Science Fiction Chroniken 2

Hans Jürgen Müggenburg

Im zweiten Band der Science Fiction Chroniken erscheinen wieder drei Zauberkreis Romane Müggenburg, die in den Jahren 1974 und 1975 veröffentlicht worden sind.  Beim dritten Band „Begegnung auf S 2079“ konnte das Originalmanuskript genutzt und die Kürzungen des Lektorats rückgängig gemacht werden. 

„Jon Penders großer Irrtum“ erschien 1974 als Zauberkreis Science Fiction 154. Es handelt sich um einen kuriosen Roman, in dessen Handlungsverlauf H.J. Müggenburg eine wahre Achterbahnfahrt hinlegt.

Anfänglich ein eher geradliniges Science Fiction Abenteuer endet es im Grunde zweimal auf einer nihilistischen Note. Die größte Schwäche des Buches ist die Struktur. Zu Beginn nimmt sich der Autor ausreichend Zeit und inhaltlichen Raum, um das Szenario zu entwickeln und vor allem auch den Protagonisten Jon Pender, geboren 1952 auf der Erde und der einzige GTC Agent der Föderation, der auf einem primitiven, noch nicht zur Aufnahme geeigneten Planeten geboren und in den Dienst zwischen den Sternen genommen worden ist. Jon Pender macht immer ein halbes Jahr Urlaub auf der Erde und in seiner Heimat Wales, die andere Hälfte des Jahrs ist er als Agent zwischen nicht nur den Sternen, sondern teilweise grotesken Wesen unterwegs.

Zu Beginn der Geschichte wird wie bei den beliebten „Mission Impossible“ Folgen die Ausgangssituation beschrieben. Der hochintelligente Nobelpreisträger Herlock hat zusammen mit zwei Kollegen nicht nur eine Firma gegründet, sie haben auch eine primitive Form des Transmitters entwickelt. Damit drohen die noch nicht reifen Menschen zu den Sternen aufzubrechen. Ein Vorhaben, das Jon Pender mit einem intelligenten wie explosiven Computerkoffer verhindern soll. Er wird zur Erde geschickt und schleust sich bei Herlock ein.

Damit endet im Grunde die stringente Hälfte des Buches. Der Tonfall ist leicht und der Plot auf Augenhöhe von einem hohen Tempo gezeichnet. Das Objekt eines frechen Flirts wird während eines Schusswechsels getötet. Die Brutalität überrascht ein wenig. Später wird auch Jon Pender gefangen genommen und von Unbekannten sehr brutal gefoltert.  Müggenburg geht nicht in die Details, aber die Szenen wirken angesichts des bisherigen Szenarios befremdlich.

Am Ende steht Jon Penders „Tod“. Danach beginnt Müggenberg eine Art „Ein Mann sieht intelligent rot“ Geschichte, an deren Ende im wahrsten Sinne des Wortes ein Paukenschlag steht.  Müggenburg wechselt in der zweiten Hälfte des Romans immer wieder die Perspektive. Fatalistisch hält sich der Autor nicht zum ersten Mal eine Art Hintertür offen, aber der Autor wird auch an keiner Stelle dem selbstgewählten Titel gerecht. Jon Penders großer Fehler und nicht alleine Irrtum basiert – wenn überhaupt- auf einer Kombination entsprechender Naivität und fehlenden Informationen. Alle Spuren deuten in seine Richtung. Die finale wie fatalistische Erklärung inklusiv des explosiven Endes kommen aus dem Nichts und verfehlen durch die Hektik, durch die Zusammenballung vieler kleinerer,  nicht unbedingt gut vorbereiteter Informationen  ihre entsprechende Wirkung.

Als Miniserie wäre „Jon Penders  großer Irrtum“ wahrscheinlich spannender und interessanter gewesen. Nach einem sehr guten und von Müggenburg souverän und doch humorvoll erzählten Auftakt baut der Autor zu viele konträre Ideen in die Handlung ein und findet keinen nachhaltigen Zugang mehr zu seinem Plot.  

Als Zauberkreis 156 erschien „Gehirndiebstahl“ im Jahre 1975.  Bei dieser Agentengeschichte greift Hans Jürgen Müggenberg auf eine Facette zurück, die er auch on „Jon Penders großer Irrtum“ genutzt hat. Ein eidetisches Gedächtnis. Dr. Mushgrave ist dank seines volleidetischen Gedächtnisses als Computerexperte unersetzlich. Er leitet unter einer gigantischen Druckkuppel auf dem Neptunmond Triton die größte Datenverarbeitungsanlage für einen der wichtigsten Konzerne des Sonnensystems. Neuntausend vollrobotische Bergwerke sind im Sonnensystem jenseits der Marsbahn im Einsatz. Er verlässt seinen Arbeitsmond nur, um sich regelmäßig einer kompletten medizinischen Betreuung zu unterziehen. Auf der Erde. Seine Chefs hoffen, ihn auf dieser Art und Weise so lange fit zu halten, bis ein Nachfolger mit vergleichbaren Gedächtnisleistungen gefunden werden kann.

