Rettungskreuzer Ikarus 69: Der Clanhändler- Codex

Rettungskreuzer Ikarus 69, Titelbild, Rezension
Holger M. Pohl

„Der Clanhändler- Codex“ ist der Mittelteil der neuen „Rettungskreuzer Ikarus“ Trilogie.  Das muss extra noch einmal betont werden, denn lange Zeit hat der Leser das unbestimmte Gefühl, einen gänzlich neuen Einsatz der Crew um Roderick Sentenza zu lesen und die „Steinalgenpest“ hinter sich zu lassen. Die Vorgehensweise verblüfft, ist aber auch spannungstechnisch ausgesprochen effektiv.

Der Cliffhanger des vorliegenden Romans macht dann überdeutlich, dass die Ereignisse sowohl auf dem Mienenplaneten mit der seltsamen Seuche wie auch die zu ihrem Planet zurückgebrachten an einer Krankheit leidenden Familienangehörigen der Clanhändler zusammengehören und anscheinend eine einzige Partei hinter diesen neuen wie mysteriösen Krankheitsfällen steht. Der Epilog  von „Steinalgenpest“ hat es angedeutet, beim Epilog  von „Der Clanhändler-  Codex“ geht es dagegen  einen kleinen Schritt auf die  Lösung des Rätsels zu.

„Der Clanhändler- Codex“  ist wie sein Vorgängerband ein sehr leicht zu lesendes Abenteuer.  Holger M.  Pohl fühlt sich  im „Rettungskreuzer Ikarus“ Universum wohl und schafft es,  auf eine nachvollziehbare Art und Weise auch Spannung zu erzeugen.

Im direkten Vergleich allerdings zu „Steinalgenpest“  sind die Inspirationen klarer zu erkennen und ab der Mitte des Romans hat der Leser das unbestimmte Gefühl, als verfolge er weniger einen Einsatz des Rettungskreuzer Ikarus, sondern ein Abenteuer aus dem „Star Trek“ Universum. Dabei spielt es keine Rolle, um welche der vier Serien mit einem das All erkundenden Raumschiff es sich handelt.  Die Idee einer lange geplanten wie perfiden Falle erinnert genauso wie die Exposition an die klassische Serie. Der Rettungskreuzer Ikarus soll Mitglieder der Clanhändler zu ihrem Planeten zurückbringen, sie sind erkrankt. Sentenza weiß nicht, dass es sich um Mitglieder dieser feudalen Gesellschaft handelt.

Die Händler leben nach einem Codex, der weniger seltsam als ohne Frage antiquiert erscheint. Strenge Regeln inklusiv entsprechender Bestrafungen, ein störrisches, aber auch modern denkende Clan-  und damit auch Planetenoberhaupt und die Kinder, Küche und Kirche offiziell abarbeitenden Ehefrauen mit ihrem eigenen Willen  hinter den verschlossenen Türen. Das liest sich alles interessant, aber wirklich originell erscheint es nicht. Zu oft sind die Besatzungen der „Enterprise“ solchen Kulturen mit ihrer Mischung aus kultureller Primitivität und technischer Augenhöhe begegnet.

Die Konflikte zwischen dem Clanoberhaupt und Sentenza vor allem an Bord der „Ikarus“ bereitet den Boden für den zweiten Teil des Romans, in dem es um einen Mord geht. Spannungstechnisch wirkt dieser eher schematisch aufgebaut, da das in-Gefahr-bringen von relevanten Hauptpersonen insbesondere im Rahmen von fortlaufenden Serien immer Probleme bringt. Der Leser glaubt keine Sekunde, dass die Schwierigkeiten dieser wichtigen Protagonisten länger als in diesem Fall eine Miniserie anhalten. Ein weiteres Problem ist, dass es unwahrscheinlich erscheint, das plötzlich alle relevanten Informationen nur noch  bedingt zugänglich sind.

Hinzu kommt, dass die Falle im Grunde „perfekt“ aufgestellt worden ist, es aber keine nachhaltigen Erklärungen bislang für den eigentlichen Tatablauf gibt. Das Androiden in der fernen Zukunft keine automatischen Aufzeichnungsfunktionen haben angesichts der  Komplexität der Probleme, ist noch akzeptabel,    aber wie leicht die beiden in diese Fall tappen,  erscheint angesichts der problematischen Entwicklung zu den arroganten wie selbstverliebten Clanhändlern, einigen noch nicht zu zuordnenden spärlichen Informationen und des Mund-tot-Machen des eigenen  Arztes, beschäftigt mit den Patienten.

Auch die anderen Schritte, dieses perfekte Komplott um den Rettungskreuzer Ikarus im wahrsten Sinne des Wortes zu durchbrechen, wirken ein wenig mechanisch, sind aber gut vorbereitet. Vor allem die Integration von Asimov´s Robotergesetze auf einem in diesem Fall sehr theoretischen Level überzeugt.

Viele Fragen bleiben nicht nur am Ende des vorliegenden Romans offen, der Autor erweitert positiv das Rätsel um einen bestimmten Mann/ eine bestimmte Organisation, so dass sehr viel Spannung erhalten bleibt. Hinsichtlich des anstehenden Prozess biegt Holger M. Pohl vor allem angesichts der juristischen Arbeit mit genauen Gutachten ein wenig zu früh ab und nimmt zumindest für den vorliegenden Roman dem Plot die Dynamik. Es bleibt abzuwarten, ob die „Geister“  ihrer „Taten“ die Angeklagten noch einholen. 

„Der Clanhändler- Codex“ ist ein solider Mittelband mit der exzentrischen, aber nicht gänzlich unbekannten Kultur der Clanhändler im Mittelpunkt sowie einer langen Exposition, bevor die beiden Herausforderungen aus „Steinalgenpest“ und diesem Abenteuer zusammenfließen.  Vielleicht hätte Holger M.  Pohl angesichts des vorhandenen Slapstick Potentials noch ein wenig stilistisch aus sich herauskommen sollen, um diese teilweise auch lustige Handlung noch lebendiger erscheinen zu lassen.  

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 3717.0 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 133 Seiten
  • Gleichzeitige Verwendung von Geräten: Keine Einschränkung
  • Verlag: Atlantis Verlag Guido Latz (15. Oktober 2017)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B07694ZKH3