Mit „Der Eisenfürst“ legt Michael Mühlehner nach “Sternen-Gambit” (Perry Rhodan Fan Edition 21) seinen zweiten Perry Rhodan Roman vor. Schon 1996 erschien eine Perry Rhodan Story aus seiner Feder in der Anthologie “Begegnung an der großen Leere”.
Der 1965 geborene und mit Frau sowie zwei Kindern in Straubing lebende Autor hat unter anderem einen Doppelband zur langlaufenden Fanserie „Rettungskreuzer Ikarus“ beigesteuert. Die beiden Romane „Archiv der Sterne“ und „Heiße Fracht nach Seiros“ präsentierten eine fast klassisch zu nennende Actiongeschichte um eine Legende und die abschließende Befreiung eines wichtigen Crewmitglieds. Zur im Blitz Verlag erscheinenden Mysteryserie „Schattenchronik“ hat der Autor bislang mit „Gamma- Phantome“ , „Doktor Luzifere“ sowie „Im Bann des Bösen“ drei Romane beigesteuert. Ohne Serienbezug hat Michael Mühlehner im Eigenverlag „Der Tempel“ publiziert. Im März 2023 folgten mit „Höllenzwang“ ein „Professor Zamorra“ Roman sowie mit „Der Kult“ auch sein Debüt im Rahmen der neuen Roman der „Gespenster-Krimi“ Reihe.
Michael Mühlehner ist also auf vielen Hochzeiten zu Hause und bei Perry Rhodan auch durch eine in der SOL 104 publizierte Kurzgeschichte ein Wiederholungstäter.
„Der Eisenfürst“ ist eine klassische, teilweise allerdings auch vertraute Sujets nutzende Space Opera Geschichte mit einem zufriedenstellenden Ende, das auf den ersten Blick zumindest aus der Sicht einiger Protagonisten nach einer Fortsetzung ruft.
Die Geschichte spielt im Jahre 453 NGZ. Perry Rhodan und Atlan sind nicht zum ersten oder letzten Mal innerhalb der Serie an Bord eines Raumschiffs verschwunden. In der Milchstraße herrschen aufgrund des Dichtmachens des Kosmonukleotids DORIFER und der Versetzung des letzten Viertels der Galaxis Hangay in das Standuniversum chaotische Zustände.
Der Perry Rhodan Hintergrund ist nur bedingt wichtig, das die Randwelten der Milchstraße immer eine Art Eigenleben mit einer eher fragilen Kontrolle geführt haben. Die Einschränkungen beim Reisen haben den Zustand nur verschärft. Die Regierungen sind korrupt, die laxe Hand der LFT geduldet und vor allem Piraten machen sich in dem Sektor breit. Der Eisenfürst ist vor einiger Zeit aus dem Nichts gekommen und hat ein bis dahin in dem Sektor operierendes Piratenschiff inklusive Besatzung übernommen. Während für die meisten Menschen der Randwelten und auch den Kriegsminister der LFT Galbraith Deighton die bisherige Geschichte des Eisenfürsten nicht bekannt ist, führt Michael Mühlehner den anfänglich tragischen Protagonisten mit seinem sadistischen Ara Arzt als Retter und Folterknecht zu gleich in einigen Rückblenden ein. Zeitlich sind diese nicht gänzlich einzuordnen, da das Verschwinden des Ara Arztes bei den persönlichen Nachforschungen Deightons gar nicht so weit zurückliegt, während auf der anderen Seite angesichts des komplexen Inhalts der Rückblenden und der verschiedenen schwierigen Operation inklusive des folgenden Rufaufbaus sehr viel mehr Zeit vergangen sein muss.
Der Eisenfürst ist eine aus der Not heraus geborene Mischung aus Mensch und Maschine. Technisch gesehen ein Cyborg, erinnert die Gestalt eher an die Schöpfungen aus dem Steampunk Universum. Der Leser kann förmlich die Zahnräder im gigantischen Körper des rücksichtslosen Piraten hören.
Die Grenze des Terrors überschreitet der Eisenfürst, als er den Medoplaneten Tahun überfällt und wichtige, aber sehr spezifische Instrumente und Medikamente stiehlt. Der von Selbstzweifeln angesichts der Lage in der Galaxis geplagte Galbraith Deighton will persönlich ein Exempel statuieren und fliegt mit seiner Freundin, der exotischen Tänzerin Salome in den Sektor, um dort für Ordnung zu sorgen.
