Homo Sapiens 404 Band 23 "Was für ein Tag"

Claudia Kern

Mit „Was für ein Tag“ liegt der vorletzte Band der „Homo Sapiens 404“ Reihe vor.  Claudia Kern konzentriert weiter die einzelnen Handlungsstränge. Kipling und Erika, die sich ebenfalls als begnadete Computerspezialisten erweist, befinden sich in der Zentrale von Better Life Solution. Sie sollen für Brown das Sicherheitssystem hacken.  Sie kommen aber nicht unbedingt weiter. Kipling kann aber seine Kameraden mit einem einfachen Trick über ihre Situation informieren.  In der Zentrale von Better Life Solution dreht Maria Gonzales mehr und mehr durch. Sie sieht sich als eine Art Stellvertreter Gottes auf Erden und tötet rücksichtslos wie brutal durch Kreuzigen alle Widersacher.  Souverän baut die Autorin nicht nur eine nihilistische Atmosphäre auf, mit ihren pointierten Dialogen entlarvt sie Maria Gonzolas als eine typische Diktatorin, der es in erster Linie um Machterhalt einer sehr kleinen Elite unter ihrer Führung geht. Religiöser Fanatismus in Reinkultur.  Zwischen den Zeilen sind möglicherweise auch aktuelle Bezüge zu den Exzessen im Nahen Osten zu erkennen.

Anschließend teilt die Autorin die Bedrohungen sehr geschickt auf. Maria Gonzolas will mit ihren Fanatikern gegen die Zentrale der Better Life Solution vorgehen. Für sie handelt es  sich um Ungläubige.  Auckland, Rin und Co.  wollen dagegen einen Zombieschwarm ablenken und in Richtung dieses Gebäudekomplexes schicken, um während der Verwirrung und dem Chaos Kipling und Erika zu befreien. Der Zombieschwarm wird von einem Skorpion Jockey förmlich gelenkt. Eine gänzlich neue Idee, welche Claudia Kern sehr spät in die Serie einbaut. Damit ergeben einige der Zombieaktionen nicht nur mehr Sinn, ihnen könnte auch eine deutlich bedrohlichere Komponente verliehen werden. Gesteuerte Zombieschwärme. Bislang haben die Zombies die meisten Menschen durch ihre Masse besiegt. Mit einer gezielten koordinierten wie perfiden Steuerung müssten sie normalerweise alle Menschen innerhalb kurzer Zeit erledigt haben.  Natürlich baut die Autorin mit der möglichen Ausschaltung des Jockeys eine weitere Schwierigkeit ein, aber im direkten Vergleich zu den in den letzten Romanen doch teilweise stereotyp beschriebenen opportunistischen Angriffen der Zombies öffnet sich plötzlich ungewöhnlich interessantes Potential, das viel zu spät gehoben wird.         

Actiontechnisch zeigen sich einige Ermüdungserscheinungen. Da die vierte Staffel fast ausschließlich auf der Erde spielt und zweitens zu sehr die Bedrohung durch die Zombies in den Mittelpunkt der Handlung stellt, wirken die Rettungen in letzter Sekunde – auch wenn sie inhaltlich unterschiedlich entwickelt worden sind- eher wie ein fortlaufendes Klischee anstatt ein Element, das effektiv wie gezielt eingesetzt werden kann.

Schon die ersten beiden Staffeln litten teilweise unter diesem klassischen Spannungsaufbau mit einer nicht immer effektiven Befreiung, aber Claudia Kern hat in diesen frühen Szenen noch mehr mit den literarischen und cineastischen Vorbildern gespielt. Dadurch wirkten ihre Romane frischer und augenzwinkernder als im Moment. „Was für ein Tag“ ist als vorbereitender Abschlussband solide durchstrukturiert. Der bizarre Humor bricht an einigen ungewöhnlichen Stellen für den Leser nicht vorhersehbar hervor.

Hinzu kommt, dass die Hintergründe der Seuche weiter beleuchtet werden und die Helden nicht ohne Probleme „vorwärts“ kommen. Um die Spannung noch zu erhöhen, begeht einer der Guten einen unabsichtlichen Fehler und bringt seine Mannschaft in einer extrem schwierigen Lage zusätzlich ins Hintertreffen.  Diese Fehlentscheidung wird anschließend wieder schnell relativiert, aber sie macht die Nerds zugänglicher und menschlicher. Es gibt sehr viel Bewegung im vorliegenden Band, auch wenn es sich teilweise durch die überlappenden Angriffsziele auch um eine Quadratur des Kreises handelt.    

Dabei erreicht der Wahnsinn mit Aucklands Stunt auch neue Höhen. Claudia Kern spielt aber noch eine weitere Karte aus. Während einige Szenen wie der religiöse Wahnsinn zum zweiten Mal im Verlaufe der Serie an die Postdoomsdaywelt eines „Mad Max“ nur mit einer anderen Frau als im dritten Film an der Macht erinnern, fügt die Autorin durch Aucklands Begegnung mit seinem „Schöpfer“ Aspekte der „Blade Runner“ Serie hinzu. Ohne einen Begleiter muss Auckland seine erworbene Persönlichkeit quasi verteidigen und darf nicht wieder unter den Einfluss Browns fallen. Dieser Gewissenskonflikt wäre wie der Zombieschwarm ausbaufähiger gewesen. Es ist schade, dass die vielleicht zu langen Rückblenden in den letzten Romanen der Autorin den Platz „gestohlen“ haben, um diese im Grunde zwei neuen, emotional teilweise auch wichtigen Aspekte auszubauen, aber dass sie im vorletzten, von sehr viel Bewegung gekennzeichneten Roman sich noch die Zeit nimmt, ihr Universum ein weiteres Mal in gewöhnlicher und dann sehr origineller Richtung zu erweitern, spricht für die Freude der Schriftstellerin an ihrem Projekt und gegen die in den letzten Bänden latent erkennbaren Abnutzungserscheinungen. „Was für ein Tag“ präsentiert im Gegensatz zu vielen anderen Serien keine Antworten oder Scheinlösungen, sondern führt die wichtigsten Protagonisten nach viel Mühsal wieder zusammen, um im finalen Roman das Universum und den ganzen Rest irgendwie zu retten. Gut geschrieben mit überzeugenden, doppeldeutigen Dialogen voller Anspielungen auf die bekannten wie markanten Vorlagen.   

 

 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 762 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 72 Seiten
  • Verlag: Rohde Verlag (1. Juni 2015)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00YHKJ00U