Perry Rhodan Neo 114 "Die Geister der Crest"

Kai Hirdt

Auch Kai Hirdt präsentiert mit seinem Roman „Die Geister der Crest“ einen zumindest oberflächlich unterhaltsamen Lückenfüllerroman. Angesichts der Kürze der „Neo“ Zyklen stellt sich nicht zum ersten Mal die Frage, warum die Exposeautoren es nicht schaffen, eine dynamische Handlung zu entwickeln. Immer wieder wird das meistens auch den Titel der Staffel bestimmende „Problem“ wie „Die Maahks“ oder „Die Posbis“ eingeführt. Dann zerfällt der Handlungsbogen in mehrere Ebene, von denen sich mindestens zwei eher dahin schleppen, während die Hauptebene in erster Linie aus Expeditionen und „Deus Ex Machina“ Lösungen bestehen.

Natürlich versuchen die Autoren im Perry Rhodan Universum auch eigene Wege zu gehen. Die Ablehnung der Unsterblichkeit unter Frank Borsch durch Perry Rhodan und die anschließende Relativierung ist ein derartiger Aspekt. Vor allem Rüdiger Schäfer und Michael Buchholz wollen mit dem alten Arkoniden und Ratgeber Crest anders umgehen als es die Erstauflage gemacht hat. Der Griff nach der Unsterblichkeit ist ohne Frage eine große Überraschung gewesen. Die Idee, ihn in eine Art kybernetischen Zombie leider doch der „Borg“ Methode folgend umzuwandeln, funktioniert weniger gut. Vieles wirkt zu bekannt und leider auch zu schematisch. Während Crest zumindest in der alten Serie teilweise ein interessanter und vor allem dreidimensionaler Charakter gewesen ist, agiert er in „Neo“ als verschlagener kryptischer Mahner auf der Suche nach einer zweiten oder dritten Chance, unsterblich zu sein. Den Vorwärtsdrang der Menschheit hat er gar nicht beeinflusst und wenn er wie im vorliegenden Band mit Thomas Rhodan interagiert, dann trägt es eher verzweifelte Züge, dieser Figur zumindest eine Aufgabe zuzuweisen.

 Klein Thomas erhält wie es Kai Hirdt ausdrückt im Normalzustand an Bord der CREST in verschiedenen Fächern Unterricht. Natürlich ist er seinen Altersgenossen wissenstechnisch voraus, neigt aber wie es sich für sein Alter gehört zu entsprechenden Jungenstreichen. Warum wenn auch in Holoform eine zweite Katze – die Holo Katze Bastet – eingeführt wird, bleibt offen. Natürlich offenbart sie sich dem empfänglichen Jungen. Kai Hirdt versucht eher bemüht, die verschiedenen Klischees im Aufbau mit einem flotten Stil zu umschiffen, sie wirken aber bemüht. Passend ist, dass sich Defekte an Bord der CREST häufen und diese auch nicht zu erklären sind. Der Leser fühlt sich nicht nur durch die Implantate, welcher der Arkonide erhalten hat, im STAR TREK Land angekommen. Wie viele Folgen der Serie haben mit unerklärlichen Phänomenen an Bord des Raumschiffs angefangen ?  Dabei sind die Phänomene so gefährlich, dass ein normaler Bordbetrieb im Grunde nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Wie gut, dass sich zwei Crews von anderen Schiffen auf der CREST aufhalten, so kann die Stammcrew nicht von ihrer Arbeit abgehalten werden. Thomas unterstützt die „Suche“, in dem er sich selbst als Geheimagent sieht. Zusammen mit der Holokatze finden sie tatsächlich dort die Manipulationen, wo die Spezialisten nichts entdeckt haben. Natürlich verhindern Thomas, die Katze und schließlich auch der von seinen Operationen erwachende Crest den Plan der „Meuterer“, die von der Posbi Entität  Enmergasch angeleitet worden sind. Es ist deren Idee, das wahre Leben zu vervollständigen und ebenfalls Implantate zu verteilen. Spätestens in diesem Moment lassen die Borgs grüßen. Der Handlungsbogen wird relativ schmerzlos und effektiv aufgelöst, ohne das Kai Hirdt wirklich Spannung aufbauen kann. Auch die abschließenden Erklärungen mit dem Hinweis auf ein sich als Katze manifestierendes Spezialprogramm, das natürlich keine weitergehenden Erklärungen abgibt, wirkt bemüht. Natürlich ist es immer der einfachste Weg, die helfend eingreifenden Kräfte nicht weiter zu erläutern, aber in dem vorliegenden Roman baut Kai Hirdt eine geheimnisvolle Schicht über die Nächste und vergisst, dass diese einzelnen Punkte auch aus Glaubwürdigkeitsgründen abgearbeitet werden müssen.