Michael Mühlehner braucht nicht viele Seiten, um das Ausgangsszenario zu etablieren. Den breitesten Raum nehmen noch die Selbstzweifel Deighton weniger der überfälligen Mission zu den Randwelten, sondern eher angesichts der Lage in der Galaxis ein. Der Autor bemüht sich, den innerhalb der Perry Rhodan eher sporadisch eingesetzten Charakter emotionaler und vor allem auch differenzierter zu charakterisieren. Das gelingt dem Autoren auf dem ersten Seiten sehr gut, bevor wichtige Aspekte nicht nur seiner Persönlichkeit, sondern der zwischenmenschlichen Beziehungen der notwendigen, aber leider auch stellenweise erstaunlich stereotypen Action zum Opfer fallen.
So verzichtet Michael Mühlehner auf eine interessante Doppelung. Der Eisenfürst ist unabhängig von seiner gnadenlosen Vorgehensweise im Sektor davon besessen, irgendwie und irgendwo in seinem Eisenkörper menschlich zu bleiben. Nicht nur hinsichtlich seines Ruhms, sondern seines Körpers sucht er die Unsterblichkeit. Dafür wäre Deightons Zellaktivator das perfekte Instrument. Allerdings stellt sich die Frage, was in dem Eisenfürst tatsächlich noch menschlich ist und ob ein Zellaktivator ausreicht, um diesen Wunsch zu erfüllen. Unabhängig davon, dass sich ja nicht jeder Zellaktivator übertragen lässt. Deighton muss sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass er als relativer Unsterblicher sich unsterblich in die Sternennomadin und Tänzerin Salome verliebt hat. Zusätzlich leidet Salome an einer schweren Krankheit, ihre Zeit in diesem Universum ist noch begrenzter. Deighton sucht aber aktiv keine Lösung. Zumindest nicht in dieser Geschichte. Aus diesem emotionalen Komplex mit den „Frankenstein"-Tendenzen beim Eisenfürst macht Michael Mühlehner zu wenig. Die entsprechenden Themen werden gestreift, aber weder die Dialoge zwischen dem Ara Frankenstein und seiner obsessiven Forschung sowie dem Geschöpft – der Eisenfürst könnte als das klassische Monster durchgehen – noch auf der anderen Seite zwischen Deighton und Salome entwickeln sich über das Rudimentäre hinaus. Im Vergleich zu einigen anderen Perry Rhodan Fanromanen weist der Band mit knapp über siebzig Seiten sogar weniger Umfang auf, so dass inhaltlich ausreichend Raum gewesen wäre, über die Actionhandlung hinaus das Zwischenmenschliche stärker in den nicht weniger konfliktreichen Vordergrund zu stellen.
Der Klappentext impliziert, dass Deighton mit der LFT nicht der einzige ist, der den ungewöhnlichen Piraten in seinem Visier hat. Diese Zusammenfassung ist bedingt richtig, denn auch Deighton ist im Visier anderer Mächte, deren Hunger nach Kontrolle, nach Macht im Hintergrund deutlich brodelt. So hat dieser Mann einen Langzeitplan in Kraft gesetzt, um Deighton zu kontrollieren und später zu ersetzen. Auch diese Idee wird formal nicht bis zum Ende durchgespielt. Es ist eher erstaunlich, dass Deighton sich zwar über die Einschränkung seiner eher latenten Mutantenfähigkeiten wundert, sie aber tatsächlich mit keinem Ereignis, keinem Geschenk oder keiner Geste in einen engeren Zusammenhang bringt. Auch in dieser Hinsicht bleibt Michael Mühlehner sehr vage. Technik wird aus dem Nichts heraus eingesetzt, aber Wechselwirkungen nicht erläutert. Während des Finals ist Galbraith Deighton „mutantentechnisch“ wieder ein ganzer Mann und kann zumindest zum finalen Sieg in einer überzeugenden Zusammenarbeit mit Salome beitragen. Das wirkt allerdings sehr stark konstruiert und literarisch ein wenig hölzern.
