Eon Band 2: Verloren und Gefunden

Sascha Vennemann

Mit „Verloren und Gefunden“ liegt der zweite Band von Sascha Vennemanns Science Fiction Serie vor. Im Auftaktroman hat der Autor zumindest die Grundzüge seiner Welten solide und bodenständig entwickelt. Mit dem vorliegenden zweiten Roman versucht er, das Tempo auf mehreren Ebenen anzuziehen. Dabei geht er vielleicht ein wenig zu stark konstruiert und überambitioniert vor. Die Grundidee der Tore in andere Dimensionen inklusiv der unbekannten Schätze, die dort liegen, ist interessant, wenn auch nicht unbedingt neu. Zu sehr scheint der Autor sich aber in „Verloren und Gefunden“ an bekannten Serien wie „Sliders“ zu orientieren.

Der Prolog spielt ungefähr fünfzehn Jahre vor der Haupthandlung. Misas Zwillingsschwester Asim geht bei der verbotenen Untersuchung eines Höhlenlabyrinths verloren. Misa hat die Suche nach ihrer Schwester niemals aufgegeben und engagiert zu Beginn der Haupthandlung mit Var Neth einen Privatdetektiv, der sie weiterhin in der unendlichen Zahl von Welten suchen soll. Die Anhaltspunkte sind vage, daher wirkt es zu wenig authentisch, wenn der Ermittler nicht nur schließlich eine Spur findet, sondern sich Asim in einer der besuchten Welten in einer Schlüsselposition befindet, in der sie inzwischen hilflos von Var Neth gefunden wird. Insbesondere die Charakterisierung des Ermittlers wirkt ein wenig dürftig und Sascha Vennemann kann sich nicht entschließen, ob er eine Hommage an den Hardboiled Detektivromane einbaut oder diesem wichtigen Charakter markante Züge gibt. Diese Ambivalenz wirkt sich auch in der wenig spannenden Handlungsebene aus, in welcher die Motivation der Figuren – insbesondere Misa – zu Klischee beladen ist, um nachhaltig zu überzeugen. In Bezug auf die Haupthandlung allerdings baut Sascha Vennemann die Idee mit dem geheimnisvollen Mann, der deutlich mehr über dieses außerordentliche Höhlenlabyrinth weiß, dass die EON gefunden hat, zufrieden stellend aus. Er liefert einige absichtlich oberflächliche Antworten und extrapoliert die mögliche Verschwörungstheorie zufrieden stellend. Immer wenn sich der Autor nahe an der technologisch bodenständigen Grundidee bewegt und die Erkundung des Labyrinths, die wirtschaftlich politisch Implikationen und schließlich die Möglichkeit einer Verschwörung deutlicher herausarbeitet, dann funktioniert „Verloren und Gefunden“ erstaunlich gut.

Es sind die beiden Grundhandlungsebenen, auf denen das Gerüst dieses Überbaus aufliegt, die mechanisch und zu hektisch abgehandelt erscheinen. Auch Rebs Erkundung eines weiteren Tores wirkt zu wenig nachhaltig durchdacht. Er landet in einer zivilisationstechnisch ein wenig höher stehenden Welt, auf der ein Bürgerkrieg zwischen dem Widerstand und der Diktatur der Herrschenden tobt. Diese Welt setzt auf Plasmaenergie, was in Rebs Welt nicht nur einen gewaltigen technologischen Quantensprung bedeuten könnte, sondern auch deren wirtschaftliche Gefüge gänzlich auf den Kopf stellen müsste. Das Problem ist nur, dass Reb natürlich zwischen die Fronten gerät, er sich aber vor allem in dieser fremden Welt trotz oder gerade wegen seiner Erfahrung nicht sonderlich intelligent anstellt. Sascha Vennemann lässt ihn als „Fremden in einer fremden Welt“ zwar agieren, aber sein Protagonist spricht sofort die Sprache und kann sich zu schnell assimilieren. Auch wirkt die Welt an sich nicht originell genug gestaltet. Unentschlossen verzichtet Sascha Vennemann darauf, das wirklich Ganze zu zeigen oder eine interessante subjektive Perspektive zu integrieren. In dieser Hinsicht haben vor allem die ersten „Sliders“ Folgen mit ähnlichen Thematiken besser funktioniert. Auch im Auftaktband wirkte das Eindringen in eine wirklich exotische Welt mit ungewöhnlichen Herausforderungen origineller als die potentielle Plünderung fremder Alternativwelten in Bezug auf nicht kontrollierbare Technik. Und warum eine Waffe stellen, wenn das Grundwissen vielleicht auch in Bibliotheken oder dem Internet zur Verfügung stehen könnte? Zumindest verzichtet der Autor auf das stereotype Handlungsmuster eines erfolgreichen Raubzugs. Die fremde Welt wirkt zu erdähnlich, zu wenig nachhaltig entwickelt und der Plotverlauf teilweise zu verwirrend, als das die Faszination des ersten Bandes wiederholt werden kann. Vor allem sollte die Erkundung der fremden Welten nicht in Variationen der Erde enden. Da würde zu viel Potential verschenkt.

Zwischen diese beiden relevanten Handlungszügen läuft noch der Konflikt innerhalb der EON Besatzung ab. Auf der einen Seite versucht Rebs Vater den „Reichtum“ vor Neidern zu verstecken, in dem er seinem Sohn auf der einen Seite die Firma überschreibt, um sie mit diesem Schritt kapitaltechnisch aus der potentiellen Beute zu unterfüttern. Auf der anderen Seite will mit Cul Varian ein Besatzungsmitglied seine eigene Firma gründen und würde damit die Aufmerksamkeit intensiver Beobachter auf den potentiell gigantischen Fund richten.  

 

Mittel dieser kleinen Details, die dann aber nicht nur interessant, sondern vor allem nachvollziehbar beschrieben worden sind, baut Sascha Vennemann sein Universum kontinuierlich aus. Nicht ganz geklärt ist, was man wirklich zwischen den Welten mitnehmen kann. Es gibt ja einen kontinuierlichen Outflow von Relikten und Fundstücken, die zu hohen Preisen im Ausgangsuniversum verkauft werden können. Da die meisten Tore geheim gehalten werden und die Fundstücke anscheinend eher selten sind, lässt sich diese kommerzielle Zweitverwertung der Expeditionen überzeugend nachvollziehen.  Auf den letzten Seiten findet der Autor in die im ersten Roman sehr viel besser gelegte große Spur der Handlung zurück und deutet einige Informationen an, die „EON- das letzte Zeitalter“ interessanter und vielschichtiger erscheinen lassen.

Zusammengefasst erreicht „Verloren und Gefunden“ nicht die Qualität des Auftaktbandes. Ob es vielleicht an den beiden Hochzeiten liegt, auf denen Sascha Vennemann während der verzögerten Publikation dieses Romans getanzt hat, ist schwer zu sagen, aber in einigen etwas zu langatmig geschriebenen Passagen fehlt dem Buch das Überraschungsmoment und die interessante, gut variierte Ausgangsidee wird eher mit bekannten Versatzstücken weitergeführt. Stilistisch wie der Auftaktroman ansprechend und solide geschrieben muss der weitere Handlungsverlauf von „EON- das letzte Zeitalter“ abgewartet werden, um die Serie fair beurteilen zu können.  

 

E- Books, 100 Seiten,

Greenlight Press

Zusammen mit Band 1 als Taschenbuch erschienen

Titelbild: Arndt Drechsler