Cotton Reloaded 21- Tödlicher Sumpf

Timothy Stahl

Der durch seine phantastischen Beiträge bekannte Timothy Stahl feiert in „Tödlicher Sumpf“ sein gelungenes „Cotton Reloaded“ Debüt. Eine stringente Handlung, die durch die Unterbrechung der chronologischen Erzählstruktur den Leser noch mehr fesseln soll, mit exzentrischen, teilweise dem Horror Bereich entlehnten Charakteren, eine isolierte Umgebung und eine zufrieden stellende, wenn auch ein wenig zu abrupte Auflösung zeichnen diesen Roman aus. In den Vorschauen sollte der Beitrag noch effektiver „Crash“ heißen.

 Der Roman beginnt mit einem Mann, der die Vergewaltigung seiner Frau im Chaos des Wirbelsturms Katherine rächt. Aus ihm wird schließlich ein Killer mit einer Mission, der anfänglich aus Gerechtigkeitssinn, später gegen Bezahlung Mordaufträge annimmt. Der religiöse Bezug zu einer extremen kirchlichen Abspaltung wird vielleicht nicht nachhaltig genug herausgearbeitet, aber die Ausgangssituation ist klar umrissen. Sprung in die Gegenwart. Philippa Decker hinterlegt in der St. Patricks Cathedral einen Umschlag für einen Serienkiller, der ihren „Mann“ Jeremiah Cotton umbringen soll. Bei diesem Einsatz gelingt die Festnahme des Täters. Da Mr. High überall Anhänger seiner Organisation vermutet, soll er mittels „Con Air“ nach Texas überführt werden. Decker und Cotton sollen den Flug begleiten, der von den Anhängern des Mörders allerdings umgelenkt wird. Beim Landen stürzt die Maschine ins Sumpfgebiet und tötet einige der an Bord befindlichen Marshalls. Decker wird aus der Maschine geschleudert und landet schließlich in den Fängen einer seltsamen Familie, die sie gerne als „Ehefrau“ aufnehmen möchte, während Cotton mit dem überlebenden Gefangenen verzweifelt gegen alle inneren Widerstände die Zivilisation vor ihren Verfolgern zu erreichen sucht.

Das Ausgangsszenario ist flott erzählt und mit den unwirtlichen Sümpfen verfügt Timothy Stahl über einen bizarren, gefährlichen Hintergrund, in dem die Isolation der einzelnen Überlebenden nicht zuletzt dank der Funklöcher auch überzeugend erläutert werden kann. Neben den obligatorischen Bedrohungen wie Alligatoren, unwirtliches Gelände und schließlich die entschlossenen wie gut bewaffneten Verfolger gibt es aber auch die inneren Spannungen. So setzt sich Cotton mehrfach für den Mörder ein und riskiert sein Leben. Einmal während des Absturzes, dann als die Maschine im Sumpf zu versinken droht und schließlich als einer der überlebenden Luftmarshalls ihn einfach ertrinken lassen will, damit das Thema abgeschlossen ist. Cottons Überambition macht ihn in diesem Fall zu einem zu guten Charakter, der bereit ist, das Leben Unschuldiger zu opfern, um einen Schuldigen zumindest so lange zu retten, bis er vor Gericht steht. Das sich wiederholende Element wirkt gegen Ende des Romans ermüdend und überzogen, soll aber den Charakter deutlich aus der Masse der abgestumpften Beamten herausragen lassen. Ebenfalls ist die Rettung in letzter Sekunde Deckers aus einer schwierigen Situation zu einem laufenden Klischee der Serie geworden. Zumal Stahl einige Ansätze präsentiert, mit denen sich Decker zynisch selbst hätte retten können. Es ist schade, dass die anfängliche Überlegenheit Deckers, welche die Grenze zur Arroganz an einigen Stellen überschritten hat, im Verlaufe der letzten, qualitativ aber deutlich besseren Romane kontinuierlich und zu Lasten dieser interessanten Figur wieder zurückgefahren und Cotton zu sehr in den Vordergrund gestoßen wird. Um die geradlinige Actionhandlung herum hat Timothy Stahl aber einige bizarre Nebencharaktere platziert. Neben dem US Marschall mit einem überspannten Pragmatismus wäre die zierliche Co- Pilotin zu nennen, deren Handlungen allerdings für aufmerksame Leser keine wirklichen Überraschungen bilden. Ihr Motiv ist ebenso klar zu erkennen, unterstreicht allerdings auch die Rücksichtslosigkeit der Killeranhänger. Bei den Schurken erinnert der debile „Familienvater“ an Hoppers „Texas Chainsaw Massacre“. Mit fast sadistischem Vergnügen überschreitet Stahl die Grenze zum Horror und präsentiert einige der bislang unangenehmsten Szenen der ganzen E- Book Reihe. Kein Wunder, dass Decker angesichts der Aussichten auf einen derartigen Ehemann geschockt ist. Mit dem im Hintergrund operierenden „Priester“ sowie einem Kontaktmann schlägt Stahl den Bogen zurück nach New York, ohne dass er diese Figuren wirklich ausbaut. Cotton oder Decker erkennen sie wieder, können dieses Wissen aber zu wenig umsetzen. Mit dem Killer mit einer anfänglich rächenden Mission verfügt der Roman über einen charismatischen Gegenspieler, dessen Motive anfänglich nach zu vollziehen sind. Der Hang zur Selbstjustiz, zu den Ritualen des Wilden Westens ohne bestochene Anwälte oder eine unentschlossene Justiz wird weniger propagiert als zumindest impliziert, so dass Timothy Stahl diese brüchige Grenze niemals wirklich überschreitet und darauf verzichtet, aus dem Killer eine Art Märtyrer zu machen.

Zusammengefasst ist wie schon angesprochen „Tödlicher Sumpf“ ein ausgesprochen lesenswerter „Cotton Reloaded“, bei dem vor allem die Mission von Beginn an Sinn macht. Das sind die Aufträge, für die das G- Team benötigt wird und wo sie auch in allen Fällen berechtigt zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Mit ausgezeichneten, in Erinnerung bleibenden Nebenfiguren und vor allem auch teilweise doppeldeutig pointiert geschriebenen Dialogen liefert Timothy Stahl einen der besten „Cotton Reloaded“ ab.     

Bastei Entertainment
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Ersterscheinung: 12.06.2014
ISBN: 978-3-8387-5135-1

100 Seiten

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