In der Theorie kämpft Deighton an zwei Fronten. Der offensichtliche Feind ist der martialische Eisenfürst, der irgendwo zwischen dem schon angesprochenen Steampunk und einer Post Doomsday Welt in der „Mad Max“ Traditionen mit Kampfarenen hin und her eilt. Natürlich ist der Stützpunkt der Piraten hinter einer Schleierwolke verborgen und der Anflug schwierig. Aber wenn man sich als Pirat nicht gleich um die ganze Familie kümmert, bleibt eine Flanke offen, von der Deighton lange Zeit zu profitieren scheint, bis er den Bogen überspannt und zum Gefangenen wird. Auch hier folgt der Autor einer bekannten Abfolge von eher klischeehaften Sujets inklusive des wenig überraschenden Kampfes in der Arena. Dazu hat Michael Mühlehner dieses Szenario übertrieben ausführlich vorbereitet.
Der zweite Feind ist zwar nicht im eigenen Bett, aber steht stoisch an der Seite Deightons. Das Messer im Rücken ist auch keine neue Idee und ein vom Ehrgeiz zerfressener junger Mann ist nur bedingt für Dramatik gut, wenn er gegen einen etablierten und im Serienkosmos verankerten Unsterblichen opponieren muss. Einige der Winkelzüge inklusiv des verkleideten Raumfahrers wirken spannend und originell inszeniert. Die Auflösung ist dann allerdings hektisch und findet zu sehr im off statt.
Mit dem angesprochenen Verwandten des ursprünglichen Sektorpiraten führt Michael Mühlehner dann eine ambivalent beschriebene Figur ein. Natürlich dient dieser Charakter nicht nur als notwendiger Schlüssel, um zum Eisenpiraten zu gelangen und seinem Unwesen ein Ende zu setzen. Auch innerbetrieblich soll er für Misstrauen und Verwirrung sorgen. Ob Rache alleine ein ausreichendes Motiv ist, um mit dem eigentlichen „Feind“ gegen einen noch schrecklicheren Gegner zusammenzuarbeiten, ist eine thematisch klassische Frage, die Michael Mühlehner angesichts des fehlenden Umfangs eher anreißen kann.
„Der Eisenfürst“ ist schwer einzuordnen. Michael Mühlehner gehört zu den Autoren in der „Twillight Zone“ zwischen sehr guten Amateur und inzwischen auch Profi, die schreiben können. Actionszenen entwickelt der Autor ausgesprochen gut. Dazu kommen lesenswerte, wenn auch nicht immer ausreichend pointierte und manchmal ins Nichts führende Dialoge. Die Zeichnung der Nebenfiguren schwankt im vorliegenden Roman zwischen eindimensional pragmatisch und wirklich futuristisch realistisch mit den entsprechenden Ecken und Kanten. Bei Deighton gelingt es ihm am Rande des Schwermut, die Verantwortung zu benennen, die immer wieder im Rahmen der Perry Rhodan Serie auf den Schultern der zweiten Garde abgeladen wird. Normalerweise und gerne wiederkehrend ist Homer G. Adams das präferierte Opfer, aber auch Deighton als Kriegsminister leidet schwer. Diese subtile Zeichnung gleicht einige der Schwächen des Romans gut aus.
Handlungstechnisch ist der „Eisenfürst“ irgendwie vertraut solide. Das Tempo ist hoch, der Hintergrund innerhalb des Serienkosmos gut herausgearbeitet und die Actionszenen leider nicht selten am Rande des Klischees überzeugend. Aber ist der Plot wirklich originell? Nein, zu vieles erscheint aus anderen Golden Age Pulp Romanen, der Perry Rhodan Serie per se und dem Steampunk Universum vertraut, als das dieser Fanroman grundsätzlich überzeugen kann. Viele wichtige Szenen werden eher pragmatisch aufgelöst, die „Deus Ex Machina“ Rettung schaut mehrmals um die Ecke, als das der Leser das Gefühl hat, Michael Mühlehner hat sich besondere Mühe gegeben. Besonders im Vergleich zu seinem anfänglich überzeugenden „Rettungskreuzer Ikarus“ Doppelband oder dem „Sternen- Gambit“ ist „Der Eisenfürst“ ein Schritt zurück und unterhält wie ein Essen bei McDonalds – nur einen kleinen Moment und irgendwie schmeckt alles gleich.
Paperback
72 Seiten
DIN A5
EUR 7,10 Normalpreis
EUR 4,20 für PRFZ-Mitglieder
Wie immer im Space Shop erhältlich