Zwei Agenten sollen ihn begleiten, da befürchtet wird, dass man ihn entführen könnte. Unabhängig von der wackeligen Prämisse – hoffen auf eine Backuplösung in menschlicher Hinsicht und angesichts der Datenkomplexität von einem Menschen nicht alleine darstellbar – entwickelt sich ein geradliniger Thriller. Während Jon Pender im Verlaufe seines tragisch zu nennenden Einsatz immer menschlicher und zugänglich wird, dreht Müggenburg anfänglich in „Gehirndiebstahl“ die Prämisse um. Eine attraktive und sexuell prokative Agentin soll am Einsatz teilnehmen. Erst später stellt der Autor ihr einen männlichen Begleiter zur Seite, der immer wieder das Geschehen übernimmt. Wahrscheinlich wäre es subversiver und angesichts satirischer Seitenhiebe auf das Agentengenre effektiver gewesen, eine Frau die dominante Rolle spielen zu lassen.

Der Plot entwickelt sich dann ohne große Überraschungen in bekannten Bahnen. Mushgrave wird entführt und man versucht, seine Geheimnisse zu erpressen. Die Agenten müssen sich gegen Misstrauen in den eigenen Reihen genauso durchsetzen wie gegen eine Organisation, die nicht unbedingt übermächtig, aber einflussreich ist. Ein packendes, vor allem von Action dominiertes Ende schließt den kurzweilig zu lesenden, vor allem aber als Ganzes sehr überzeugend strukturierten Roman ab.

„Begegnung auf S 2079“ könnte auf der einen Seite als moderne Robinsonade durchgehen, auf der anderen Seite sogar als Romanze. Monoman Percy Holloway ist Raumschiffer mit einem Kapitänspatent. Wie sich herausstellt, hat er nicht unbedingt Ruhm und Ehre, sondern eher einen zweifelhaften Ruf von seinem Vater geerbt. Beide gelten als Bruchpiloten. Und so stürzt sein Raumschiff über dem bewohnbaren, aber eher unbekannten Planeten S 2079 ausgerechnet auf dem Jungfernflug für eine neue Reederei ab. Holloway konnte aber vor dem Absturz aber noch einen Notruf absetzen, so dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ihn jemand abholt.

Auf dem Planeten wird er von einem affenähnlichen intelligenten Wesen adoptiert und verliebt sich. Müggenburg konzentriert sich vor allem auf Atmosphäre. Ein echter Spannungsbogen wird nicht aufgebaut. Die einzelnen gut beschriebenen Begegnungen verlaufen quasi in geordneter Reihenfolge. Ein längerer Rückblick bildet gleichzeitig die Bruchlinie zum zweiten Teil des Buches. Erstaunlich ist vielleicht, dass Holloway nur von der Welt gerettet, aber niemand sich die unmittelbare Nähe der Absturzstelle angesehen hat.  Zu den gefundenen Geheimnissen schweigt Holloway.

In der zweiten Hälfte des Buches muss Holloway quasi den Weg zurückfinden, da er noch ein Versprechen einzulösen hat. Das geht dank einer bescheidenen monetären Ausstattung, aber vor allem auch dem Rat seines ständigen Begleiters und Hilfe aus der richtigen Ecke relativ schlank.  Das Finale ist stringent. die Auflösung allerdings auch absehbar. Der Autor ist sich nicht zu schade, dunkle Enden für seine Romane zu entwickeln. Exemplarisch ist „Jon Penders großer Irrtum“, in dem im Grunde wegen eines Missverständnisses das Inferno losbricht. Auf der anderen Seite weiß er, dass eine romantische Robinsonade selbst für einen ausgeprägten Bruchpiloten wie Holloway positiv enden muss.

Das Tempo der Geschichte ist ausgesprochen hoch, auch wenn einzelne Ereignisse gegen Ende der Geschichte deutlich geraffter erzählt werden müssen. Die drei Romane zeichnet allerdings das besondere Flair der siebziger Jahre mit dem Hang zur inhaltlichen Improvisation genauso aus wie die auf den ersten Blick ein wenig überdimensionalen Helden und ihre Taten. Wer sich aber mit Müggenburgs Werk intensiver auseinandersetzen möchte, sollte zuerst auf die „Hexer Stanley“ Bücher zurückgreifen. Diese erscheinen im gleichen Verlag ebenfalls in einer Werksausgabe. Da stimmt die Balance zwischen Actionhandlung, teilweise überzogenen Gruselelementen, exzentrischen Protagonisten und mehr als einem Schuss siebziger Jahre Humor noch besser. 

  • Taschenbuch: 360 Seiten
  • Verlag:  Emmerich Books & More
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 1791524931
  • ISBN-13: 978-1791524937