Welt und die Urbanisierung vor allem in einer engen Kombination mit der Expansion des Solaren Imperiums nach außen zieht sich wie ein roter Faden durch die beiden Bücher. Aber sie dienen nicht unbedingt als Katalysator der kommenden Ereignisse, sondern sind eine Begleiterscheinung. 

 Im ersten Band dienen anscheinend viele Jahre vor Argo die Dreharbeiten zu einem von Hans Kneifel absichtlich ein wenig klischeehaft pathetisch ergreifend beschriebenen Kolonistenabenteuer fast unmerklich als Tarnung, damit ein Agent der Solaren Abwehr mit passendem Namen Gary Bogart nach den weiteren Überresten eines Roboters suchen kann, der eine Bedrohung für das Solare Imperium darstellen kann.

In „Die Grenze des Imperiums“ geht es nicht nur um die Erschießung neu entdeckter erdähnlicher Welten, sondern der berühmte Architekt und Stadtplaner Kelly Morteen hat direkt von Reginald Bull den anscheinend fortlaufenden Auftrag, auf jeder Welt eine Stadt für zwei Millionen Menschen, im Falle von Chorsabad Nova sogar mit drei Häfen in einer relativ schnell Zeit zu errichten.

In beiden Romanen beschreibt Hans Kneifel die nicht unbedingt alltägliche Arbeit sehr ausführlich.  Vor allem Kelly Morteen trifft nicht nur auf das örtliche Pionierkommando, das seinem herrischen Ton und seiner arrogant zynischen Art gegenüber feindlich eingestellt ist, er muss sich schnell auch mit einer unter  seinem Team allerdings fast isoliert grassierenden Seuche auseinandersetzen.

In „Der stumme Robot“  schreiten die minutiös geplanten Dreharbeiten anfänglich sehr gut voran.  Kneifel hat ein sichtliches Vergnügen,  das Geschehen zu beschreiben. Wie im Nachwort nachzulesen ist, entwickelt Hans Kneifel die Idee einer ferngesteuerten, auf einer Flugplattform befestigten Kamera, bei der allerdings der Film immer wieder ausgetauscht werden muss. Auch das vor aufgesetzter Romantik schmachtende Drehbuch ist noch griffig, wenn auch das Papier durch Folien ersetzt worden ist. Die Dreharbeiten zeichnet allerdings auch ein sehr hohes Tempo aus, das wird selten geprobt und selbst der als Laie in eine wichtige, aber nicht unbedingt Hauptrolle schlüpfende Agent der Galaktischen Abwehr findet sich sehr schnell zurecht.

Diese Einschleusung eines Geheimagenten ist auch ein Ansatz in „Die Grenze des Imperiums“. Hier weiß der Architekt und Planer genauso wie der Leser nicht, wer in seinem Team ein Agent sein könnte, während das Geheimnis in „Der stumme Roboter“ schon durch die Vergabe des Auftrages genauso gelöst ist wie die Tatsache, dass der Mann gerne vor den in beiden Romanen vorhandenen weiblichen Protagonisten mit seiner Viper unter der Gürtelschnalle als Symbol seiner Geheimdienstangehörigkeit förmlich prahlt.      

Die im ersten Band absichtlich gesuchte Bedrohung, im zweiten Buch durch die Bauarbeiten aktivierte Gefahr stoppt nicht nur die beiden Projekte. In „Der stumme Roboter“ könnte die Bedrohung in Anlehnung an die Auseinandersetzung der Tefroder mit der Erde sogar galaktische Folgen haben. Dieser Schwenk wirkt ein wenig zu überambitioniert und Hans Kneifel versucht mit seinem eigenen Plot die am Ende von einem Kritiker auch angegriffenen Stellen des fiktiven Drehbuchs mit einem zuerst unmöglichen Titel zu übertreffen. Das wirkt ein wenig zu überambitioniert und wenn die Protagonisten erkennen und zugeben, dass die „Wirklichkeit“ Hans Kneifels die Fiction des Drehbuchautoren mit einem leicht erkennbaren Pseudonym überholt hat, dann ist es ein Eingeständnis, das nicht unbedingt den  Logiker zufriedenstellt, aber von Herzen kommt. Wahrscheinlich konnte sich Hans Kneifel nicht verkneifen, den Autoren der Vorlage von jeglicher Schuld frei zu sprechen.  