Der Cliffhanger mit den zwölf materialisierenden Fragmentraumern und einem Konflikt zwischen zwei das „wahre Leben“ anders interpretierenden Posbigruppen ist die einzige Szene,  in welcher der Haupthandlungsbogen nur einen einzigen Schritt voran gebracht wird. Viel zu wenig für eine derartige Miniserie, zumal Kai Hirdt auch mit der unterschiedlichen Technik erstaunlich locker umgeht. Da gibt es keine Unterschiede zwischen der Jahrtausende alten Arkonidentechnik und den menschlichen Computersystem. Manchmal gibt es wie im vorliegenden Band eine Art sich selbst steuernde künstliche Intelligenz, die vorbeugend auf ein ihr bis dahin kaum bekanntes Phänomen reagiert, dann sind die Computersysteme der arkonidischen Schiffe ausschließlich ausführende Organe. Die Probleme werden auf eine fast naive und kindliche Art und Weise gelöst, wobei erschwerend hinzu kommt, dass es für die meisten Autoren sehr schwer ist, einen authentischen Jugendlichen aus der Perspektive selbst eines jüngeren Erwachsenen zu beschreiben. Auch dieser Thomas Rhodan wirkt eindimensional und stellenweise klischeehaft nervig.

 Es gibt aber noch die Leidensebene. Auf Taui befinden sich Eric Leyden und sein Team weiterhin in den improvisierten Gefängniszellen, bewacht von Mehandor. Mit Hilfe des Zellschwingers soll Belle McGraw gerettet werden, nachdem sie von den Thermostrahlen schwer verletzt worden ist. Anscheinend kann Tiure nur eine halbe Stunde ohne den Zellschwinger überleben, ansonsten würden sich seine beiden Stoffwechselsysteme  anfangen gegenseitig zu bekämpfen. In der Zwischenzeit verhandelt Luan mit verschiedenen Wächtern, wobei sie als Frau größere Chancen sieht, ihre verletzte Kameradin auf die Krankenstation zu bringen.  Kai Hirdt versucht dann einige Erklärungen nachzuschieben. Wie schon erwähnt ist die Idee der Zeitreise oder auch wie im vorliegenden Fall der Zeitbrüche ein schwieriges Thema. Das die schießenden Mehandor durch die Zeitbrüche im Grunde auf sich selbst als Schatten geschossen haben,  kann zu langen Interpretationen führen. Es stellt sich unwillkürlich die Frage, wie diese künstlichen Zeitschleife anfänglich initiiert worden ist. Kai Hirdt verzichtet auch auf weitergehende Erläuterungen. Es reicht, insbesondere Eric Leyxen ein schlechtes Gewissen zu machen. Hinzu kommt, dass der zweite und einzige echte Kater Hermes ja immer noch dort draußen ausgesetzt ist und langsam gesucht werden sollte.  Dabei agiert Leyden aus Sorge um sein Tier derartig naiv und vor allem egoistisch, dass er die erfolgreich verlaufenden Verhandlungen torpediert und beinahe zum Scheitern bringt. Auch wenn Kai Hirdt Leydens Motive ausreichend herausgearbeitet hat, erscheint sein Handeln zu egoistisch und vor allem zu wenig pragmatisch, um nach den in den letzten zwei Dutzend Taschenheften gesammelten Erfahrungen wirklich überzeugend zu sein. Kai Hirdt hat keinen richtigen Einfall, um diese zweite Handlungsebene wirklich spannend zu erzählen. Wenn dann gegen Ende des vorliegenden Bandes auch noch vergessen wird, dass ja wie anscheinend jeden Abend die Kalongs wieder angreifen und diese Informationen nicht weiter gereicht worden sind – warum auch, die Mehandor hätten es aufgrund der vergangenen Zeit selbst beobachten können – dann erreicht der Roman eine Ebene der Unglaubwürdigkeit, welche „Die Geister der CREST“ leider zu einem der bislang schwächsten Roman dieser Staffel machen.

 Kai Hirdt hat den größten Teil der Geschichte als Jugendbuch geschrieben. Rolf Ulrici und Walter Ernsting mit seinen Planetenromanen lassen grüßen. Ein wenig technologisch modernisiert folgt der Autor den Mechanismen dieses Subgenres. Als einzelner Band wäre diese Abweichung von der Norm akzeptabel, aber inhaltlich reiht sich das Taschenheft nahtlos in die Schemata der „Neo“ Serie ein. Seit inzwischen mehr als einhundert Abenteuern bekommen Perry Rhodan und Co aktiv wenig auf die Reihe. Sie initiieren immer Missionen, die aufgrund einer Mischung von Zufälligkeiten, „Deus Ex Machina“ Lösungen und schließlich ihnen technologisch überlegenen, aber intellektuell unterdurchschnittlich handelnden Völkern, Halbgöttern oder vagen Entitäten abgeschlossen werden. Eigeninitiative wie auf der Leyden Handlung wird bis in die Unendlichkeit gedehnt und wirkt eher wie eine Parodie auf die Erstauflage denn eine eigenständig entwickelte Handlung. In dieser Hinsicht reiht sich leider der vorliegende, inhaltlich bislang eher isoliert stehende Roman in eine Reihe von Enttäuschungen ein und zeigt, dass die wenigen frischen Impulse inzwischen Opfer einer langweilig gewordenen aus mehr als einer Quelle synthetisierten Serie geworden sind. 

 

 

Pabel Verlag, Taschenheft, 160 Seiten

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