Weniger abenteuerlich, weniger exzentrischer und bodenständiger ist dagegen die Schwierigkeit, die Stadt in einem Gebiet zu errichten, auf das sich auf diesem Planeten ganz andere Interessen richtigen. Kneifels Architekt muss mit den inneren Widerständen genauso kämpfen wie gegen  zahllose am Anfang im Hintergrund agierende Kräfte, die allerdings mit Entführungen und Arkonbomben auch einem der in den sechziger Jahre so phantastisch populären Geheimagentenabenteuer nicht aus Großbritannien, sondern den unzähligen Kopien und Imitationen vor allem aus Italien entstiegen sein könnten.

Unabhängig von einigen kleineren logischen Brüchen und einem sich kontinuierlich steigernden, aber Ende fast überschlagenden Tempo lesen sich diese Romane nicht nur wegen der vielen kleinen Spitzen und den zahlreichen Exkursen sowohl in die Welt der Literatur  - Hans Kneifel zitiert munter aus den Klassikern – und des gehobenen Lebensstil mit feinem/ teuren Essen und einem guten Wein zu den romantischen, sehr freizügigen Abenden in einer Gruppe attraktiver wie ungebundener Menschen immer noch unterhaltsam, sondern vor allem, weil Hans Kneifel die dreidimensionale Zeichnung seiner sich allerdings auch das Gesamtwerk betrachtet ein wenig stereotypen Charaktere aus dem Durchschnitt der Perry Rhodan Autoren hervorhebt.

Im Gegensatz zu anderen Teammitgliedern scheint Hans Kneifel immer für ein Publikum geschrieben zu haben, das ein wenig älter, ein wenig reifer ist.

Nicht umsonst stehen erfolgreiche, vermögende und mit einem mehr oder minder guten Geschmack ausgestattete Zyniker vor allem jungen, mädchenhaften jungen Frauen gegenüber, die vor allem Schutz in den Armen eines älteren Mannes suchen, der sie nicht nur sexuell zur Frau macht, sondern am Ende auch in den Hafen mindestens einer festen Beziehung führt. Dabei sind diese Frauen weder naiv noch dumm. Sie stehen beruflich ihren Mann, sind aber emotional nicht erfüllt und suchen die weibliche Seite mit einer gleichberechtigten, aber auch ein wenig aus der devoten Froschperspektive betrachteten Partnerschaft in Einklang zu bringen.

Die erfolgreichen alleinstehenden und keine Romanze verachtenden Männer dagegen legen am Ende des Plots ihren Zynismus gegenüber  der Welt im Allgemeinen und den meisten Mitmenschen bis auf die besiegten Antagonisten im Besonderen ab, um mit einer jungen, sehr schönen Frau einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, der mehr Lust als Leid oder auch nur Arbeit ihnen schenken wird.

Wichtig ist dabei, dass nicht nur in diesen beiden Romanen, sondern vielen anderen Arbeiten die Protagonisten und Retter der Welt oder des Universums abseits von Gucky nicht die extra ausgesandten Geheimagenten der galaktischen Abwehr oder anderer Geheimdienste sind, sondern diese auf den ersten Blick normalen wie erfolgreichen Geschäftsleute oder mit dem Filmteam auch Künstler, der aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung und einer Portion Mut die Situationen klären, die Gegner stellen und sogar bereit sind, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, obwohl sie die eigentlichen Ziele der Feinde erst stellenweise im Epilog erfahren.

In dieser positiv unterhaltsamen Hinsicht sind die beiden hier zusammengefassten,  inhaltlich auf der einen Seite insbesondere in Punkto Strukturierung vergleichbaren und doch thematisch so unterschiedlichen Arbeiten mit für Hans Kneifels Werk markanten Protagonisten eine Wiederentdeckung Wert. Sie zeigen,  dass nicht nur durch die minutiöse Recherche in den Bereichen Kultur und Genuss , sondern durch den Mut, alles ein wenig augenzwinkernd, aber trotzdem spannend zu erzählen der für seine Zeitabenteuer noch heute überdurchschnittlich geschätzte Hans Kneifel von Beginn an seinen Arbeiten im Perry Rhodan Universum immer einen persönlichen Stempel aufgedrückt  hat.

www.zaubermond.de

Taschenbuch, 351 Seiten

Kategorie: